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MELDUNG/432: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 06.10.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Genetiker beschreiben ungewöhnlichen Regulationsmechanismus von Proteinen
→  Austausch zwischen den Gesundheitsberufen verbessern


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Universität zu Köln - 05.10.2011

Antizym steuert Polyamin-Synthese

Genetiker beschreiben in "Nature" ungewöhnlichen Regulationsmechanismus von Proteinen

Polyamine sind essentielle Stoffe für alle lebenden Organismen. Sie spielen auch eine wichtige Rolle bei Krebs und beim Altern. Doch bisher war noch nicht klar, wie ihre Produktion, die so genannte Biosynthese, in der Zelle kontrolliert wird. Kölner Genetiker unter der Leitung von Professor Jürgen Dohmen vom Institut für Genetik haben nun einen neuartigen selbstregulierenden Mechanismus bei der Biosynthese von Polyaminen gefunden. Ein Antizym-Protein bildet schon während des Stadiums seiner Synthese den Sensor, der feststellt, ob ausreichend Polyamine vorhanden sind oder nicht. Gleichzeitig reguliert das Antizym entsprechend seine eigene Translation, seine Synthese durch Übersetzung aus dem genetischen Code. Noch während seiner eigenen Herstellung spielt das Antizym so die Rolle des Sensors, der darüber entscheidet, ob es weiterproduziert wird oder nicht. Diese Methode der Selbstregulierung ist außergewöhnlich. "Dass die Antizyme direkt als Sensor auftreten und dann gleich auch die eigene Translation regulieren, ist das Neue dabei", so Jürgen Dohmen. Die Genetiker vermuten, dass dieses System auch in anderen Fällen der Regulation von Biosyntheseprozessen vorkommt. Die Identifizierung des Antizymproteins als den relevanten Polyaminsensor eröffnet neue Perspektiven zur Entwicklung von Substanzen mit deren Hilfe die Synthese vom Antizym hochreguliert und so der oft bei Krebszellen beobachteten hohen Polyaminsynthese entgegengewirkt werden könnte. Die Studie der Kölner Wissenschaftler ist ein Beitrag aus der Grundlagenforschung und wurde in der Ausgabe von "Nature" vom 22. September 2011 veröffentlicht.

Polyamine (z.B. Spermidin und Spermin) sind mehrfach positiv geladene zelluläre Substanzen, so genannte Polykationen. Eine ihrer wichtigsten Funktionen ist die Neutralisation der negativen Ladungen in der Erbsubstanz, der DNS. Die Herstellung der Polyamine wird je nach Teilungsaktivität der Zellen genau der Nachfrage angepasst. Ein wichtiger Mitspieler in der Synthese der Polyamine ist das Protein Ornithin Decarboxylase (ODC). Die Regulation dieses Enzyms funktioniert über einen Gegenspieler: das Ornithin Decarboxylase-Antizym. Es bindet an die Ornithin Decarboxylase und führt dazu, dass sie abgebaut wird. Dadurch regelt dieses Antizym die Entstehung von Polyaminen.

Die Genetiker gingen der Frage nach, wie die Entstehung des Antizyms reguliert wird. Bekannt war, dass die Kontrolle der Synthese des Proteins sehr ungewöhnlich ist. Das Gen für dieses Antizym enthält in der Mitte der kodierenden Sequenz ein so genanntes Stopcodon - eine Bremse mitten im Code. Wenn das Ribosom, die Proteinfabrik der Zelle, beim Lesen der Boten-RNS (vom Gen abgeleitete Kopie) am Stopcodon anlangt, wird der gesamte Produktionsvorgang des Proteins, die so genannte Translation, normalerweise abgebrochen. Um das komplette Antizym zu synthetisieren, muss das Ribosom, das die Translation durchführt, über das Stopcodon weiterhüpfen, um das Protein komplett zu synthetisieren. Dieser Vorgang wird ribosomaler Leserastersprung genannt und ist vergleichsweise selten. Bekannt war, dass die Synthese des vollständigen Antizyms durch hohe Polyamin-Konzentrationen stimuliert wird. Das Antizym reguliert wiederum die Produktion von ODC runter. Die Synthese von Polyaminen wird gehemmt. Diese Rückkopplung führt zu einer ausgeglichenen Konzentration von Polyaminen in der Zelle. Vollkommen unklar war bisher, wie die Polyamine die Translation der durch das Stopcodon unterbrochenen Boten-RNS beeinflussen.

