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MELDUNG/223: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 28.10.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Neuer Ansatz für molekulare Therapien von Krebs. Methode zur Hemmung
      des Ras-Proteins entwickelt
→  Neue Erkenntnisse über die Entwicklung von Epithelzellen
→  Weitere Stärkung für die Sepsis-Forschung in Jena
→  Physiotherapie an der Hochschule Mannheim
→  Was unser Lernen beeinflusst
      Neues Forschungsprojekt der RUB und der Universität Duisburg-Essen

Raute

Universität Regensburg - 26.10.2010

Neuer Ansatz für molekulare Therapien von Krebs. Methode zur Hemmung des Ras-Proteins entwickelt

Das Ras-Protein ist ein molekularer Schalter, mit dem eine ganze Reihe von zellulären Prozessen an- oder abgeschaltet werden kann. Dabei wechselt es zwischen einem inaktiven und einem aktiven Zustand. Im aktiven Zustand kann das Protein mit sogenannten Effektor-Proteinen wechselwirken, die Prozesse wie Zellwachstum und -entwicklung in Gang setzen. Ist das Ras-Gen allerdings an bestimmten Stellen mutiert, wird aus dem Protoonkogen ein Onkogen - der Schalter für das Zellwachstum wird dauerhaft "angeschaltet" und die Zellen vermehren sich unkontrolliert. Entsprechend finden sich in etwa 30 % aller menschlichen Tumoren Mutationen im Ras-Protein (onkogenes Ras). Es werden deshalb große Anstrengungen unternommen, um die molekularen Grundlagen der Schalterfunktion von Ras-Proteinen zu verstehen und Medikamente gegen onkogenes Ras zu entwickeln. Wissenschaftlern unter Federführung von Prof. Dr. Dr. Hans Robert Kalbitzer am Institut für Biophysik und Physikalische Biochemie der Universität Regensburg ist es in diesem Zusammenhang gelungen, einen neuen Ansatzpunkt zur Hemmung der unkontrollierten Ras-Effektor-Wechselwirkung zu entwickeln. Die Forscher konnten nachweisen, dass Metall-Cyclene eine vielversprechende Grundlage zur pharmakologischen Unterdrückung der vom Ras-Protein abhängigen Signalübertragungen in der Zelle darstellen.

Sie nutzen dabei aus, dass das durch GTP-Bindung (Guanosintriphosphat) aktivierte Ras-Protein in zwei Konformationen bzw. Anordnungen vorkommt. Nur eine der Konformationen ist in der Lage, das Proliferationssignal bzw. das Signal für die Zellentwicklung weiterzuleiten. Die andere, seltene Konformation hat andere biologische Funktionen. Durch die Bindung von Zn²+-Cyclen kann die für die Signalweiterleitung ungeeignete Konformation 1(T), die Effektoren nur schwach bindet, auf Kosten der anderen Konformation 2(T) stabilisiert werden. Die Signalweiterleitung ist dann unterbrochen. Eine 3D-Struktur des Komplexes von Ras mit Zn²+-Cyclen konnte mit Hilfe der NMR-Spektroskopie bestimmt werden und bildet die Grundlage für das rationale Design von neuen, besser bindenden Substanzen.

So identifizierten die Forscher zwei Bindungsstellen am Ras-Protein, an denen die Zn²+-Cyclene mit unterschiedlicher Anziehungskraft anbinden. Eine dieser Bindungsstellen befindet sich im Bereich des aktiven Zentrums des Proteins. Die Bindung des Zn2+-Cyclen-Komplexes an das menschliche Ras-Protein stabilisiert dabei einen Ras-Proteinzustand mit schwacher Affinität für Effektoren, was den Komplex zu einer Leitsubstanz für weitere Studien zur Unterdrückung der Ras-Effektor-Wechselwirkung macht.

Erste Ergebnisse der Regensburger Forscher sind in der renommierten Fachzeitschrift "Angewandte Chemie" erschienen (DOI: 10.1002/ange.200907002). Die derzeitigen Arbeiten der Wissenschaftler konzentrieren sich im Rahmen eines DFG-Graduiertenkollegs "Medizinische Chemie" der Universität Regensburg auf das Design von neuen, geeignet modifizierten Molekülen, die den selben Wirkmechanismus wie Zn2+-Cyclen haben, aber eine wesentlich höhere Bindungsstärke und Selektivität zum Ras-Protein aufweisen. Inzwischen wurden neue Substanzen mit besseren pharmakologischen Eigenschaften gefunden. Mögliche Anwendungsbereiche der Forschungsergebnisse liegen in der Entwicklung neuartiger molekularer Therapien gegen unterschiedlichste Krebsarten.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution87

