Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → FAKTEN


THERAPIE/153: Forschung - Immuntherapie in die Anwendung bringen (idw)


Universität Konstanz - 27.04.2016

Immuntherapie in die Anwendung bringen

Konstanzer Biologen testen im Rahmen des EU-Projekts "PRECIOUS" Voraussetzungen für neue Immuntherapie gegen Prostata-Krebs


Die Immuntherapie zählt zu den aussichtsreichsten Ansätzen der Krebsbekämpfung. Das Wissenschaftsmagazin Science kürte die Methode, in der das körpereigene Immunsystem gegen Krebszellen eingesetzt wird, 2013 zum wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres ("Breakthrough of the Year"). Mit rund 8,3 Millionen Euro fördert nun die Europäische Kommission ein europaweites Forschungsprojekt unter Beteiligung der Universität Konstanz und des Biotechnologie Instituts Thurgau (BITg) an der Universität Konstanz, um neue nanomedizinische Ansätze der Immuntherapie in die Anwendung zu bringen. Im Verbundforschungsprojekt "PRECIOUS" ("Scaling-up Immunomodulating Nanomedicines for Multimodal Precision Cancer Immunotherapy") testen zehn europäische Einrichtungen das klinische Potenzial von biologisch abbaubaren Mikrosphären für die Immuntherapie gegen Krebs. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Marcus Groettrup, Professor für Immunologie an der Universität Konstanz, wird in diesem Rahmen mit 850.000 Euro gefördert, um die Voraussetzungen einer Immuntherapie gegen Prostata-Krebs auf Basis der Mikrosphären zu prüfen. Anschließend ist eine sogenannte "Phase-1-Studie" in Zusammenarbeit mit der Klinik für Urologie, Chefarzt PD Dr. Niko Zantl, am Klinikum Konstanz geplant.

Das körpereigene Immunsystem kann Krebszellen häufig nicht von gesunden Körperzellen unterscheiden und bekämpft sie folglich nicht effektiv. Ziel der Immuntherapie ist, immunstimulierende Zellen mit Merkmalen - sogenannten Antigenen - zu versehen, anhand derer das Immunsystem Krebszellen erkennen kann und in der Folge eine Immunreaktion gegen den Krebs ausführt. Das Immunsystem wird also dazu stimuliert, Krebszellen zu erkennen und zu bekämpfen. "Unser Labor hat seit 17 Jahren Pionierarbeit auf diesem Gebiet geleistet. Als eine der ersten Arbeitsgruppen weltweit verfolgten wir das Konzept, biologisch abbaubare Mikrosphären für die Aktivierung von T-Zellen zu nutzen und damit eine Immunantwort des Körpers gegen Krebszellen einzuleiten", erläutert Marcus Groettrup. Diese Mikrosphären bestehen aus Milchsäure und Glycolsäure und können als Träger von Antigenen eingesetzt werden. In wässrigem Gewebe lösen sie sich auf und geben die Krebs-Antigene im Körper frei.

In ihren Vorarbeiten konnten Marcus Groettrup und seine Mitarbeiterin Dr. Valerie Herrmann anhand von Labormodellen bereits die prinzipielle Wirksamkeit der Methode gegen Prostata-Krebszellen beweisen. Im Projekt "PRECIOUS" geht es für die Konstanzer Immunologinnen und Immunologen nun darum, den Schritt von den Labormodellen hin zur pharmazeutischen Anwendung vorzubereiten. In einer präklinischen Studie in Kooperation mit dem Darmstädter Pharmaunternehmen Evonik Nutrition & Care GmbH soll zunächst gezeigt werden, dass die Wirksamkeit der Methode unter den pharmazeutischen Produktionsrichtlinien der "Guten Herstellungspraxis" ("Good Manufactoring Practice", GMP) gewährleistet ist. Bei erfolgreichem Verlauf der Tests unter GMP-Bedingungen soll anschließend in Zusammenarbeit mit dem Klinikum Konstanz eine "Phase-1-Studie" durchgeführt werden, in der die Verträglichkeit der Immuntherapie mit einer zunächst kleinen Patientengruppe getestet wird. "Phase-1-Studien" sind der erste Prüfabschnitt der mehrgliedrigen Qualitätskontrolle für die Zulassung eines Medikaments. "Obwohl die Mikrosphärentechnologie von uns und anderen schon seit fast zwei Jahrzehnten erforscht wird, ist es bislang noch nie zu einem klinischen Test im Bereich der Immuntherapie gegen Krebs gekommen. Dafür stellt die Europäische Kommission nun unserem fünfjährigen EU-weiten Gesamtprojekt 8,3 Millionen Euro zur Verfügung. Fördermittel für solche präklinischen Phasen sind rar. Es ist uns daher eine Ehre, dass unser Projekt 'PRECIOUS' für die Förderung ausgewählt wurde", bedankt sich Marcus Groettrup.


Fachartikel zum Thema:

Mueller, M., Reichardt, W., Koerner, J. and Groettrup, M. (2012) Coencapsulation of tumor lysate and CpG-ODN in PLGA-microspheres enables successful immunotherapy of prostate carcinoma in TRAMP mice. J. Con. Rel., 162: 159-166.

Herrmann, V. L., Wieland, D. E., Legler, D. F., Wittmann, V., and Groettrup, M. (2016) The STEAP1262-270 peptide encapsulated into PLGA microspheres elicits strong cytotoxic T cell immunity in HLA-A*0201 transgenic mice - a new approach to immunotherapy against prostate carcinoma. Prostate 76: 456-68.

Kontakt:

Universität Konstanz
Kommunikation und Marketing
E-Mail: kum@uni-konstanz.de

Prof. Dr. Marcus Groettrup
Universität Konstanz
Fachbereich Biologie
Universitätsstraße 10
78464 Konstanz
E-Mail: Marcus.Groettrup@uni-konstanz.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1282

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Konstanz, Julia Wandt, 27.04.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang