Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FAKTEN

MELDUNG/215: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 14.10.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Die Rolle der individuellen Strahlenempfindlichkeit
→  Kleine Teilchen - große Wirkung?
      Wissenschaftler der Universität Jena suchen die optimalen Nanopartikel
→  Regulator der T-Zell-Immunantwort identifiziert

Raute

Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz - 13.10.2010

Die Rolle der individuellen Strahlenempfindlichkeit

Neues Forschungsprojekt richtet Fokus auf Strahlenanwendung und Strahlenschutz im medizinischen Bereich

Wenn Menschen Strahlung ausgesetzt sind, steigt das individuelle Risiko, an Krebs zu erkranken. Doch was genau passiert währenddessen in den körpereigenen Zellen? Welchen Gefahren sind Patienten bei einer Therapie und Diagnoseerstellung mit Strahlung ausgesetzt? In welchen Dosen sind diese Strahlen unbedenklich für die Patientengesundheit? Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 2,6 Millionen Euro geförderte Projekt zur Erforschung der "Intrinsischen Strahlenempfindlichkeit: Identifikation, Mechanismen und Epidemiologie" (ISIMEP) soll Antworten geben.

Das auf drei Jahre angelegte interdisziplinäre Verbundprojekt ist im September unter Federführung der Universitätsmedizin Mainz in Kooperation mit der TU Darmstadt, der Universität Bremen und dem Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München gestartet.

"Noch ist weitgehend unerforscht, wie sich ionisierende Strahlung im Niedrigdosisbereich auf den menschlichen Organismus auswirkt. Wir wissen nur wenig darüber, welche individuellen Faktoren die Strahlenempfindlichkeit von gesundem Gewebe oder von Tumorgewebe verändern können. Tatsächlich wollen wir verstehen, ob und wie Strahlen bereits in niedriger Dosierung den Prozess der Krebsentstehung beeinflussen", sagt Univ.-Prof. Dr. Maria Blettner, Direktorin des Instituts für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Professor Blettner leitet zusammen mit Univ.-Prof. Dr. Heinz Schmidberger von der Klinik und Poliklinik für Radioonkologie sowie Strahlentherapie der Universitätsmedizin den neuen Forschungsverbund.

Das Hauptziel von ISIMEP ist es, herauszufinden, welche Rolle die Strahlenempfindlichkeit, die von Person zu Person unterschiedlich sein kann, beim Entstehen von Krebs spielt. "Wir gehen davon aus, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit genetische Faktoren zelluläre Schutz- und Reparaturmechanismen beeinflussen. Doch inwieweit sich diese Faktoren und Mechanismen bei niedriger Strahlenexposition auswirken, ist größtenteils unbekannt", bemerkt Professor Blettner.

Der zentrale Nutzen von ISIMEP ist laut Professor Blettner ein aussagekräftiges Verfahren zu entwickeln, mit dem sich die individuelle Strahlenempfindlichkeit prognostizieren lässt. Eine der grundlegenden Fragen von ISIMEP ist: Wie wirkt sich die Strahlung im Computertomographen (CT) auf das Krebsrisiko bei Kindern aus? Das ist zugleich die zentrale Fragestellung eines von sieben wissenschaftlichen Teilprojekten von ISIMEP. In diesem Teilprojekt sammeln die beteiligten Wissenschaftler mittels einer groß angelegten Kohortenstudie umfangreiche Daten von Kindern mit CT-Untersuchungen (KiCT) aus verschiedenen Kliniken in Deutschland. Diese Daten werten sie zusammen mit den Daten des Deutschen Kinderkrebsregisters des IMBEI aus. Die Erkenntnisse, die das IMBEI in Kooperation mit dem Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin der Universität Bremen sowie dem Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München gewinnen wird, sollen helfen, den Strahlenschutz zu verbessern. "Denkbar ist, die Strahlendiagnostik und -therapie im Hinblick auf die Strahlendosis auf den Patienten individuell zuzuschneiden. Damit ist das Ziel verbunden, potentielle Spätfolgen aufgrund einer Strahlenexposition besonders strahlenempfindlicher Personen zu reduzieren", so die IMBEI-Direktorin. Dazu müssen aber Professor Blettner zufolge weitere Faktoren identifiziert werden, welche die individuelle Strahlensensibilität erkennen lassen. Dieses Forschungsziel verfolgen sechs weitere Teilprojekte, in die das Institut für Strahlenbiologie und DNA-Reparatur der TU Darmstadt und seitens der Universitätsmedizin Mainz das IMBEI, das Institut für Toxikologie, die Klinik und Poliklinik für Radioonkologie sowie Strahlentherapie, das Institut für Physiologie und Pathophysiologie, die Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin und der Schwerpunkt Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik eingebunden sind. Innerhalb einer neu angelegten Fall-Kontroll-Studie zu Krebserkrankungen im Kindesalter und molekularer Epidemiologie (KIKME) sollen darüber hinaus die gewonnenen molekular-biologischen Ergebnisse zusammengeführt und molekular-epidemiologisch untersucht werden.

Mit ISIMEP geht der Anspruch einher, belastbare Daten zu Dosis-Wirkungs-Beziehungen zu erheben. Zudem soll das Projekt Erkenntnisse liefern wie die Reparatur- und Kontrollprozesse in Zellen bei Strahlenaussetzung ablaufen. Des Weiteren will das ISIMEP-Team so genannte genetische Vorprägungen und biologische Marker für die Strahlenempfindlichkeit und für die aufgenommene Strahlenmenge untersuchen.

In dem Verbundprojekt kooperieren Epidemiologen, Biologen, Physiker, Strahlentherapeuten und Mediziner eng miteinander. Das ISIMEP-Team setzt sich aus insgesamt 30 Mitarbeitern zusammen. Die Gesamtkoordination des Projektes erfolgt durch Dr. Manuela Marron vom IMBEI der Universitätsmedizin Mainz. Der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Dr. Reinhard Urban, ist überzeugt, dass ISIMEP zentrale Fragen im Bereich der Strahlenforschung beantworten kann: "Der interdisziplinäre Ansatz von ISIMEP ist viel versprechend. Denn in diesem Forschungsprojekt kommt es zu einer Vernetzung und Stärkung der hohen Kompetenz der Verbundpartner in der Strahlenforschung."

Kontakt
Dr. Manuela Marron, PhD
ISIMEP-Projektkoordinatorin
Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI)
E-Mail: manuela.marron@unimedizin-mainz.de
Internet: http://www.imbei.uni-mainz.de/

Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz. Mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen sowie zwei Einrichtungen der medizinischen Zentralversorgung - die Apotheke und die Transfusionszentrale - gehören zur Universitätsmedizin Mainz. Mit der Krankenversorgung untrennbar verbunden sind Forschung und Lehre. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz kontinuierlich ausgebildet.
Weitere Informationen im Internet unter
www.unimedizin-mainz.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1431

Quelle: Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Dipl.-Betriebswirtin (FH) Caroline Bahnemann, 13.10.2010

Raute

Friedrich-Schiller-Universität Jena - 13.10.2010

Kleine Teilchen - große Wirkung?

Wissenschaftler der Universität Jena suchen die optimalen Nanopartikel

Jena (13.10.10) "Nano" kommt vom griechischen "nanos" und bedeutet übersetzt "Zwerg". Dass Nanopartikel also kleine Teilchen sind, lässt sich leicht ableiten. Auch wenn die Zwerge heute schon in vielen Bereichen eingesetzt werden, bergen sie für die Wissenschaft noch viele Geheimnisse. Doch gerade für medizinische Anwendungen beim Menschen müssen sie gelüftet werden. Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena, dem Universitätsklinikum Jena und dem Institut für Photonische Technologien haben sich zusammen mit verschiedenen Unternehmen diese Aufgabe zum Ziel gesetzt. "NanoMed - Toxikologische Charakterisierung von Nanomaterialien für die diagnostische Bildgebung in der Medizin" (www.nanomed-jena.de) heißt ein neues Forschungsprojekt, das das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit fast zwei Millionen Euro Gesamtvolumen finanziert.

"Nanopartikel werden heute bereits in vielen Bereichen eingesetzt, etwa als Werkstoff in der Informationstechnik oder als Farben und Beschichtungen in der chemischen Industrie", sagt Projektleiterin Prof. Dr. Dagmar Fischer vom Institut für Pharmazie der Universität Jena. "Die größte Herausforderung stellt aber die unmittelbare Anwendung auf den Menschen in der Medizin dar." Dort kommen sie schon zum Einsatz, aber die Entwicklung von Präparaten mit Nanopartikeln ist sehr aufwändig, denn die Mediziner brauchen genaueste Kenntnisse über mögliche toxische Wirkungen des Nanomaterials auf den menschlichen Körper. Es gibt zwar Untersuchungen zur Wirkung von bestimmten Teilchen in einzelnen Medikamenten, systematische Studien über die Beschaffenheit dieser Kleinstpartikel und ihrer Wirkung auf den menschlichen Organismus liegen allerdings kaum vor.

Die Jenaer Wissenschaftler nehmen nun in den nächsten drei Jahren gezielt Nanopartikel in unterschiedlicher Form, Größe und Oberflächenbeschaffenheit genauer unter die Lupe. "Wir wollen vor allem wissen, wie sich verschiedene Arten von Partikeln an Barrieren im Körper verhalten und ob sie diese überwinden können oder nicht", erklärt Dagmar Fischer. "Die Erkenntnisse können bei der Herstellung neuer Medikamente sehr nützlich sein, da wir dann genau wissen, wie die Teilchen aussehen müssen, um optimal verträglich zu sein und körpereigene Sperren zu überwinden bzw. wie man das verhindern kann", sagt die Professorin für Pharmazeutische Technologie.

Das NanoMed-Projekt widmet sich dabei in erster Linie der Diagnostik und damit verbundenen Kontrastmitteln. Während Nanopartikel beispielsweise in der Magnetresonanztomografie bereits verwendet werden, ist das für die Computertomografie noch nicht ausreichend erforscht. Die Jenaer Wissenschaftler wollen hierfür das ideale Teilchen finden. Partikel mit bildgebenden Eigenschaften haben metallische Kerne, etwa aus Gold, Eisenoxid oder Silber. Sie werden von verschiedenen am Projekt beteiligten Instituten und Unternehmen hergestellt und mit unterschiedlichen Oberflächen versehen. Sämtliche Parameter, die für eine kontrollierte, reproduzierbare Herstellung notwendig sind, werden vermessen und registriert. Ihr Aussehen muss dabei sowohl im Reagenzglas als auch in der Blutbahn beobachtet werden, um eventuelle Veränderungen zu registrieren, die sich durch die Wechselwirkungen mit Blutbestandteilen ergeben können.

In einer weiteren Phase untersuchen die Jenaer Forscher das Verhalten der Nanopartikel an Barrieren im Körper. "Wir konzentrieren uns auf die Blut-Hirn-Schranke und die Blut-Plazenta-Schranke", erklärt die Projektleiterin. Ziel von "NanoMed" ist es, für jede dieser Anwendungen einen Partikelbauplan zu entwerfen und in einer Datenbank zugänglich zu machen. Dadurch wird es einerseits leichter, das richtige Nanomaterial für ein bestimmtes Präparat zu bestimmen. Andererseits vereinfacht und beschleunigt es auch dessen Herstellung, Entwicklung und Zulassung. Die Ergebnisse können zusätzlich in anderen Bereichen wie der Krebsforschung oder der Umweltanalytik angewendet werden.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-jena.de

Kontakt:
Prof. Dr. Dagmar Fischer
Institut für Pharmazie der Universität Jena
Otto-Schott-Straße 41, 07745 Jena
Tel.: 03641 / 949941
E-Mail: dagmar.fischer[at]uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution23

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Sebastian Hollstein, 13.10.2010

Raute

Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin - 13.10.2010

Regulator der T-Zell-Immunantwort identifiziert

Lange Zeit war unklar, wie es weiße Blutkörperchen schaffen, sich nach Kontakt mit einem Krankheitserreger (Antigen) genügend schnell zu vermehren. Der Schlüssel dazu ist eine winzig kleine Nukleinsäure, eine microRNA, wie Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Zellbiologie von Prof. Dr. Andreas Radbruch am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ) nun entdeckt haben.

