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UMWELT/853: Ärzt*innen fordern bundesweites Geburten- und Fehlbildungsregister (IPPNW)


IPPNW - Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges
Pressemitteilung vom 6. November 2019

Ärzt*innen fordern bundesweites Geburten- und Fehlbildungsregister


06.11.2019 Die deutsche IPPNW (Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung) schließt sich den Forderungen der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie und des BUND an, ein bundesweites Register für Geburten und Fehlbildungen bei einzurichten. Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Erhebung von Fehlbildungen bei Neugeborenen und induzierten Aborten notwendig, um valide Aussagen zu der relativen Häufigkeit von Fehlbildungen, Trends und räumlich-zeitlichen Häufungen (Cluster) machen zu können. Neben der Identifizierung von Clustern und Trends könnte man in einem zweiten Schritt zeitnah Risikofaktoranalysen durchführen.

Zwar gab es in Deutschland seit dem Contergan-Skandal der 1960'er Jahre keine vergleichbare Häufung konnataler Fehlbildungen, aber ohne ein populationsbezogenes Register bleiben möglicherweise präventable Ursachen unter Umständen unerkannt. Nicht in allen Fällen werden Ursachen zu finden sein, aber gerade bei statistischen Häufungen kann die frühzeitige Erkennung helfen, potentiell schädliche Faktoren rechtzeitig anzugehen.

Bei der Beurteilung der gesundheitlichen Risiken durch Schadstoffe und schädliche Expositionen stehen ausschließlich epidemiologische Verfahren zur Verfügung, da klinische Studien am Menschen nicht möglich sind. Aktive, populationsbezogene Geburtenregister sind notwendige und valide Instrumente zur Identifizierung und Verifizierung unvorhersehbarer teratogener Effekte, z. B. von Umweltschadstoffen und Medikamenten.

Das Geburtenregister Mainzer Modell (MaMo) an der Universitätsmedizin Mainz erfasst seit 1990 wichtige Daten zu Fehlbildungen und möglichen Ursachen und dokumentiert darüber hinaus auch vergleichbare Daten zu nicht-fehlgebildeten Neugeborenen, die als interne Kontrollgruppe zur Verfügung stehen. Dieses Register sollte daher unbedingt weitergeführt und weitere Geburtenregister nach dem Mainzer Modell in Deutschland etabliert werden.

Kinderarzt und IPPNW-Co-Vorsitzender Dr. med. Alex Rosen dazu: "In Anlehnung an das Mainzer Register für kindliche Krebserkrankungen fordern wir die Etablierung eines bundesweiten Geburten- und Fehlbildungsregisters, denn nur so lassen sich Trends und Cluster zuverlässig erkennen. Nur durch epidemiologische Untersuchungen auf der Basis von Registerdaten konnte man beispielsweise die signifikante Häufung von Kinderleukämien rund um deutsche Atomkraftwerke nachweisen und dadurch ein weiteres, gewichtiges Argument für den schnellstmöglichen Atomausstieg etablieren. Wer weiß, welche weiteren Zusammenhänge sich durch ein Fehlbildungsregister darstellen ließen."

Die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie finden Sie unter
www.dgepi.de/de/aktuelles/article/stellungnahme-geburten-und-fehlbildungsregister/86

Die Stellungnahme des BUND können Sie hier herunterladen
www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/bund-fehlbildungen-bei-neugeborenen-erfordern-bundesweite-erfassung-nach-muster-des-mainzer-modells/

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Die IPPNW ist eine berufsbezogene, friedenspolitische Organisation, die 1981 von einer Gruppe von Ärzten aus den USA und Russland gegründet wurde. Ihre Überzeugung:
Als Arzt hat man eine besondere Verpflichtung zu sozialer Verantwortung. Daraus entstand eine weltweite Bewegung, die 1984 den UNESCO-Friedenspreis und 1985 den Friedensnobelpreis erhielt. Heute setzen sich Mediziner und Medizinerinnen der IPPNW in über 60 Ländern auf allen fünf Kontinenten für eine friedliche, atomtechnologiefreie und menschenwürdige Welt ein.

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Quelle:
IPPNW - Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges
Pressemitteilung vom 6. November 2019
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Angelika Wilmen, Pressesprecherin
Telefon: 030-69 80 74-0, Fax: 030-69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2019

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