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FORSCHUNG/2885: Neue Erkenntnisse zur T-Zell-vermittelten Immunität (idw)


Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
Abteilung Kommunikation Helmholtz Zentrum München - 15.03.2013

Neue Erkenntnisse zur T-Zell-vermittelten Immunität

Effektive und lang-anhaltende Immunantworten unterliegen individueller Zelldifferenzierung



Neuherberg, 15.03.2013. Eine effektive CD8+ T-Zell-Immunantwort, die der Abwehr und dem nachfolgenden Schutz gegen bestimmte Infektionserreger dient, besteht aus unterschiedlichen Subpopulationen an kurz- und langlebigen Effektor- bzw. Gedächtniszellen. Die einzelnen, für die Immunantwort rekrutierten T-Zellen verhalten sich sehr unterschiedlich bezüglich ihres Wachstums und der Ausbildung von Subpopulationen. Daher kann nur die Einbindung mehrerer Einzelzellen eine effektive Immunantwort garantieren.

Zu diesen fundamentalen Erkenntnissen kommen Wissenschaftler der Technischen Universität München gemeinsam mit einer klinischen Kooperationsgruppe am Helmholtz Zentrum München. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift "Science".

T-Zellen vermitteln zelluläre Immunreaktionen. Werden im Organismus Antigene, also körperfremde Strukturen wie die Oberflächenmoleküle von Erregern und in bestimmten Fällen auch von Tumorzellen, erkannt, beginnt ein Differenzierungsprozess der T-Zellen, um die verschiedenen Abwehrfunktionen auszuführen. Die sogenannten CD8+ T-Zellen entwickeln sich zum einen zu zytotoxischen Effektor-Zellen, die infizierte bzw. veränderte Zellen im Körper abtöten. Zum anderen bilden sie sich zu Memory-Zellen aus, die als immunologisches Gedächtnis dienen.

Die nun veröffentlichte Studie zeigt, dass diese Zelldifferenzierung keiner starren Regulation folgt, sondern zufälligen Ereignissen unterliegt. Dabei entscheidet insbesondere die Anzahl der zu Beginn der Immunreaktion zur Verfügung stehenden Antigen-spezifischen Vorläuferzellen über die Vorhersagbarkeit einer effizienten Immunantwort. Bisher ging man davon aus, dass alle in einem Immungeschehen aktivierten T-Zellen sich ähnlich verhalten und eine regelmäßige Zellteilung und -differenzierung zu Effektor- und Memory-Zellen ausführen. Die Wissenschaftler des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene der Technischen Universität München (TUM), der Abteilung Theoretische Systembiologie des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg sowie der Klinischen Kooperationsgruppe (KKG) "Antigen-spezifische Immuntherapie" und der Plattform "Immunmonitoring" am Helmholtz Zentrum München entwickelten für ihre Untersuchungen ein innovatives experimentelles System. In diesem konnten sie das Zellschicksal von einzelnen T-Zellen im Organismus verfolgen und fanden heraus, dass nur wenige der Ausgangszellen ausschließlich zu Effektor-Zellen reifen. Diese sich können sich aber sehr rasch teilen und somit eine große Zellpopulation kurzlebiger zytotoxischer Zellen für die Abwehrphase bereitstellen. Die meisten der rekrutierten T-Zellen jedoch entwickeln sich vorzugsweise zu langlebigen Gedächtnis-Zellen, die sich erst bei einem erneuten Erregerkontakt vermehren. "Erstmals war es in diesem Versuchsaufbau möglich, die Expansion und Differenzierung von Einzelzellen, also das individuelle Zellschicksal, zu verfolgen und die Generierung verschiedener Zellpools bei der Immunantwort zu bestimmen", sagt Prof. Dr. Dirk Busch, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene der TUM und Leiter der KKG "Antigen-spezifische Immuntherapie".

"Die neuen Erkenntnisse haben große Bedeutung für unsere Forschungsarbeiten im Bereich der Impfstoffentwicklung und der adoptiven Immuntherapie", berichtet Dr. Matthias Schiemann, vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene der TUM und ebenfalls Mitglied der KKG "Antigen-spezifische Immuntherapie". Weitere klinische Studienreihen sollen bald beginnen, um insbesondere die Funktion und therapeutische Verwendung der Gedächtniszellen zu untersuchen.

Mit der Einrichtung Klinischer Kooperationsgruppen verfolgt das Helmholtz Zentrum München einen interdisziplinären Forschungsansatz, um translationale Forschung zu fördern, also Grundlagenwissenschaft weiterzuentwickeln und sie für den Menschen direkt nutzbar zu machen. Der Wissenstransfer zwischen Labor und Krankenbett wird durch die enge Zusammenarbeit der Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München mit Klinikern der Münchner Universitäten sowie des Städtisches Klinikums München realisiert.


Original-Publikation:
Buchholz, V. et al. (2013)
Disparate individual fates compose robust CD8+ T cell immunity
Science
doi: 10.1126/science.1235454

Link zur Fachpublikation:
http://www.sciencemag.org/content/early/2013/03/13/science.1235454.full

http://www.helmholtz-muenchen.de/forschung/forschungseinrichtungen/kkgs/index.html

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.helmholtz-muenchen.de/news/pressemitteilungen-2013/pressemitteilung/article/21064/index.html


Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.100 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 34.000 Beschäftigten angehören.
www.helmholtz-muenchen.de

Ziel der KKG Antigen-spezifische Immuntherapie ist die Entwicklung und Evaluierung von Strategien, mit denen effektive CD8+ T-Zellantworten im (insbesondere immunkompromittierten) Patienten vermittelt werden können. Dies soll schwerpunktmäßig durch aktive Impfungen mit einem "sicheren" Lebendvektor, durch adoptiven T-Zelltransfer oder durch eine Kombination beider Therapieansätze erreicht werden.

Die Immunmonitoring-Plattform entwickelt Strategien, um eine standardisierte Überwachung von Immunantworten während klinischer Studien zu etablieren. Durch die wissenschaftlich-klinische Kooperation wird der Zugang zu "state-of-the-art"-Methoden und Instrumenten sichergestellt. Sie nimmt eine Schüsselposition in der Entwicklung neuer immuntherapeutischer klinischer Ansätze ein.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution44

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
Abteilung Kommunikation Helmholtz Zentrum München, 15.03.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2013