Sobald ein Krankheitserreger in den Körper eindringt, beginnt der Wettlauf. Pathogen und T-Helfer-Zellen, die als Teil des adaptiven Immunsystems jeweils auf ein Antigen spezialisiert sind, vermehren sich um die Wette. Es geht um die Entscheidung zwischen erfolgreicher Besiedlung, also Krankheit, und Abwehr des Eindringlings, also Gesundheit. Bei Krankheiten wie Leukämie ist die Regulation dieser T-Zell-Vermehrung defekt. Der Körper kann die Eindringlinge nicht abwehren. Bei Autoimmunkrankheiten, wie z.B. der rheumatoiden Arthritis, kommt es dagegen zu einer übermäßigen Expansion krankheitsfördernder T-Helfer-Zellen. Eine chronische Entzündung ist die Folge.

Rolle der microRNA-182

Aufgrund der Vielzahl von Krankheitserregern kann im Körper jeweils nur eine geringe Zahl von T-Zellen gegen jedes Antigen vorgehalten werden. Ihre Vermehrung ist strikt kontrolliert. Im Ruhezustand sorgt ein Protein, der Transkriptionsfaktor Foxo1, dafür, dass sich T-Helfer-Zellen nicht unkontrolliert vermehren. Sobald aber ein Antigen an den T-Zell-Rezeptor auf der Oberfläche der T-Helfer-Zellen bindet und sie damit aktiviert, wird diese Blockade aufgehoben. Die Vermehrung der spezifischen T-Helfer-Zellen nimmt ihren Lauf und wird unterstützt durch den Botenstoff Interleukin-2. Man spricht von klonaler Expansion.

Die Aktivierung der Vermehrung über den T-Zell-Rezeptor und Interleukin-2 ist allerdings nur von kurzer Dauer. Für die anhaltende klonale Expansion bedarf es eines weiteren Signals. Dieses zweite, durch Interleukin-2 aktivierte Signal, liefert eine winzige Ribonukleinsäure (RNA), die microRNA-182, wie das Team um Andreas Radbruch, Anna-Barbera Stittrich und Mir-Farzin Mashreghi vom DRFZ zeigen konnte. Die microRNA-182 sorgt dafür, dass Foxo1 länger blockiert bleibt und damit der Expansion nichts im Wege steht.

Dass die microRNA-182 tatsächlich eine zentrale Rolle in der physiologischen Regulation von Immunantworten spielt, konnte in einem Mausmodell für Arthritis bestätigt werden. Wenn ein Hemmstoff gegen die microRNA-182 gegeben wurde, konnten sich die aktivierten T-Helfer-Zellen nicht ausreichend vermehren, um die für die Arthritis typische, überschießende Immunantwort auszulösen. Die Entdeckung der Funktion von microRNA-182 eröffnet somit neue therapeutische Möglichkeiten, unter anderem bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen.

Dieses Projekt wurde durch das FORSYS Netzwerk des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert. Beteiligt waren neben den Wissenschaftlern des DRFZ auch Wissenschaftler des Max-Delbrück-Zentrums, der Charité-Universitätsmedizin, der Firma Miltenyi-Biotec, des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.drfz.de

Kontakt:
Dr. Mir-Farzin Mashreghi
E-Mail:mashreghi@drfz.de

Stittrich A.-B. et al.
Regulator der T-Zell-Immunantwort identifiziert.
Nature Immunology (2010)
doi:10.1038/ni.1945 (Online Version)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1256

Quelle: Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin, Jacqueline Hirscher, 13.10.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Oktober 2010