Die Genetiker fanden heraus, dass der eigentliche Sensor das entstehende Antizym-Protein selber ist. Während es translatiert wird, nimmt es verschiedene Konfirmationen ein, wobei die durch den Leserastersprung verursachte Pause eine wichtige Rolle spielt. Die bei geringer Polyamin-Konzentration vorliegende Konformation führt dazu, dass Ribosomen auf der Boten-RNS stehen bleiben. Bei einer hohen Konzentration binden die Polyamine an das entstehende Antizym-Protein und heben diese Blockade auf. So kann es zur vollständigen Synthese des Antizyms kommen, das wiederum die Polyaminsynthese hemmt: Ab einer gewissen Konzentration sorgen die Polyamine dadurch für eine eigene "Geburtenregulierung".

Bei Rückfragen:
Professor Dr. Jürgen Dohmen
j.dohmen@uni-koeln.de

Verantwortlich:
Dr. Patrick Honecker MBA
patrick.honecker@uni-koeln.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution19

Quelle: Universität zu Köln, Gabriele Rutzen, 05.10.2011


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Hochschule für Gesundheit - 05.10.2011

Austausch zwischen den Gesundheitsberufen verbessern

"Die fach- und berufsübergreifende Arbeit und der Austausch zwischen den Gesundheitsberufen wird bereits in der Ausbildung und im Studium künftig immer wichtiger: Der Pfleger muss wissen, was der Physiotherapeut zuvor mit dem Patienten eingeübt und besprochen hat. Die Ergotherapeutin setzt auf dem auf, was der Physiotherapeut erreicht hat", sagte heute Prof. Dr. Ursula Walkenhorst, Vizepräsidentin der Hochschule für Gesundheit (hsg) in Bochum, im Vorfeld der Tagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA), die vom 6. bis zum 8. Oktober 2011 in München stattfindet.

Prof. Walkenhorst ist seit dem 1. Juni 2011 Vorsitzende des neu gegründeten GMA-Ausschusses "Interdisziplinäre Ausbildung in den Gesundheitsberufen der Medizin, Pflege und Therapie". Sie erläutert: "Weil der Austausch zwischen den Gesundheitsberufen so wichtig ist, wollen sich die Vertreter der verschiedenen Berufe in diesem Bereich besser vernetzten und abstimmen. Das ist das, was in den nächsten Monaten unserer gemeinsamen Ausschussarbeit im Mittelpunkt stehen soll. Wir werden ein Papier erarbeiten, mit dem wir das Thema des interprofessionellen Lernens und Lehrens in der Ausbildung und im Studium der Gesundheitsberufe in der Öffentlichkeit darstellen wollen."

Ziel des Ausschusses ist es, die fach- und berufsübergreifende Ausbildung in den akademischen Bereichen zwischen den Gesundheitsberufen in der Medizin, der Pflege, der therapeutischen Berufe (Ergotherapie, Physiotherapie), der diagnostischen Berufe sowie des Hebammenwesens zu überprüfen. Außerdem sollen Empfehlungen für die künftige Inhalts- und Organisationsstruktur für dieses Thema entwickelt werden. Dies soll in der Form eines Positionspapiers passieren. Dabei werden unter anderem Erkenntnisse über die Auswirkungen der Zusammenarbeit der Berufe und Disziplinen auf die Patienten oder Klienten sowie die Berufsangehörigen selbst herangezogen.

Prof. Ursula Walkenhorst ist an der hsg zuständig für das interprofessionelle Lernen und Lehren, das ein zentrales Merkmal der hsg ist. Walkenhorst: "Wir haben sechs Module unserer fünf Studiengänge Ergotherapie, Hebammenkunde, Logopädie, Pflege und Physiotherapie als gemeinsame Lernmodule aufgebaut, um unsere Studierenden schon früh darauf vorzubereiten, dass sie auch in ihrem Beruf später mit den anderen Gesundheitsberufen gut kommunizieren und Hand in Hand arbeiten werden. An der hsg wird das bereits im Studium eingeübt."

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.gma2011.de - GMA-Jahrestagung

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution1554

Quelle: Hochschule für Gesundheit, Dr. Christiane Krüger, 05.10.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Oktober 2011