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MELDUNG/046: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 26.01.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Hodenkrebs - Studie zur Optimierung des Therapieansatzes durch ärztliche Zweitmeinung
→  RWTH-Forscher entdecken neue Brustkrebsmarker

Raute

Charité-Universitätsmedizin Berlin - 25.01.2010

Ärztliche Zweitmeinung optimiert Therapieansatz

Charité-Studie beschreibt Vorteile für Hodenkrebs-Patienten

Das Einholen einer Zweitmeinung kann dabei helfen, den richtigen Therapieansatz zu finden. Das belegt eine gemeinsame Studie der Charité - Universitätsmedizin Berlin und der German Testicular Cancer Study Group (GTCSG), die in der Fachzeitschrift European Urology* veröffentlicht wurde. Die Deutsche Krebshilfe förderte das Projekt mit insgesamt 375.000 Euro.

Welche Therapie ist die richtige? Diese Frage stellt sich jeder Urologe vor Behandlungsbeginn bei Hodenkrebs. Prof. Mark Schrader von der Klinik für Urologie hat dazu ein internetbasiertes Zweitmeinungssystem für Hodenkrebstherapien ins Leben gerufen. Ziel ist, Ärzte bei der Therapieplanung optimal zu unterstützen. Dazu muss der Arzt nur die Befunde des Patienten, Diagnose und Therapievorschlag in eine Online-Erfassungsmaske eingeben. Ein Experte aus dem Zweitmeinungszentrum bearbeitet umgehend den Patientenfall und erstellt eine ärztliche Zweitmeinung. Die ausgewiesenen Experten sitzen in Universitätskliniken, Krankenhäusern und ambulanten Versorgungseinrichtungen.

Im Rahmen der Studie wurden insgesamt 642 Anfragen von Klinikärzten und niedergelassenen Urologen bearbeitet und ausgewertet. Bei einem Drittel der Fälle kam die Zweitmeinung zu einer abweichenden Therapieempfehlung. Davon führte jede sechste sogar zu einer starken Korrektur des Therapievorschlags. Insbesondere in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien unterschieden sich der erste und der zweite Behandlungsansatz deutlich. So konnte die Dosis der Chemotherapie in 40 Prozent der Fälle reduziert werden, nur in 25 Prozent war mehr Wirkstoff nötig. "Das ist ein entscheidender Aspekt, denn eine falsche Medikation kann die Lebensqualität der Patienten schwerwiegend beeinträchtigen und bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen und unabsehbaren Nebenwirkungen führen", sagt Prof. Schrader.

Der Empfehlung folgten 70 Prozent der Ärzte. Das zeigt eine hohe Bereitschaft, einen Kollegenrat anzunehmen. "Überträgt man dieses System der Zweitmeinungen auf andere onkologische und nicht-onkologische Erkrankungen, dann erreicht man wesentlich effektiver, dass bestehende Richtlinien auch gezielt angewendet werden", ist Prof. Schrader überzeugt, da sich die Zweitmeinungsspezialisten strikt an die Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Urologie hielten.

* Mark Schrader et al.:
Burden or Relief: Do Second-Opinion Centers Influence the Quality of Care Delivered to Patients with Testicular Germ Cell Cancer?
European Neurology, DOI: 10.1016/j.eururo.2009.10.032

Kontakt
Prof. Mark Schrader
Stellv. Klinikdirektor für Urologie
Charité - Universitätsmedizin Berlin

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution318

Quelle: Charité-Universitätsmedizin Berlin, Kerstin Endele, 25.01.2010

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Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen - 25.01.2010

RWTH-Forscher entdecken neue Brustkrebsmarker

Im Kampf gegen den Brustkrebs verzeichnet die Wissenschaft immer größere Erfolge zugunsten der Patientinnen. Auch Wissenschaftler der RWTH Aachen sind an dieser positiven Entwicklung beteiligt und erforschen die oft heimtückische Erkrankung. Die Arbeitsgruppe Molekulare Onkologie unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Edgar Dahl am Institut für Pathologie (Direktorin: Univ.-Prof. Ruth Knüchel-Clarke) des Universitätsklinikums Aachen hat nun Brustkrebsmarker entdeckt, die zukünftig möglicherweise einer größeren Patientinnengruppe die Chemotherapie ersparen können.

Dank Krebsfrüherkennungsprogrammen - wie regelmäßiger Mammographie - sind bei 50 bis 60 Prozent der Brustkrebspatientinnen die Lymphknoten der Achselhöhlen zum Zeitpunkt der Diagnose noch nicht befallen, Metastasen in anderen Organen können dann nahezu ausgeschlossen werden. Mediziner sprechen in diesem Fall von einem Nodal-negativen Brusttumor, der eine deutlich bessere Prognose für die Patientin bedeutet, als ein Nodal-positiver Brusttumor, bei dem die Lymphknoten bereits von Tumorzellen befallen sind.

