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FORSCHUNG/2848: Die Entstehung von Mikroglia - neue Erkenntnisse über die Abwehrzellen des Gehirns (idw)


Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
Abteilung Kommunikation - 23.01.2013

Die Entstehung von Mikroglia - neue Erkenntnisse über die Abwehrzellen des Gehirns



Neuherberg, 23.01.2013. Mikroglia sind Zellen unseres zentralen Nervensystems, die der Immunabwehr dienen. Die gewebsspezifischen Abwehrzellen entstehen während der embryonalen Entwicklung aus undifferenzierten Stammzellen. Dies konnten Neuropathologen der Universität Freiburg beweisen und damit zeigen, dass Mikroglia eine eigene Zellpopulation bilden, statt - wie bisher angenommen - weiterentwickelte Abwehrzellen darzustellen. Das Institut für Virologie am Helmholtz Zentrum München konnte mittels spezieller molekularbiologischer Verfahren einen wesentlichen Beitrag zu den Erkenntnissen liefern, die in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals 'Nature Neuroscience' veröffentlicht wurden.

Erstmalig beschreiben die Wissenschaftler um Professor Marco Prinz von der Universität Freiburg den zellulären und molekularen Ursprung der Abwehrzellen des Gehirns, sogenannter Mikroglia. Die Zellen entwickeln sich aus undifferenzierten Stammzellen, die den Zellmarker c-Kit (ein Rezeptorprotein) tragen. Für die weitere Ausbildung der Gliazellen sind die Transkirptionsfaktoren Pu.1 und IRF-8 nötig. Bislang galten Mikroglia in der Forschung als eine Weiterentwicklung von bereits präformierten Makrophagen, einer Gruppe von Abwehrzellen. Die aktuellen Erkenntnisse der Forschergruppe widerlegen diese Theorie und bescheinigen den Zellen damit ein Dasein als unabhängige Zellpopulation. Das Institut für Virologie (VIRO) am Helmholtz Zentrum München war an dem Forschungsprojekt beteiligt, indem es spezifische Zellanalysen durchführte, um entscheidende Markerproteine, Botenstoffe und zelluläre Signalwege darzustellen.

Mikroglia sind als Abwehrzellen an zahlreichen Erkrankungen des Gehirns beteiligt, dazu zählen beispielsweise Morbus Alzheimer und Multiple Sklerose (MS). Viele Prozesse der Krankheitsentstehung und auch die Bedeutung der Mikroglia dabei sind allerdings noch nicht gänzlich verstanden. "Die Daten liefern uns wichtige zelluläre und molekulare Erkenntnisse über den Ursprung und die Entwicklung der Mikroglia", berichtet Professor Mathias Heikenwälder vom VIRO. Davon ausgehend eröffnen sich Möglichkeiten, die spezifischen Abwehrzellen selbst im Labor herzustellen oder Einfluss auf ihre Entwicklung zu nehmen, um zu einem weiteren Verständnis über Mechanismen und Funktion des spezifischen Abwehrsystems unseres Gehirns beizutragen.

Der Schwerpunkt der Gesundheitsforschung am Helmholtz Zentrum München liegt auf den großen Volkskrankheiten. Neben Diabetes und Krebserkrankungen zählen dazu auch neurologische und psychiatrische Erkrankungen wie M. Alzheimer, M. Parkinson und Depression. Ziel des Helmholtz Zentrums München ist es, Ergebnisse aus der Grundlagenforschung schnell weiterzuentwickeln, um konkreten Nutzen für die Gesellschaft zu erbringen.


Original-Publikation:
Kierdorf, K. et al. (2013)
Microglia emerge from erythromyeloid precursors via PU.1 and IRF-8 dependent pathways.
Nature Neuroscience
doi: 10.1038/nn.3318

Link zur Fachpublikation:
http://www.nature.com/neuro/journal/vaop/ncurrent/full/nn.3318.html

Fachlicher Ansprechpartner:
Prof. Mathias Heikenwälder
Helmholtz Zentrum München
Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Institut für Virologie
Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg
E-Mail: heikenwaelder@helmholtz-muenchen.de

Weitere Informationen finden Sie unter

http://www.nature.com/neuro/journal/vaop/ncurrent/full/nn.3318.html
Link zur Fachpublikation

http://www.helmholtz-muenchen.de
Weitere Informationen zum Helmholtz Zentrum München


Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image192729
Adulte Mikroglia-Zelle

Quelle:
Adaptiert von Kierdorf et al.
in "Nature Neuroscience"

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Das Institut für Virologie (VIRO) untersucht Viren, die Menschen chronisch infizieren und lebensbedrohliche Krankheiten hervorrufen können. Der Fokus liegt auf dem AIDS-Erreger HIV, endogenen Retroviren, die in unserer Keimbahn integriert sind, sowie Hepatitis-B- und C-Viren, die Leberzirrhose und hepatozelluläre Karzinome verursachen. Molekulare Studien identifizieren neue diagnostische und therapeutische Konzepte, um diese Virus-Erkrankungen zu verhindern und zu behandeln bzw. die Entstehung von virusinduzierten Tumoren zu vermeiden.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution44

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
Abteilung Kommunikation, 23.01.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Januar 2013