Quelle: Universität Regensburg, Alexander Schlaak, 26.10.2010

Raute

Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch - 27.10.2010

Neue Erkenntnisse über die Entwicklung von Epithelzellen

Neue Erkenntnisse über die Entwicklung von Epithelzellen und ihren Zusammenhalt haben Forscher des Max-Delbrück-Centrums (MDC) und des Experimental and Clinical Research Centers (ECRC) von MDC und Charité in Berlin-Buch gewonnen. Prof. Kai Schmidt-Ott und seine Mitarbeiter identifizierten einen Transkriptionsfaktor (grainyhead-like 2, Grhl2), der die Bildung und den Zusammenhalt von Epithelzellen steuert. Er bestimmt, wieviel von welchen Verbindungsmolekülen, die quasi als Brücken zwischen den Zellen fungieren, sich bilden. Grhl2 steuert über die Bindung an die DNA die Herstellung zweier solcher Zellverbindungsmoleküle, E-cadherin und Claudin 4, direkt. (Development doi:10.1242/dev.055483)(*).

Das könnte für das Verständnis verschiedenster Erkrankungen von Bedeutung sein. So sterben Mäuse, bei denen Grhl2 inaktiviert wurde, früh während der Embryonalentwicklung und zeigen ein offenes Rückenmark (Spina bifida). Die Spina bifida ist eine beim Menschen häufige angeborene Erkrankung, die oft mit schweren Behinderungen einhergeht. Sie ist in Ihrer Entstehung nur teilweise aufgeklärt und Grhl2 könnte einen wichtigen Baustein zu ihrem genaueren Verständnis liefern. Weiterhin spekulieren Prof. Schmidt-Ott, Dr. Max Werth und Katharina Walentin, dass Grhl2 auch in inneren Organen, wie zum Beispiel der Niere, von Bedeutung sein könnte. Die Nierenepithelzellen kleiden die beim Menschen mehrere Kilometer umfassenden Nierenkanälchen (Tubulussystem) aus. Dieses System bildet mit den Nierenkörperchen das "Herzstück" der Niere, das Nephron. Dort werden die Schadstoffe aus etwa 1 700 Liter Blut pro Tag gefiltert, wovon 180 Liter als Primärharn gesammelt und davon am Ende ein bis zwei Liter als Harn ausgeschieden werden. Die Untersuchungen der Autoren zeigen, dass Grhl2 besonders in dichten, undurchlässigen Abschnitten des Nephrons gebildet wird, die eine Feinabstimmung der Zusammensetzung des Harns vornehmen. Eine Fehlfunktion von Grhl2 könnte dort zu einer Änderung der Zelldurchlässigkeit und anderer Zelleigenschaften führen und damit an so unterschiedlichen Erkrankungen wie Nierenfehlbildungen oder der Entstehung von Bluthochdruck beteiligt sein.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.mdc-berlin.de/en/research/research_teams/diff_regeneration_von_nierenepithelien/index.html

(*) The transcription factor grainyhead-like 2 (Grhl2) regulates molecular composition of the epithelial apical junctional complex

Max Werth 1,2,*; Katharina Walentin 1,2*; Annekatrin Aue 1,2; Jörg Schönheit 1; Anne Wuebken 1; Naomi Pode-Shakked 3; Larissa Vilianovitch 1; Bettina Erdmann 1; Benjamin Dekel 3; Michael Bader 1; Jonathan Barasch 4; Frank Rosenbauer 1; Friedrich C. Luft 1,2; Kai M. Schmidt-Ott 1,2,+
* these authors contributed equally

1 Max-Delbrück Center for Molecular Medicine, Berlin, Germany
2 Experimental and Clinical Research Center, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Buch, Berlin, Germany
3 Department of Pediatrics and Pediatric Stem Cell Research Institute, Sheba Medical Center, Tel Hashomer, Israel
4 Department of Medicine, Columbia University College of Physicians and Surgeons, New York, USA
+ Corresponding author: Prof. Dr. Kai M. Schmidt-Ott, e-mail: kai.schmidt-ott@mdc-berlin.de

Barbara Bachtler, Pressestelle
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
Robert-Rössle-Straße 10 13125, Berlin
e-mail: presse@mdc-berlin.de
http://www.mdc-berlin.de/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution672

Quelle: Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch, Barbara Bachtler, 27.10.2010

Raute

Universitätsklinikum Jena - 27.10.2010

Weitere Stärkung für die Sepsis-Forschung in Jena

Am Universitätsklinikum Jena (UKJ) wird das "Center for Sepsis Control and Care" (CSCC) aufgebaut. Das von Intensivmedizinern, Internisten, Chirurgen und Neurologen getragene Zentrum zielt auf die Verringerung der Sepsiserkrankungen und eine Verbesserung der Akut- und Nachsorgebehandlung. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum fünf Jahre lang mit insgesamt 23 Millionen Euro gefördert.

