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MELDUNG/644: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 19.12.12 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

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Universität des Saarlandes - 18.12.2012

Forscher der Saar-Uni arbeiten an neuen genetischen Markern für Hirntumore

Zu den häufigsten Hirntumoren zählen die Meningeome. Diese meist gutartigen Geschwülste können meist in einer Operation vollständig entfernt werden. Bei einigen Patienten kommen die Tumore jedoch wieder. Forscher um Nicole Ludwig und Professor Eckart Meese von der Saar-Uni möchten den Ursachen hierfür auf den Grund gehen. Mit einem neuen Analyseverfahren wollen sie herausfinden, ob sich diese "wiederkehrenden" Meningeome in ihrem Erbgut oder dessen Ausprägung von den Meningeomen unterscheiden, bei denen der Patient nach der Operation geheilt ist. Dadurch wollen sie Merkmale finden, die Ärzten helfen, den Krankheitsverlauf besser einzuschätzen und individuelle Therapien zu entwickeln.

"Durch Veränderungen im genetischem Material kann aus einer gesunden Zelle eine Tumorzelle werden", erklärt Nicole Ludwig, promovierte Biologin am Institut für Humangenetik in Homburg. "Dabei können diese Veränderungen im Erbgut selbst, wie zum Beispiel bei Mutationen oder Verlusten genetischen Materials, oder auch in der Ausprägung des Erbguts, der sogenannten Expression, liegen. Von einigen solcher Veränderungen weiß man bereits, dass sie einen Einfluss auf das Wachstumsverhalten von Meningeomen und damit auf den Krankheitsverlauf des Patienten haben."

Die Wissenschaftler der Saar-Uni wollen herausfinden, ob sich Meningeome, die trotz einer vollständigen Entfernung des Tumors wieder wachsen, von solchen Meningeomen unterscheiden, bei denen dies nicht der Fall ist. "Zurzeit gibt es zwar Anhaltspunkte dafür, dass der Verlust genetischen Materials eines bestimmten menschlichen Chromosoms ein Merkmal ist, dass solche wiederkehrenden Meningeome auszeichnet, allerdings ist das nicht in allen Fällen so. Deshalb ist es notwendig, nach weiteren Merkmalen zu suchen, die diese Unterscheidung erlauben", erklärt Ludwig weiter. Mit dem sogenannten Next Generation Sequencing - einem Verfahren, das Nukleinsäuresequenzen in kurzer Zeit vollständig analysiert - möchten die Homburger Forscher das komplette Erbgut der verschiedenen Meningeome ermitteln und auswerten.

"Mit der Sequenzierung können wir genetische Veränderungen des Tumors sehr effizient identifizieren", erläutert Eckart Meese, Professor für Humangenetik in Homburg. "Außerdem können wir das Erbgut der einzelnen Tumor-Proben miteinander vergleichen, und so Unterschiede aufspüren, die bei den wiederkehrenden Meningeomen auftreten, aber bei den anderen Tumoren fehlen."

Darüber hinaus wollen die Humangenetiker eine weitere Gruppe von Nukleinsäuren, die microRNAs, sequenzieren. Diese kleinen Moleküle haben in der Zelle verschiedene Aufgaben: Sie regulieren unter anderem die Expression von Genen und spielen auch bei der Krebsentstehung eine wichtige Rolle. Für die medizinische Diagnostik sind diese Moleküle von wachsendem Interesse, da sie eine spezifische Signatur ergeben, die einer bestimmten Erkrankung zugeordnet werden kann. So konnten die Homburger Wissenschaftler in der Vergangenheit bereits ein charakteristisches microRNA-Profil für Lungen-, Haut- und Magenkrebs, aber auch für Multiple Sklerose erstellen.

Die Forscher der Saar-Universität erhoffen sich, durch die Analyse des Erbguts und dessen Expression erklären zu können, warum manche Meningeome wiederkehren und andere nicht. Des Weiteren können die gefunden Merkmale, zum Beispiel eine bestimmte microRNA-Signatur, Medizinern künftig helfen, frühzeitig besser abzuschätzen, wie hoch das Risiko eines wiederkehrenden Meningeoms ist. Zusammengenommen könnten die Ergebnisse der Studie dazu beitragen, individuelle Therapieformen für Meningeom-Patienten zu entwickeln.

