Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → FAKTEN


VORSORGE/710: Das Impfdilemma (ALfA LebensForum)


ALfA LebensForum Nr. 113 - 1. Quartal 2015
Zeitschrift der Aktion Lebensrecht für Alle e.V. (ALfA)

Das Impfdilemma

Von Alexandra Maria Linder M.A.


In Deutschland geht die Angst vor einer Masernepidemie um. Nicht völlig zu Unrecht. Denn eine Infektion mit dem Virus kann tödlich enden. Sachliche Aufklärung, fern jeder Hysterie, die bei Teilen der Befürworter wie der Gegner des Impfens gleichermaßen angetroffen werden kann, tut daher not. Was allerdings kaum einmal thematisiert wird: Für die Herstellung vieler Impfstoffe werden Zellen abgetriebener Kinder verwendet.

*

"Deutschland sucht den Impfpass" - in dieser Kampagne suchen erwachsene Menschen ihren Impfpass tanzend unter Müslischalen und in Waschmaschinen. Anlass für die von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung initiierte Aktion ist ein schwerer Masernausbruch in Berlin, der seit Oktober 2014 anhält. Eines der Auslösezentren waren Asylbewerberunterkünfte, wo Menschen aus Bosnien, Herzegowina und Serbien untergekommen waren. In diesen Ländern hatte es im Februar 2014 einen massiven Anstieg der Masernerkrankungen gegeben. Derzeit (Stand Mitte März 2015) hat das Robert Koch-Institut in ganz Deutschland 1.043 Masernfälle seit Jahresbeginn registriert, die meisten davon in Berlin (839 Erkrankte), weitere Erkrankungen gab es vor allem in Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Für die Stadt Berlin bedeutet diese Entwicklung den größten Masernausbruch seit 2001 (6.139 Fälle), als das Infektionsschutzgesetz eingeführt wurde. Solche Wellen von Masernerkrankungen sind nicht neu, ähnliche Ausbrüche gab es außer 2001 auch 2002 (4.564 Fälle), 2006 (2.308 Fälle), 2011 (1.608 Fälle) und 2013 (1.769 Fälle), meistens regional begrenzt.

Eigentlich wollte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Masernvirus, das eines der ansteckendsten Infektionskrankheiten überhaupt verursacht, vollständig ausrotten; als Ziel hatte sich die Weltgemeinschaft das Jahr 2020 gesetzt. Tatsächlich war es gelungen, die weltweiten Masernerkrankungsraten zwischen 2000 und 2013 um 75 Prozent zu senken. Impfkampagnen konzentrieren sich hier vor allem auf Kinder in den so genannten Entwicklungsländern, in denen die Krankheit zur hohen Kindersterblichkeit beiträgt. Im Jahr 2013 starben laut Angabe der WHO weltweit 146.000 Kinder an Masern, statistisch gesehen verläuft einer von 1.000 Krankheitsfällen tödlich.

"Laut der WHO starben 2013 146.000 Kinder an Masern."

Das Gefährliche an dieser Krankheit ist, dass es neben der eigentlichen Erkrankung Folgewirkungen geben kann, die trotz guten Krankheitsverlaufs in späteren Jahren möglicherweise tödlich enden. Die Masernviren können sich beispielsweise im Gehirn festsetzen und eine SSPE (Subakute Sklerosierende Panenzephalitis) auslösen: Die Viren beginnen, die Nervenzellen zu schädigen, bis das Gehirn nicht mehr funktionsfähig ist.

Aufgrund dieser Tatsachen gehören die Masern zu den meldepflichtigen Krankheiten, ebenso wie HIV, Malaria, Tuberkulose oder Keuchhusten. Vergleicht man die Masernfälle mit den gleichzeitig auftretenden Influenza (Grippe)-Raten, ist Panik eigentlich nicht angebracht. Denn allein in den ersten sieben Wochen des Jahres 2015 wurden 21.676 Fälle von Influenza, gleichfalls sehr ansteckend und ebenfalls manchmal tödlich verlaufend, gemeldet. Da die Influenza aber in jedem Jahr in den Wintermonaten gehäuft auftritt, wird dies nicht als ungewöhnlich angesehen. Ebenfalls relativ hoch sind die gemeldeten Fälle von Keuchhusten (1.501 Fälle allein in den ersten sieben Wochen des Jahres 2015), Tuberkulose (575 Erkrankungen im selben Zeitraum) oder dem Norovirus (24.062 Erkrankungen), abgesehen von sexuell übertragbaren Krankheiten wie Syphilis (2014 insgesamt 5.722) oder HIV (3.525).

"Für Eltern ist es schwierig die richtige Entscheidung zu treffen."

Die Empfehlungen zur Eindämmung der weiteren Verbreitung reichen von den genannten Impfpasssuchkampagnen über eindringliche Ratschläge bis hin zu Schul- und Kindergartenverboten für nicht geimpfte Kinder und der Einführung einer Impfpflicht. Der tragische Todesfall eines Kleinkindes, das sich in Berlin-Reinickendorf in einer Kindertagesstätte angesteckt hatte, heizt die Diskussion zusätzlich an. Denn wäre dieses Kind gegen Masern geimpft gewesen, würde es noch leben. Eine hier zu stellende Frage wird wohlweislich nicht gestellt: Würde das Kind noch leben, wenn es mit eineinhalb Jahren statt in einer Kita zu Hause gewesen wäre, was medizinische Fachleute für Kinder in diesem Alter wegen des nicht ausgereiften Immunsystems zum Teil schon empfehlen?

Darf man eine Impfpflicht verhängen? Unterminiert man nicht damit das Elternrecht? Viele Eltern sind gegenüber dem Impfen vorsichtig geworden. Es mehren sich Stimmen, die vor schweren Nebenwirkungen bis hin zu autistischen Erkrankungen warnen, welche möglicherweise durch Impfungen, vor allem die starken Mehrfachimpfungen (gegen fünf Krankheiten gleichzeitig), ausgelöst werden könnten. Von Impfbefürwortern zum Teil als Spinner oder Ideologen abgetan, findet man bei Recherchen bedenkenswerte Krankheitsfälle und wissenschaftliche Hinweise, die ernst zu nehmen und zu erforschen angebracht wäre. Manche Eltern aus der Generation der 60er Jahre, die selbst alle möglichen Kinderkrankheiten unbeschadet überstanden haben, halten einige Impfungen für übertrieben und möchten ihre Kinder in dieser Beziehung natürlich aufwachsen lassen. Bei manchen Kinderkrankheiten ist es jedoch schwer, sie überhaupt zu bekommen, weil es bei Kindern inzwischen eine so genannte Durchimpfungsrate von über 90 Prozent gibt, unter anderem gegen Mumps und Röteln.

Eine weitere Frage lautet: Muss ich gegen alle möglichen Erkrankungen impfen? Für Eltern ist es schwierig, die richtige Entscheidung zu treffen. Während die Impfbereitschaft bei Kinderlähmung (Polio), Röteln oder Tetanus sehr hoch ist, ist das Für und Wider im Falle von Windpocken schwerer zu bewerten. Bei Kindern verlaufen die Windpocken in der Regel relativ harmlos, bei Erwachsenen dagegen gibt es Fälle von Hirnhaut- oder Lungenentzündungen, besonders gefährlich, wenn auch selten, ist die Krankheit bei Schwangeren. Daraus ergibt sich, wenn man die Impfungen bei Kindern nicht durchführen lässt, also ein Folgeproblem: Hatte man als Kind keine Windpocken und wurde später nicht dagegen geimpft, ist eine Erkrankung im Erwachsenenalter möglich, die dann eben weit schwerer verlaufen kann als im Kindesalter.

Eine weitere Frage, die in keiner Impfkampagne, in keiner Zeitung, keiner Fachzeitschrift und keinem anderen Medium während der letzten Monate gestellt wurde, lautet: Welche ethischen Gründe könnten jemanden dazu bewegen, impfkritisch zu sein? Man muss bei diesem Thema Ärzten und Apothekern zugutehalten, dass sie es nicht wissen, weil man von selbst nicht darauf kommt und sich das meistens auch nicht vorstellen kann. Tatsache ist aber, dass sehr viele Impfstoffe mit Hilfe von Zelllinien abgetriebener Kinder hergestellt wurden und werden. Das wurde eine Zeit lang ebenfalls als Spinnerei von Lebensrechtlern abgetan, lässt sich aber, im Gegensatz zu anderen Dingen, relativ leicht und schlüssig nachweisen.

"Die Verwendung fötaler Zelllinien wird verschwiegen."

In den Packungsbeilagen der Impfstoffe muss angegeben werden, auf welchem Medium das Virus vermehrt worden ist - um einen Impfstoff gegen ein Virus herzustellen, ist die gängige Methode, dieses Virus zunächst zu vermehren und danach für die Herstellung abzuschwächen oder zum Beispiel nur einzelne Bestandteile davon zu verwenden. Viren vermehren sich nur auf lebendem Gewebe, im Gegensatz zu Bakterien, die auf Nährlösungen wachsen können. Die Angabe ist zum Beispiel notwendig, weil bisherige Grippeimpfstoffe mit bebrüteten Hühnereiern hergestellt werden. Da minimale Reste des Gewebes, in diesem Fall des Hühnerembryos, nicht vollständig entfernt werden können, besteht in geringem Maße eine Reaktionsmöglichkeit bei Menschen, die gegen Hühnereiweiß allergisch sind. Neben Hühnerembryonen können Zellen von Affen, Hamstern oder Hunden verwendet werden, was seit Jahren ebenso wie zum Beispiel bei kosmetischen Tests die Tierschützer auf den Plan ruft. Dass die Alternative neben der ethischen Variante der Bierhefe in der Verwendung fötaler Zelllinien besteht, wird verschwiegen. Man spricht, zwar korrekt, aber nicht exakt, von "humanen" Zelllinien oder von "humanen diploiden Zellen".

Alle gängigen Zelllinien, die stetig weiter kultiviert werden, sind mit Kürzeln versehen und finden sich mit der entsprechenden Erklärung in Zellbanken, die sie verkaufen. Bei Impfstoffen sind dies vor allem drei Zelllinien: MRC-5, WI-38 und PER.C6. Hinter diesen Abkürzungen verbergen sich abgetriebene Kinder, deren sofort nach der Abtreibung entnommene Gewebe seitdem neben Forschungsarbeiten für die Massenproduktion von Impfstoffen verwendet werden. Eine der älteren Linien ist MRC-5 (Medical Research Council London, Lungenzellen eines im September 1966 abgetriebenen Jungen im Alter von 14 Wochen), nach Angaben der Verkaufsfirmen sind diese Zellen besonders geeignet für die Vermehrung von folgenden Viren: Varicella Zoster (Erreger von Windpocken und Gürtelrose), Herpes simplex, Polio und Adenoviren. Die andere ältere Linie, WI-38, stammt von einem in den 60er Jahren im 3. Monat abgetriebenen Mädchen, wird besonders für Polio oder Herpes empfohlen und zum Beispiel bei dem Unternehmen ATCC für 575 Dollar pro gefrorener Portion verkauft. Die meisten in Deutschland zugelassenen Virus-Impfstoffe werden mit einer dieser beiden Linien hergestellt.

Man könnte sich darauf zurückziehen zu sagen, diese Impfstoffe sind bewährt, es gibt sie schon lange und es war jeweils nur ein Kind. Bei einigen Krankheiten (Polio, Hepatitis B) gibt es auch ethische Alternativen. In Deutschland findet sich jedoch keine Masern-Mumps-Röteln-Kombinationsimpfung ohne fötalen Zellhintergrund, bei Windpocken ist das weltweit der Fall. Würde das genannte Argument weiterhin dafür genutzt, keine weitere Forschung und Produktion in dieser Hinsicht zu betreiben und nach für Tierschützer wie für Lebensrechtler verträglichen Alternativen zu suchen, könnte man vielleicht damit leben.

"In menschlichen Zellen vermehren sich Viren besonders schnell."

Die aktuelle Situation zeigt ein anderes Bild, was zu der neuesten Linie PER. C6 führt: Diese Linie wurde von Dr. van der Eb unmittelbar nach der Abtreibung des betreffenden Kindes isoliert. Der Forscher erklärte in einem Vortrag vor der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA, dass es sich um ein vollständig gesundes Kind gehandelt habe, eine unabdingbare Voraussetzung für die Nutzung. Aus dessen Zellen hat sich eine komplette Technologie entwickelt, die von der niederländischen Firma Crucell seit Jahren erfolgreich betrieben und vermarktet wird. Die Zukunft legen diese Firmen also gerade und verstärkt in die Nutzung der Kinderzellen, was angesichts der Vorteile dieser Methode auf der Hand liegt: In menschlichen Zellen vermehren sich Viren besonders gerne und schnell, außerdem ist die Gefahr von allergischen Reaktionen seitens der geimpften Personen gering bis gleich null. Diese Technologie ist mittlerweile so weit ausgereift, dass viele Pharmakonzerne sie in Lizenz kaufen, um damit neue Impfstoffe herzustellen, darunter Mehrfachimpfstoffe für Kinder, Impfstoffe gegen Hepatitis A und B, gegen Influenza oder Kinderlähmung Möglichst bald soll es auch wirksame Impfungen gegen HIV oder Ebola geben (hier wird der Impfstoff gerade produziert, um ihn für klinische Studien zur Verfügung zu stellen), ebenfalls mit der PER.C6-Linie, außerdem steigt der Markt für monoklonale Antikörper, basierend auf dieser Technologie, ebenfalls stetig. Die Firma wirbt mit "aluminiumfreien" Impfstoffen und Massenimpfungen in den Entwicklungsländern, zurzeit ist sie Hauptlieferant einer Fünffachimpfung für UNICEF. Im Jahr 2013 wurden nach eigenen Angaben über 111 Millionen Impfdosen in mehr als 60 Staaten verkauft. Im Oktober 2014 änderte das Unternehmen seinen Namen: Die Firma Janssen gehört jetzt zu Johnson & Johnson, der unter anderem Penaten und Carefree produziert.

Die gewinnbringende Hoffnung einiger pharmakologischer Bereiche liegt besonders in der Nutzung von Geweben abgetriebener Kinder. Für viele Menschen verstärkt dies das Impfdilemma. Die Empfehlung der Päpstlichen Akademie für das Leben (die einzige kirchliche Institution, die sich damit beschäftigt hat) lautet: Man kann impfen, wenn es keine Alternativen gibt, muss sich aber gleichzeitig dazu verpflichten, bei Aufklärung und Veränderung der Situation mitzuwirken.

Ein Dilemma kann nicht gelöst werden. Insgesamt betrachtet, ist eine totale Impfverweigerung ebenso wenig zu empfehlen wie die widerstandslose Hinnahme der Tatsachen.


IM PORTRAIT
Die Autorin Alexandra Maria Linder M.A., Jahrgang 1966, hat Romanistik und Ägyptologie studiert und sich als Übersetzerin und Lektorin selbständig gemacht. Die 1. Stellvertretende Bundesvorsitzende der ALfA e.V. hat 2009 das Sachbuch "Geschäft Abtreibung" veröffentlicht, das auch das Impfthema behandelt. Sie lebt mit ihrem Ehemann und drei Kindern im Sauerland.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

"Deutschland sucht den Impfpass! - Ein Motiv der bundesweiten Impf-Kampagne der BZgA

*

Quelle:
LEBENSFORUM Ausgabe Nr. 113, 1. Quartal 2015, S. 24 - 26
Zeitschrift der Aktion Lebensrecht für Alle e.V. (ALfA)
Herausgeber: Aktion Lebensrecht für Alle e.V.
Bundesvorsitzende Dr. med. Claudia Kaminsky (V.i.S.d.P.)
Verlag: Ottmarsgäßchen 8, 86152 Augsburg
Tel: 0821/51 20 31, Fax: 0821/15 64 07
E-Mail: info@alfa-ev.de
Internet: www.alfa-ev.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang