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CHIRURGIE/460: Viszeralmedizin 2012 - Operations-Checklisten senken das Risiko bei Operationen (idw)


Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin / Kommunikation - 06.09.2012

Viszeralmedizin 2012 - Risiken bei Operationen vermeiden



Hamburg - Bei Operationen am Magen-Darm-Trakt, an Leber oder Bauchspeicheldrüse kann es wie bei allen medizinischen Eingriffen zu Komplikationen und Fehlern kommen. Doch viele solcher unerwünschten Ereignisse sind vermeidbar. Operations-Checklisten können einer Studie zufolge Sterblichkeit und Komplikationsrate deutlich verringern. Wie Ärzte Behandlungsfehler darüber hinaus durch systematische Fehleranalyse verhindern und was zu tun ist, wenn Komplikationen trotz aller Vorsichtsmaßnahmen vorkommen, darüber beraten Experten aus den Bereichen Gastroenterologie, Endoskopie und Chirurgie auf der "Viszeralmedizin 2012".

Die gemeinsame Tagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), deren Sektion Endoskopie und der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) findet vom 19. bis 22. September 2012 in Hamburg statt.

Vor grundlegenden Fehlern schützen Operations-Checklisten, deren Einsatz seit 2009 von der WHO empfohlen wird. Anhand der Listen prüft das OP-Team unter anderem die Identität des Patienten und die Details des geplanten Eingriffs. Nach der OP wird kontrolliert, ob entnommene Proben richtig beschriftet sind und das OP-Besteck vollzählig ist. "Durch die Anwendung von OP-Checklisten wird die Patientensicherheit nachweislich erhöht", erklärt Professor Dr. med. Claus-Dieter Heidecke, 3. Vizepräsident der DGAV und Vorsitzender der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Qualität und Sicherheit. Bei Notfalloperationen etwa, das ergab eine Analyse von Harvard-Wissenschaftlern an 1.750 Patienten, konnte die Komplikationsrate nach Einführung der Checkliste von 18,4 auf 11,7 Prozent gesenkt werden. Die Sterblichkeit verringerte sich von 3,7 auf 1,4 Prozent. Wie viele Kliniken in Deutschland OP-Checklisten nutzen, ist unbekannt. "Viele Krankenhäuser haben die Checklisten bereits verpflichtend implementiert", sagt Heidecke, der als Direktor die Abteilung für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie an der Klinik und Poliklinik für Chirurgie der Universität Greifswald leitet.

Unter anderem profitiere der Patient von einer verbesserten Teamkommunikation, erläutert der Experte. Allerdings seien die Checklisten noch nicht in allen Punkten ausgereift. Gerade bei kleineren und mittleren Eingriffen würden Patienten häufig von mehreren Ärzten, Anästhesisten und Chirurgen behandelt, erklärt der Experte. Dies erhöhe das Risiko des möglichen Informationsverlustes. "Es wäre wünschenswert, dass ein Operateur seinen Patienten vor der Operation persönlich sieht und die OP-Indikation bestätigt", fordert Heidecke. "Zukünftige Checklisten sollten diese Schnittstellen-Problematik aufnehmen."

Dass sich unerwünschte Ereignisse trotz aller Vorkehrungen nicht immer vermeiden lassen, ist dem Experten bewusst. "Für solche Fälle ist es entscheidend, dass die Kliniken auch ein angemessenes Komplikations- und Fehlermanagement etablieren", so Heidecke. Bei Komplikationen ginge es zunächst darum, diese zu erkennen und dem Patienten die notwendige Behandlung zukommen zu lassen. "Je früher etwa eine Sepsis erkannt wird, desto besser stehen die Überlebenschancen des Patienten", erklärt Heidecke. Ist die Komplikation aufgrund eines Fehlers aufgetreten, müsse es darum gehen, anhand einer sogenannten "Root Cause"-Analyse herauszufinden, welche Faktoren zu einem Ereignis geführt haben. "Es ist wichtig, dass alle Beteiligen wissen, dass es hierbei nicht um die Zuweisung von Schuld geht", so der Experte. Nicht nur individuelle, sondern auch systemische Fehler, wie etwa eine geringe personelle Besetzung, eine zu hohe Arbeitsbelastung oder fehlende Kommunikation könnten zu Problemsituationen führen.

"Wir brauchen in den Kliniken ein Klima, das durch Offenheit und kommunikatives Verhalten geprägt ist", erklärt DGAV-Tagungspräsident Professor Dr. med. Stefan Post, Mannheim. Auf der "Viszeralmedizin 2012" treffen sich vom 19. bis 22. September Experten aus den verschiedenen Fachdisziplinen, um sich rund um die Medizin der Verdauungsorgane auf den neuesten Stand zu bringen.


Das ausführliche Kongressprogramm finden Sie hier:
www.viszeralmedizin.com


Literatur:

Einführung von Operationschecklisten als Teil des Risikomanagements
Busemann A, Schreiber A, Heidecke CD.
Der Chirurg 2012 Jul;83(7):611-6.

Root CauseAnalyse in der Chirurgie, lernen aus unerwünschten Ereignissen - geeignet für den klinischen Alltag?
Schreiber A, Cartes M, Passauer-Baierl S, Busemann A, Heidecke CD.
Zentralblatt der Chirurgie, Georg Thieme Verlag Stuttgart
(erscheint Ende 2012).

Effect of a 19-item surgical safety checklist during urgent operations in a global patient population
Weiser TG, Haynes AB, Dziekan G, Berry WR, Lipsitz SR, Gawande AA; Safe Surgery Saves Lives Investigators and Study Group.
Annals of Surgery, 2010 May; 251(5):976-80.


Terminhinweis:
Kongresssitzung zum Thema:
Komplikationsmanagement Viszeralchirurgie I +II, interaktive Sitzungen mit TED
Zeit: Freitag, 21. September 2012, 10.00 bis 11.30 Uhr, 12.00 bis 13.30 Uhr
Ort: Saal 6, Congress Center Hamburg (CCH)

Weitere Informationen:
www.viszeralmedizin.com
www.dgvs.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution76

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin - Kommunikation, 06.09.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. September 2012