Fragen beantwortet:

Professor Dr. Eckart Meese
Institut für Humangenetik
E-Mail: eckart.meese(at)uks.eu

Dr. Nicole Ludwig
Institut für Humangenetik
E-Mail: n.ludwig(at)mx.uni-saarland.de

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt die Studie mit über 275.000 Euro für drei Jahre. Derzeit fördert die DFG insgesamt fünf verschiedene Forschungsprojekte am Homburger Institut für Humangenetik mit einer Gesamtfördersumme von über 1,2 Million Euro. Darüber hinaus wird Nicole Ludwig von HOMFOR Exzellent, einem Förderprogramm für Nachwuchswissenschaftler der Medizinischen Fakultät am Uniklinikum, unterstützt. Das Programm richtet sich an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und bietet ihnen die Möglichkeit, ihre Forschungsvorhaben bis zu vier Jahre mit etwa 100.000 Euro zu fördern.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution8

Quelle: Universität des Saarlandes, Melanie Löw, 18.12.2012

Raute

Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 18.12.2012

Im Verbund gegen Alterskrankheiten

In einer alternden Gesellschaft nehmen Krankheiten wie Muskelschwund und Osteoporose zu. Ein neuer Forschungsverbund, in dem die Uni Würzburg federführend ist, sucht nach geeigneten Antworten auf diese Herausforderung. Die Bayerische Forschungsstiftung fördert das Projekt mit zwei Millionen Euro.

Dieser Trend zeichnet sich schon heute ab: Das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Deutschland steigt, immer mehr Menschen werden immer älter - und das wird sich auch in den kommenden Jahrzehnten so fortsetzen. Damit kommen auf die Gesellschaft große Herausforderungen zu: "Im Zuge der Alterung unserer Gesellschaft nehmen neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch Muskelschwund und Osteoporose zu. Unabhängigkeit und Selbstversorgung werden dadurch gefährdet und die Pflegesysteme vermehrt belastet", sagt Professor Franz Jakob. Der Mediziner leitet das Orthopädische Zentrum für Muskuloskelettale Forschung der Uni Würzburg in der Orthopädischen Klinik im König-Ludwig-Haus. Er steht auch an der Spitze des neuen Verbundprojekts "Muskelschwund und Osteoporose - Folgen eingeschränkter Regeneration im Alter" FORMOsA.

Der Forschungsverbund

"Die Probleme der alters-assoziierten Gebrechlichkeit bewältigen": Diese Aufgabe hat sich der Forschungsverbund zum Ziel gesetzt. Denn "Früherkennung, Vorbeugung und aktive multimodale Intervention können diese Entwicklung auffangen und gleichzeitig Lebensqualität verbessern und die Solidarsysteme entlasten", sagt Jakob. Die Bayerische Forschungsstiftung unterstützt das Projekt mit zwei Millionen Euro. Daran beteiligt sind die Ludwig-Maximilians-Universität in München, die Universität Erlangen-Nürnberg und die Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Darüber hinaus arbeiten die Wissenschaftler eng mit der Industrie zusammen, die ebenfalls Investitionen im Wert von zwei Millionen Euro zu dem Projekt beisteuert. Etwa zwei Millionen Euro des Gesamtvolumens gehen nach Würzburg, die beteiligten Wissenschaftler sind im Muskuloskelettalen Centrum Würzburg organisiert.

Der Alters-assoziierte Muskelschwund, in der Fachsprache Sarkopenie genannt, ist kein seltenes Phänomen: Mehr als 20 Prozent aller gesunden unabhängigen Menschen zwischen 65 und 92 weisen Merkmale dieser Krankheit auf; mehr als 80 Prozent aller Menschen über 80, die in Heimen leben, sind daran erkrankt. Weltweit sind mehr als 50 Millionen Menschen betroffen.

