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MELDUNG/218: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 20.10.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


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Raute

Ludwig-Maximilians-Universität München - 19.10.2010

Neue Bremsen fürs Immunsystem - Interleukin 37 hemmt die Immunabwehr

Autoimmunerkrankungen wie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder Rheuma zeigen: So wichtig unser Immunsystem für die Abwehr von Schadstoffen und Krankheitserregern ist, so wichtig ist es auch, dass Immunreaktionen nicht "überschießen". Für die Regulation der Immunabwehr spielen sogenannte Interleukine eine wichtige Rolle, da sie als Botenstoffe zwischen den Zellen der Immunabwehr vermitteln - und zwar auf ganz unterschiedliche Weise, je nachdem, um welches der zahlreichen Interleukine es sich handelt.

"Die konkrete Aufgabe von Interleukin-37 war bisher völlig unbekannt", erklärt Privatdozent Philip Bufler (Klinikum der Universität München), der gemeinsam mit Professor Charles Dinarello (Universität Colorado Denver, USA) und Dr. Marcel Nold (Monash Institute of Medical Research, Melbourne, Australien) zum ersten Mal zeigen konnte, dass dieser von Zellen des angeborenen Immunsystems gebildete Botenstoff die Immunantwort bremst und dadurch stark entzündungshemmend wirkt. Besonders interessant ist für Bufler, dass IL-37 sowohl innerhalb als auch außerhalb der Zelle wirkt und nicht nur einen Wirkmechanismus hat, sondern die Immunantwort auf breiter Ebene moduliert. Als nächsten Schritt plant der auf Magendarmerkrankungen bei Kindern spezialisierte Mediziner die Schutzwirkung von IL-37 bei spezifischen Krankheiten näher zu untersuchen. Bufler sieht zwar noch keine direkte klinische Implikation, aber langfristig gesehen könnte diese Entdeckung neue Therapiemöglichkeiten eröffnen, die über den Wirkpfad von IL-37 eingreifen - und so möglicherweise überschießende Immunreaktionen bremsen. (Nature Immunology online)

Unser Immunsystem ist unablässig damit beschäftigt, Schadstoffe und Krankheitserreger ausfindig zu machen und zu bekämpfen. Kommt es zu einer Infektion oder einer Verletzung, werden von Zellen der Immunabwehr unter anderem Interleukine ausgeschüttet, die als Botenstoffe des Immunsystems die körpereigene Abwehr steuern. Bei den Interleukinen handelt es sich um eine große Molekülfamilie, deren Mitglieder unterschiedliche Aufgaben ausführen. Alle modulieren die Immunantwort, allerdings nicht immer in die gleiche Richtung: Während einige Interleukine die Immunreaktion verstärken, bremsen andere die Immunabwehr wieder. Der "Urtyp" der Interleukine ist IL-1ß, das die Immunreaktion stark stimuliert. IL-37 wurde vor etwa zehn Jahren mit Hilfe von genetischen Analysen entdeckt und derselben Familie wie IL-1 zugeordnet, die Funktion dieses Moleküls war bisher allerdings völlig ungeklärt.

Seine immundämpfende Wirkung entdeckten die Forscher durch Untersuchungen an Zellkulturen, die mit Lipopolysacchariden behandelt wurden. Lipopolysaccharide sind auch Bestandteil von Bakterienzellwänden und lösen normalerweise heftige Entzündungsreaktionen aus. Nach der Behandlung mit Lipopolysacchariden fanden die Wissenschaftler in den Zellkulturen, die kein IL-37 bilden konnten, verstärkt entzündungsfördernde Botenstoffe. In Zellen, die IL-37 produzieren konnten, bestand dagegen ein deutlicher Schutz vor überschießenden Entzündungsreaktionen, da die Bildung entzündungsfördernder Botenstoffe fast völlig unterdrückt wurde. Dasselbe Bild zeigte sich auch bei der Untersuchung transgener Mäuse, die menschliches IL-37 produzieren: IL-37 dämpfte auch bei ihnen die Immunreaktion gegen Lipopolysaccharide, die bei Mäusen normalerweise einen Schock-Zustand auslösen.

"Hoch spannend ist dabei vor allem, dass IL-37 auf so breiter Ebene die Immunantwort moduliert und dabei zwei unterschiedliche Wirkorte hat", erklärt Bufler, "und zwar wirkt es sowohl außerhalb als auch in der Zelle". Innerhalb der Zelle greift IL-37 in den TGF/ß-Signalweg ein, der entzündungshemmende Reaktionen vermittelt. Diese Kreuzverbindung eines Botenstoffs der Interleukin-1 Familie mit einem unverwandten Signalweg - in diesem Fall dem TGF/ß-Signalweg - war bisher noch nicht bekannt und zeigt die ganze Komplexität der intrazellulären Vorgänge" erklärt Bufler. Der Wirkmechanismus außerhalb der Zelle ist noch nicht im Detail aufgeklärt.

Die Bedeutung von IL-37 im gesamten Organismus soll weiter nun an spezifischen Krankheitsmodellen untersucht werden. Bufler plant hierzu Untersuchungen zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sowie Leberentzündungen, die bei Kindern oft nur durch stärkste, immunsupressive Medikamente behandelt werden können. "Wir hoffen, durch unsere Forschung neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln, die über den Wirkpfad von IL-37 helfen überschießende Immunreaktionen zu bremsen", sagt Bufler.