Jena (27.10.10) 31 Bewerbungen erhielt die Leitung des Zentrums auf die gleich nach dem Start im August ausgeschriebenen 20 Stellen. Für das neue Forschungs- und Behandlungszentrum wurden sowohl Doktoranden, als auch Ärzte, die ein Forschungsjahr absolvieren wollen, und Leiter von Nachwuchsgruppen gesucht. "Für die Umsetzung unseres anspruchsvollen Forschungsprogramms brauchen wir engagierte Ärzte und Naturwissenschaftler. Ihnen wollen wir neue Karriereperspektiven in der klinischen Forschung bieten", so Professor Michael Bauer, Sprecher des CSCC.

Hauptziel ist die Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten der Sepsis und ihrer Folgen. Jährlich erkranken allein in Deutschland etwa 150 000 Menschen an dieser aus dem Ruder laufenden Abwehrreaktion des Körpers gegen eine Infektion, die die Organe schädigt, so zu deren Versagen und in fast einem Drittel der Fälle zum Tode führen kann. "Sepsis tötet unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft, Heimat und Zugang zu medizinischer Versorgung", mahnt Professor Konrad Reinhart, der der Global Sepsis Alliance vorsteht. In der Öffentlichkeit ist Sepsis wenig bekannt, und auch unter den Ärzten und bei medizinischem Personal fehlt das Fachwissen zu dieser Erkrankung. "Deshalb brauchen wir weitere große klinische Studien, um die Wirksamkeit der bekannten Therapiemaßnahmen zu evaluieren, neue Diagnose- und Therapieverfahren zu testen und um Risikopatienten und -situationen identifizieren und entsprechende Präventionsmaßnahmen einleiten zu können."

Das CSCC will maßgeblich hierzu beitragen. Ein Kernprojekt ist eine klinikumsweite Hygienekampagne und -studie, die über mehrere Jahre insgesamt 25.000 Patienten einschließen soll. Dabei wird der Umgang mit Kathetern als Infektionsrisiko und die Händedesinfektion auf Normalstationen genauso erfasst wie das Beatmungsmanagement auf Intensivstationen. "Zu unseren Forschungsvorhaben zählen die Verbesserung der Diagnosemöglichkeiten durch molekularbiologische Tests, die Untersuchung der Mechanismen, die zum Organversagen bei Sepsis führen, neue Therapieansätze bei chronischen Entzündungsprozessen und die Entwicklung neuer Wirkstoffe", zählt Professor Bauer auf. Weitere Themen sind das Qualitätsmanagement der intensivmedizinischen Behandlung von Sepsispatienten und medizin-ethische Aspekte der Versorgung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Erforschung der neurologischen, neuropsychologischen und psychosomatischen Langzeitfolgen der Sepsis, zu denen es noch sehr wenige Untersuchungen gibt.

Die Projektgruppen können dabei auf zentrale Infrastrukturen wie ein klinisches Studienzentrum und die Sepsis-Biomaterialbank des UKJ zurückgreifen, die für die Anforderungen des CSCC erweitert werden. In einem "Aktionsbündnis Sepsis" wird das Zentrum mit Krankenhäusern, Reha-Kliniken und niedergelassenen Ärzten der Region zusammenarbeiten, um Früherkennung und Versorgung zu verbessern und Nachsorgekonzepte zu entwickeln.

Das CSCC schafft völlig neue Strukturen für die klinischen Forschung und die Universitätsmedizin. "Effektive interdisziplinäre Zusammenarbeit in dieser Größenordnung ist nur bei flachen Hierarchien möglich", betont PD Dr. Cornelia Platzer, Geschäftsführerin des Zentrums, "die Organisationsstruktur unseres Forschungs- und Behandlungszentrums hat hier Modellcharakter".