Muskelschwund im Alter

Die typischen Merkmale dieser Krankheit sind prinzipiell leicht zu erkennen, es fehlen aber Standards für die klinische und apparative medizinische Diagnostik: "Schon im erwerbsfähigen Alter kann es zu eingeschränkter Leistungsfähigkeit und Produktivität kommen. Im fortgeschrittenen Lebensalter drohen mit zunehmender Gebrechlichkeit die Einschränkung der Selbständigkeit und ein Anstieg der Pflegebedürftigkeit", erklärt Jakob.

Für die gesamte Bundesrepublik, und natürlich auch für Bayern, stelle sich deshalb die dringende Frage an die Gesundheits- und Solidarsysteme, wie sie diese Anforderungen bewältigen wollen. Für den Mediziner ist die Antwort klar: "Das Ziel heißt Verbesserung der Lebensqualität und der Selbständigkeit im Alter unter gleichzeitiger Entlastung der finanziellen Aufwendungen für Unterstützung und Pflege."

Viele Faktoren können daran beteiligt sein, wenn Menschen im Alter Muskelschwund entwickeln: Vererbung, mangelnde Bewegung und Begleiterkrankungen sind dafür verantwortlich. Verschärfend kommt hinzu, dass diese Faktoren gleichzeitig auch die Entstehung anderer Erkrankungen der Muskulatur und des Skelettsystems fördern, wie beispielsweise die Osteoporose.

Ein Bündel von Aufgaben

Die an dem Forschungsverbund beteiligten Institutionen wollen das Problem von vielen Seiten aus angreifen: Zum einen werden sie Standards sowohl zur diagnostischen Erfassung der Sarkopenie als auch zur Evaluation des Erfolgs therapeutischer Maßnahmen erarbeiten. Zum anderen ist es ihr Ziel, Techniken und Ernährungskonzepte zur Therapie der Sarkopenie zu entwickeln. Außerdem werden sie untersuchen, wie gut spezielle Wirkstoffe gegen die Krankheit wirken.

Am Ende dieser Arbeit sollen die Voraussetzungen für "vermarktungs- und patentfähige Hochleistungsprodukte" stehen. Denn das ist auch ein Ziel der Bayerischen Forschungsstiftung: Die Projekte, die sie finanziell unterstützt, sollen Bayern im internationalen Wettbewerb um neue Technologien stärken und zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen. Die enge Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft ist deshalb fester Bestandteil solcher Forschungsverbünde.

Wirtschaft und Wissenschaft vereint

Interdisziplinäre Anstrengungen in Forschung und Versorgung sind nötig, um die Probleme der alters-assoziierten Gebrechlichkeit zu lösen. Deshalb sind in dem Forschungsverbund viele Disziplinen vertreten, von der Orthopädie über die Geriatrie bis zur Nuklearmedizin - um nur ein paar Beispiele von der Seite der klinischen Disziplinen zu nennen. Mit im Boot sind aber auch Fachgebiete wie die Regenerative Medizin, Materialwissenschaften und die Pharmazie.

Zusätzliche Kompetenzen bringen die Partner aus der Industrie ein, beispielsweise in der Herstellung von Diagnostika, Wirkstoffen und Medizingeräten für Diagnostik und Therapie.

Franz Jakob ist deshalb überzeugt: "Durch die Vernetzung bayerischer Kompetenzzentren mit den Partnern aus der Industrie entsteht ein Forschungs-Netzwerk mit herausragendem wissenschaftlichem und wirtschaftlichem Potential für eine Führungsrolle in der Bewältigung gesellschaftsrelevanter Gesundheitsprobleme der Zukunft."

Kontakt
Prof. Dr. Franz Jakob
f-jakob.klh@uni-wuerzburg.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.formosa.uni-wuerzburg.de/
(Zur Homepage des Forschungsverbunds)
http://www.mcw.medizin.uni-wuerzburg.de/
(Zur Homepage des Muskuloskelettalen Centrums Würzburg)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution99

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Robert Emmerich, 18.12.2012

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Dezember 2012