"Leider bekommen immer noch rund 80 Prozent aller Brustkrebspatientinnen mit einem Nodal-negativen Brusttumor eine Chemotherapie, obwohl dies nur bei etwa 30 Prozent der Patientinnen dieser Gruppe notwendig wäre", erklärt Professor Dahl. "Das Problem ist, dass wir bisher nicht wissen, welche Patientinnen zu den 30 Prozent gehören, die ein hohes Rückfall-Risiko haben, daher wird den meisten Frauen zur Sicherheit die Chemotherapie empfohlen." Dieses Problem der Übertherapierung soll in Zukunft durch die molekularpathologische Analyse des Tumorgewebes gelöst werden. Professor Dahl: "Im genetischen Profil des Tumors steckt genügend Information über dessen Aggressivität und damit über das Rückfall-Risiko der individuellen Patientin. Wir müssen diese Information nur richtig lesen lernen, um sie zu nützen."

Edgar Dahl ist Molekularbiologe und arbeitet mit seinem Team seit fünf Jahren daran, Brustkrebsmarker zu finden, die helfen können, sowohl Diagnose- als auch Therapiemöglichkeiten von Brustkrebs weiter zu verbessern. Dabei steht die Individualisierung der Krebstherapie aufgrund molekularer Marker des Tumors im Vordergrund. Die Arbeitsgruppe hat in dieser Zeit anhand der Untersuchung von etwa 300 Brusttumoren mehrere Gene gefunden, deren Aktivität im Tumor verloren geht und die vermutlich sogenannte Tumorsuppressorgene darstellen, deren natürliche Funktion es ist, Tumorwachstum zu unterdrücken. Dabei ist ein von Professor Dahl neu kloniertes Tumorsuppressorgen mit dem Namen ITIH5 möglicherweise sehr wichtig für die Vorhersage der Heilungschancen von Patientinnen mit Nodal-negativen Brusttumoren.

"Patientinnen mit Nodal-negativem Mammakarzinom, bei denen ITIH5 noch im Gewebe nachgewiesen werden kann, haben nach unseren Analysen ein geringes Rückfall-Risiko und daher eine sehr gute Prognose", weiß Dahl.

Derartige Tumormarker, wie die Arbeitsgruppe sie nun mit dem Gen ITIH5 gefunden hat, werden in der modernen Behandlung von Krebspatienten immer wichtiger; allerdings steht deren systematische Entdeckung, Bestätigung und Anwendung in der Klinik immer noch in den Anfängen. Professor Dahl: "Je besser die Wissenschaftler die Signalwege in der Krebszelle verstehen, um so individueller kann in Zukunft die Therapie auf den einzelnen Patienten abgestimmt werden." Dazu ist noch viel Forschungsarbeit nötig, denn es gibt etwa 30.000 Gene, die in vielfältiger Weise interagieren. Den Forschern kommt bei ihren Analysen aber zu gute, dass Gene sehr stabil sind. Sie bestehen aus dem informationstragenden Molekül DNS, welches bei entsprechender Lagerung auch noch nach Jahren analysiert werden kann. Professor Dahl schreibt der sorgfältigen Aufbewahrung von Tumorgeweben in sogenannten Tumorbanken eine fundamentale Bedeutung für eine effiziente Krebsforschung, aber auch für die zukünftige Behandlung der Patienten zu.

Weiterhin maßgeblich für die Prognose einer Brustkrebserkrankung ist die frühzeitige Erkennung des Tumors. Das Team um Edgar Dahl forscht daher auch an einer neuen Methode der Früherkennung von Brustkrebs mittels Blutuntersuchung. "Dies ist technisch möglich, weil Tumore kleinste Mengen an DNS ins Blut abgeben und wir somit die genetischen Veränderungen im Tumor mit hochsensitiven Methoden zum Teil auch im Blut nachweisen können", so der Naturwissenschaftler. Die Forschergruppe hat sich auf den Nachweis von Veränderungen in der so genannten DNS-Methylierung spezialisiert, ein Feld, das rasant an Bedeutung zunimmt. Die Methylierung ist eine natürlich vorkommende chemische Veränderung an der DNS, die zum Abschalten von Tumorsuppressorgenen führen kann. Zurzeit untersucht Doktorandin Vera Kloten im Rahmen ihrer Dissertation, ob verschiedene DNS-Methylierungsmarker geeignet sind, Brustkrebs im Blut zu entdecken. Dazu vergleicht die Wissenschaftlerin zunächst das Methylierungsmuster dieser Gene im Tumor und dem Blut der gleichen Patientinnen. Professor Dahl: "Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend, aber die Entwicklung eines neuen Diagnoseverfahrens ist ein langer Weg, ähnlich zeitaufwendig wie die Entwicklung neuer Medikamente. Wir werden diesen Weg gehen."

Nähere Informationen gibt es bei
Univ.-Prof. Dr. Edgar Dahl
Lehr- und Forschungsgebiet Tumorpathologie
E-Mail: edahl@ukaachen.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.ukaachen.de/content/folder/4326383

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution63

Quelle: Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, Thomas von Salzen, 25.01.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Januar 2010