Ansprechpartner:
PD Dr. Philip Bufler
Kinderklinik und Poliklinik im Dr. von Haunschen Kinderspital

Publikation:
"IL-37 is a fundamental inhibitor of innate immunity"
M.F. Nold, C. A. Nold-Petry, J. A. Zepp, B.E. Palmer, P. Bufler & C., A. Dinarello
Nature Immunology Advanced online publication, 10. Oktober 2010
doi:10.1038/ni.1944

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution114

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München, Luise Dirscherl, 19.10.2010

Raute

Universität des Saarlandes - 19.10.2010

Türklinken aus Kupfer können gefährliche Krankenhauskeime stoppen

Forschern ist schon seit langem bekannt, dass Kupfer Bakterien abtöten kann. Kupferhaltige Materialien könnten also dabei helfen, Infektionen zu stoppen, die etwa durch gefährliche Krankenhauskeime ausgelöst werden. Reines Kupfer ist aber zu weich, um daraus Türklinken und Lichtschalter herzustellen, die auch langfristig schön aussehen. Hingegen haben Kupferlegierungen eine vergleichbare antimikrobielle Wirkung und sind zum Teil auch hart genug, um Putz- und Infektionsmitteln auf Dauer standzuhalten. Die richtige Auswahl geeigneter Legierungen ist daher eine der Fragen, mit denen sich Materialwissenschaftler, Hygieniker und Mikrobiologen beim 7. Hochschul-Kupfersymposium beschäftigen.

Die Tagung findet am 10. und 11. November in Saarbrücken statt. Diskutiert werden dort auch aktuelle Entwicklungen bei ganz anderen Anwendungen von Kupfer-Werkstoffen, etwa in der Elektro- und Halbleiterindustrie sowie in der Baubranche.

Das Hochschul-Kupfersymposium wird jedes Jahr vom Deutschen Kupferinstitut veranstaltet, diesmal in Zusammenarbeit mit Frank Mücklich, Professor für Funktionswerkstoffe der Universität des Saarlandes und Direktor des Steinbeis-Forschungszentrum "Material Engineering Center Saarland (MECS)". Es bietet ein Forum für wissenschaftliche und technische Themen rund um Kupfer und seine Legierungen und beleuchtet neue Produkte und Anwendungen aus Kupfer. "Der Austausch zwischen Wissenschaftlern und Industrievertretern soll dazu beitragen, dass neue Erkenntnisse schnell Eingang in die industrielle Praxis finden und die Anforderungen der Unternehmen an neue Kupferwerkstoffe von den Forschern aufgegriffen werden", sagt Professor Mücklich.

Kupfer wird heute für ganz unterschiedliche Anwendungen eingesetzt, da es über vielfältige Materialeigenschaften verfügt. "Kupfer leitet zum einen sehr gut Wärme und Strom. Es ist aber auch ein relativ weiches und dehnbares Metall, das sich gut verarbeiten und formen lässt", erläutert der Saarbrücker Materialforscher. Kupfer wird außerdem gemeinsam mit anderen Metallen geschmolzen, so dass so genannte Legierungen entstehen, die neue und verbesserte Eigenschaften aufweisen. "Für die Elektromobilität der Zukunft wird Kupfer eine wichtige Rolle übernehmen. Aber auch in der Halbleiterindustrie wird es breit eingesetzt, da Kupfer für diese Anwendungen über besondere Eigenschaften verfügt", erläutert Frank Mücklich.

Durch seine bakterienhemmende Wirkung sei Kupfer zudem auch für zukünftige Anwendungen im Gesundheitsbereich interessant, vor allem zur Bekämpfung der gefürchteten, multiresistenten Keime. Hierfür müsse aber noch genauer erforscht werden, auf welche Weise Kupfer die Bakterien unschädlich mache. "Bisher weiß man zwar, dass die antibakterielle Wirkung von Kupfer über einen langen Zeitraum auf den Oberflächen bestehen bleibt. Die Herausforderung an die Materialforscher ist es aber, diese Mechanismen noch besser zu verstehen", sagt Frank Mücklich. Die Wissenschaftler werden dabei auch die Oberflächen der Kupferwerkstoffe mit neuen Laserverfahren strukturieren mit dem Ziel, ihre antibakterielle Wirkung weiter zu verbessern.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.kupferinstitut.de/symposium
http://www.uni-saarland.de/pressefotos

Fragen beantworten:
Prof. Dr. Frank Mücklich
Universität des Saarlandes
Material Engineering Center Saarland (MECS)
E-Mail: muecke@matsci.uni-sb.de

Michael Hans
Universität des Saarlandes
E-Mail: michael.hans@mx.uni-saarland.de

Birgit Schmitz
Deutsches Kupferinstitut
E-Mail: bschmitz@kupferinstitut.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:

http://idw-online.de/pages/de/image127167
Hier sieht man Bakterien auf einer linienstrukturierten Kupferoberfläche, die mit der Laser-Interferenztechnik von Professor Frank Mücklich erzeugt wurde

http://idw-online.de/pages/de/image127168
Türklinken aus Kupfer können verhindern, dass Bakterien von Mensch zu Mensch übertragen werden.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution8

Quelle: Universität des Saarlandes, Friederike Meyer zu Tittingdorf, 19.10.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Oktober 2010