Im Zentrum werden Ärzte und Wissenschaftler von über zwanzig Kliniken und Instituten arbeiten, 17 allein am Universitätsklinikum Jena. Ca. 100 Mitglieder wird das Zentrum in gut einem Jahr haben. "Der Start des CSCC ist ein wesentlicher Beitrag zur Profilierung des Universitätsklinikums und zur Stärkung des Sepsisschwerpunktes in Jena", freut sich Professor Benndorf, Dekan der Medizinischen Fakultät und Wissenschaftlicher Vorstand des UKJ.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.cscc.uniklinikum-jena.de

Kontakt:
Prof. Dr. Michael Bauer
Center for Sepsis Control and Care
E-Mail: Michael.Bauer[at]med.uni-jena.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image127781
Am Universitätsklinikum Jena arbeitet das Integrierte Forschungs- und Behandlungszentrum für Sepsis und Sepsisfolgen

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1461

Quelle: Universitätsklinikum Jena, Dr. Uta von der Gönna, 27.10.2010

Raute

Hochschule Mannheim / University of Applied Sciences - 27.10.2010

Physiotherapie an der Hochschule Mannheim

Die Hochschule Mannheim kann im Rahmen des Landesprogramms "Hochschule 2012" ihre Fächerpalette um zwei neue innovative Studienangebote erweitern. Ab dem kommenden Jahr gibt es an der Hochschule in der Fakultät für Sozialwesen den dualen Bachelorstudiengang "Physiotherapie" mit 30 Studienanfängerplätzen/Jahr sowie in der Fakultät für Gestaltung im bestehenden Bachelorstudiengang "Kommunikationsdesign" den Schwerpunkt "Raum und Interaktion" (Gamedesign) mit 20 Studienanfängerplätzen/Jahr.

Der duale Bachelorstudiengang Physiotherapie in enger Kooperation mit dem Universitätsklinikum Mannheim und den Fachschulen für Physiotherapie in der Metropolregion ergänzt die mit den Studiengängen Medizintechnik und Medizinische Informatik begonnene Ausrichtung in Richtung "Gesundheit/ Lebenswissenschaften". Das Ausbildungs- und Forschungspotenzial der Hochschule Mannheim konzentrierte sich bisher stärker auf die technischen Aspekte im Gesundheitsbereich. Mit der Physiotherapie erweitert die Hochschule in Richtung gesundheitsorientierter Dienstleistungen und reagiert auf die deutliche Nachfrage aus der Region.
Die Nachfrage nach den Studienplätzen der Fakultät für Gestaltung im Bachelorstudiengang "Kommunikationsdesign" ist seit langen Jahren auf einem herausragend hohen Niveau und erlaubt es, die Studienplätze mit sehr qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern zu besetzen. Durch den neuen Schwerpunkt "Raum und Interaktion" (Gamedesign) erweitert die Hochschule ihren Beitrag für die Kreativwirtschaft der Metropolregion, die ein Schwerpunkt der wirtschaftspolitischen Ausrichtung der Stadt Mannheim darstellt.

Die Hochschule Mannheim hat in den bisherigen Tranchen des Ausbauprogramms 2012 strategisch und nur sehr selektiv Bereiche ausgebaut, die auch in der weiteren Zukunft den Studierenden hervorragende Perspektiven am Arbeitsmarkt eröffnen. Der Schwerpunkt lag auf dem Erschließen neuer Felder, wie beispielsweise der Medizintechnik, Mechatronik, Unternehmens- und Wirtschaftsinformatik ergänzt um die Aufstockung in wenigen, stark nachgefragten bestehenden Studiengängen (Sozialwesen, Biotechnologie). Alle bisher im Rahmen des Programms eingerichteten Studienangebote werden hervorragend nachgefragt, wie auch der Rekord von mehr als 1000 Neuimmatrikulierten an der Hochschule im laufenden Wintersemester belegt.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution70

Quelle: Hochschule Mannheim - University of Applied Sciences, Bernd Vogelsang, 27.10.2010

Raute

Gemeinsame Presseinformation (Nr. 344) der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Duisburg-Essen - 26.10.2010

Was unser Lernen beeinflusst
Neues Forschungsprojekt der RUB und der Universität Duisburg-Essen

Lernblockaden auf der Spur - Was unser Lernen beeinflusst
Mercator Research Center Ruhr fördert gemeinsames Forschungsprojekt der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und der Universität Duisburg-Essen

Wie man die menschliche Lernleistung durch gezielte äußere Stimulation der Informationsübertragung im Gehirn beeinflussen kann, wollen Bochumer und Duisburg-Essener Forscher herausfinden. Dabei werden sie mit rund 210.000 Euro vom Mercator Research Center Ruhr unterstützt, einer Initiative der Stiftung Mercator und der Universitätsallianz Metropole Ruhr.

Das Forschungsprojekt steht unter Federführung von Prof. Dr. Martin Tegenthoff, Direktor der Neurologischen Klinik des Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikums Bergmannsheil (Klinikum der RUB) und Prof. Dr. David G. Norris, Direktor des Erwin L. Hahn Instituts für Magnetresonanz der Universitäten Duisburg-Essen und Nijmegen. Beteiligt ist außerdem PD Dr. Hubert Dinse, Institut für Neuroinformatik der RUB.

Wie Botenstoffe das Lernen beeinflussen

Im Fokus des Projektes steht ein bestimmtes Übertragungssystem von Botenstoffen im menschlichen Gehirn (sogenanntes Neurotransmitter-System). Solche Systeme stellen die Informationsübertragung zwischen den Nervenzellen im Gehirn sicher. Dabei unterscheidet man erregende und hemmende Botenstoffe, die also entweder die Ausbreitung von Nervenreizen fördern oder verringern. Zur Gruppe der hemmenden Botenstoffe gehört die Gamma-Aminobuttersäure (GABA). Sie ist für das Lernen von entscheidender Bedeutung: "Wenn wir lernen, müssen sich die Nervenreize weiter ausbreiten können", sagt Prof. Tegenthoff. "Dann wird im Gehirn die Ausschüttung von reizhemmenden Botenstoffen verringert." Somit bestehe ein enger Zusammenhang zwischen der Aktivität des GABA-Systems und der Lernleistung unseres Gehirns.

Magnetresonanz-Spektroskopie bei 7 Tesla

Welche Faktoren diesen Zusammenhang beeinflussen, wollen die Forscher genauer bestimmen: Dazu messen sie, wie sich die GABA-Konzentration bei Versuchspersonen verändert, wenn diese bestimmte sensorische und motorische Lernaufgaben ausführen. Möglich werden solche Messungen durch eine hochkomplexe, nicht-invasive Technik, der hochauflösenden Magnetresonanz-Spektroskopie bei 7 Tesla. Damit können chemische Substanzen im Gehirn ohne Beeinträchtigung der Versuchsperson identifiziert und messbar gemacht werden. Mit der enormen Feldstärke wird eine hohe räumliche Auflösung erreicht, so dass sehr genaue Einblicke in den menschlichen Körper möglich sind. Für diesen Teil der Kooperation ist Prof. David Norris verantwortlich, Direktor des Erwin L. Hahn Instituts und Professor am Donders Centre for Cognitive Neuroimaging in Nijmegen. Er erforscht mit seinem Team die 7 Tesla-Technologie und die Bedingungen, unter denen damit die GABA-Konzentration gemessen werden kann.

Neue Instrumente zur Therapie von Hirnschäden

"Fernziel unserer Forschung ist die Entwicklung von Verfahren, mit denen man die Konzentration des GABA-Botenstoffes gezielt beeinflussen kann", erklärt Prof. Tegenthoff. "Dann hätten wir ein wirksames Instrument, um die Lernleistung von Patienten verbessern zu können. Gehirnerkrankungen und deren Folgen, zum Beispiel Lähmungen nach einem Schlaganfall, könnten so besser therapiert werden." Solche Verfahren ließen sich wahrscheinlich auf der Basis spezieller Elektro- oder Magnetstimulationstechniken entwickeln.

Gefördert von MERCUR

Das Projekt ist eines von insgesamt 17 Forschungsvorhaben, die das Mercator Research Center Ruhr (MERCUR) derzeit finanziert, um die strategische Kooperation der in der Universitätsallianz Metropole Ruhr verbundenen Universitäten Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen zu fördern und so den Wissenschaftsstandort Ruhrgebiet nachhaltig zu stärken. Die Stiftung Mercator stellt MERCUR dafür ein Budget von 20 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre zur Verfügung.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Martin Tegenthoff
Direktor der Klinik für Neurologie
Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil GmbH
Bürkle-de-la-Camp Platz 1, 44789 Bochum
E-Mail: martin.tegenthoff@bergmannsheil.de

PD Dr. Hubert Dinse
Institut für Neuroinformatik
Ruhr-Universität-Bochum
Gebäude ND, Raum NDEF 04/589c
Universitätsstraße 150, 44780 Bochum
E-Mail: hubert.dinse@neuroinformatik.ruhr-uni-bochum.de

Prof. Dr. David G. Norris
Direktor des Erwin L. Hahn Instituts für Magnetresonanz der Universitäten
Duisburg-Essen und Nijmegen, UNESCO-Weltkulturerbe Zollverein, Leitstand
Kokerei Zollverein
Arendahls Wiese 199, 45141 Essen
E-Mail: david.norris@uni-due.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution2

Quelle: Ruhr-Universität Bochum, Dr. Josef König, 26.10.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Oktober 2010