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UMWELT/767: Allergien - Abgase verstärken Aggressivität von Ambrosia-Pollen (idw)


Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - 17.08.2015

Allergien: Abgase verstärken Aggressivität von Ambrosia-Pollen


Neuherberg, 17. August 2015. Pollen des Beifußblättrigen Traubenkrauts (Ambrosia artemisiifolia) weisen gesteigerte Allergenmengen auf, wenn die Pflanze Stickstoffdioxid-haltigen Abgasen ausgesetzt wird. Das fanden Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München heraus. Zudem liefert die in der Fachzeitschrift "Plant, Cell & Environment" veröffentlichte Studie Hinweise auf ein mögliches neues Allergen der Pflanze.

Zusammen mit der Abteilung für Proteinanalytik und dem Lehrstuhl für Umweltmedizin der TU München sowie dem Forschungsverbund UNIKA-T und dem Christine Kühne - Center for Allergy Research and Education aus der Schweiz untersuchten Forscher des Instituts für Biochemische Pflanzenpathologie (BIOP), wie sich Stickoxide auf die Pollen der Pflanze auswirken. Konkret begasten sie die Pflanzen mit verschiedenen Mengen von NO2, was beispielsweise bei der Verbrennung von Treibstoff entsteht. "Unsere Daten zeigten, dass der durch NO2 verursachte Stress auf die Pflanze die Protein-Zusammensetzung der Pollen verändert", so Erstautor Dr. Feng Zhao. "Verschiedene Formen des bekannten Allergens Amb a 1 waren deutlich erhöht." Zudem beobachteten die Wissenschaftler, dass die Pollen von NO2 behandelten Pflanzen deutlich stärker an spezifische IgE-Antikörper* von Ambrosia-Allergikern banden. Dies ist oft der Beginn einer allergischen Reaktion beim Menschen.

Bisher unbekanntes Allergen bei Ambrosia

Und noch etwas fiel bei den Pollen begaster Pflanzen auf: Bei ihren Untersuchungen entdeckten die Pflanzenforscher ein Protein, was speziell bei erhöhten NO2-Werten auftrat. Dieses war bis dato als Ambrosia Allergen unbekannt und habe starke Ähnlichkeit mit einem Protein aus Gummibäumen, schreiben die Wissenschaftler. Dort sei es zuvor als Allergen beschrieben worden, und auch in Schimmelpilzen und weiteren Pflanzen sei diese Wirkung bekannt. Weitere Experimente dazu sind derzeit in Planung.

Stress macht Pollen aggressiv

"Letztlich ist damit zu rechnen, dass die ohnehin schon aggressiven Ambrosia Pollen durch die Luftverschmutzung in Zukunft noch allergener werden" fasst Studienleiterin Dr. Ulrike Frank die Ergebnisse zusammen. Sie und ihr Team vom BIOP forschen schon seit längerem an der Pflanze, die vor Jahren vermutlich über Vogelfutter nach Europa kam und sich dort nun auch bedingt durch den Klimawandel stark ausbreitet. Ihre Pollen sind sehr aggressiv und bilden in Amerika bereits jetzt die Hauptursache für Heuschnupfen und Allergien. Da Ambrosia erst im Spätsommer blüht, verlängert sie zudem die "Saison" für Allergiker. "Nachdem bereits gezeigt wurde, dass an Autobahnen wachsende Ambrosia deutlich allergener ist als ihre Verwandten abseits der Straße, konnten wir nun einen Grund dafür liefern", ordnet Ulrike Frank die Ergebnisse ein. "Da in der Natur und an Straßen hunderte Parameter eine Rolle spielen könnten, war die Lage bisher nicht eindeutig." Künftig wollen die Helmholtz-Wissenschaftler in Kooperation mit UNIKA-T und dem Christine Kühne - Center for Allergy Research and Education zeigen, dass die nur mit NO2-behandelten Pollen auch in vivo stärkere Reaktionen hervorrufen.


Weitere Informationen

Hintergrund:
* Als IgE (Immunglobulin E) bezeichnet man eine Klasse von Antikörpern, die als Hauptursache allergischer Reaktionen im Körper gelten. Bindet ein IgE Molekül an ein Allergen, kann es sogenannte Mastzellen dazu veranlassen, Histamin auszuschütten, was letztlich die allergische Reaktion auslöst. Die eigentliche Aufgabe von IgE-Antikörpern ist die Abwehr von Parasiten und Würmern.

Original-Publikation:
Zhao, F. et al. (2015). Common ragweed (Ambrosia artemisiifolia L.): Allergenicity and molecular characterisation of pollen after plant exposure to elevated NO2. Plant, Cell & Environment, DOI: 10.1111/pce.12601

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören. Das Helmholtz Zentrum München ist Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung e.V.

Der Schwerpunkt der Forschungsarbeit des Instituts für Biochemische Pflanzenpathologie (BIOP) liegt auf der Untersuchung molekularer Mechanismen, die Pflanzen nutzen, um sich an ihre Umgebung anzupassen. Dazu gehören genetische und biochemische Prozesse, die Wachstum, physiologischen Zustand und Abwehrmechanismen der Pflanzen steuern. Ziel der Forschung ist es, die Grundlagen und Mechanismen der Interaktion zwischen Pflanzen und ihrer Umwelt besser zu verstehen und nachhaltige Strategien für den Anbau und die Nutzung von Pflanzen zum Schutz der natürlichen Ressourcen zu entwickeln. BIOP gehört dem Department of Environmental Sciences an.


Fachlicher Ansprechpartner:
Dr. Ulrike Frank, Helmholtz Zentrum München -
Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Institut für biochemische Pflanzenpathologie
Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg
E-Mail: ulrike.frank@helmholtz-muenchen.de

Weitere Informationen finden Sie unter
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www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26177592
Link zur Fachpublikation

www.helmholtz-muenchen.de/aktuelles/pressemitteilungen/2015/index.html
Pressemitteilungen Helmholtz Zentrum München

www.helmholtz-muenchen.de/biop
Institut für Biochemische Pflanzenpathologie

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution44

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Helmholtz Zentrum München, 17.08.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. August 2015

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