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TRANSPLANTATION/478: Mehr Spenderlungen durch warme Konservierung (idw)


Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin / Kommunikation - 26.09.2012

DGT: Mehr Spenderlungen durch warme Konservierung



Karlsruhe - Heute überleben in Deutschland 83% der Menschen mit einer Spenderlunge das erste Jahr nach der Transplantation. Anfang der 1990er Jahre waren es noch 75%. Experten der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT) weisen jedoch darauf hin, dass nach wie vor zu wenig Spenderorgane verfügbar sind: Auf der Warteliste für eine Lunge stehen in Deutschland etwa 550 Patienten. Demgegenüber finden nur 300 Transplantationen pro Jahr statt. Ein neues Verteilungsverfahren und warme anstelle kalter Organkonservierung soll die Situation verbessern. Neueste Erkenntnisse zur Lungentransplantation diskutieren Experten auf der 21. Jahrestagung der DGT vom 27.-29. September 2012 in Karlsruhe.

Seit der ersten erfolgreichen Lungentransplantation 1983 in Toronto in Kanada verpflanzen Ärzte das Atemorgan immer häufiger. "Inzwischen hat sich das Verfahren für Patienten mit fortgeschrittenen Lungenerkrankungen gut etabliert", sagt im Vorfeld der DGT-Tagung Dr. med. Dirk Wagnetz, Oberarzt der Abteilung Thoraxchirurgie am Universitätsklinikum Freiburg. Der aufwendigen Operation unterziehen sich Menschen, die unheilbar krank sind: Sie leiden an einem Lungenemphysem, bei dem die Lungenbläschen überblähen und nicht mehr zum Gasaustausch fähig sind. Auch bei Lungenfibrose verlieren diese winzigen Alveolen ihre Funktion, da sie Bindegewebe einlagern und versteifen. Bei der angeborenen Mucoviszidose bildet sich in der Lunge zäher Schleim.

Der Organspendevorgang auf der Intensivstation gestalte sich bei der Lunge besonders schwierig, so die Experten der DGT: Nur jeder fünfte Organspender eigne sich überhaupt dafür, eine Lunge zu spenden. "Dementsprechend spielt die Organverteilung eine sehr wichtige Rolle", erläutert Dr. Wagnetz. Deshalb gilt seit Dezember 2011 auch in Deutschland ein neues Verteilungsverfahren, der sogenannte Lung Allocation Score (LAS). Danach bestimmt nicht allein die Wartezeit des Patienten, ob er das nächste verfügbare Organ bekommt. Stattdessen entscheiden Dringlichkeit und Erfolgsaussichten über die Vergabe. Denn sehr schwer und unheilbar erkrankte Patienten haben auch mit einer neuen Lunge möglicherweise geringe Überlebenschancen. Um mehr Lungen für die Transplantation nutzbar zu machen, konservieren Transplantationsmediziner das Organ nach der Entnahme neuerdings körperwarm anstatt wie bislang eisgekühlt. Dadurch lässt sich dessen Qualität sicherer feststellen. Auf diese Weise kommen mehr Lungen für eine Transplantation in Frage. "Hier könnte es in Zukunft zu einem Paradigmenwechsel in der Organkonservierung kommen", meint Dr. Wagnetz.

Zwar sind die Erfolge von Lungentransplantationen in den letzten Jahren gestiegen: "Doch leider ist das Fünf-Jahres-Überleben mit etwa 54 Prozent unverändert geblieben", bedauert Wagnetz. Denn bei vielen Patienten stößt der Körper das fremde Organ ab. Dadurch verliert die Lunge über Jahre hinweg ihre Funktion. "Wir arbeiten intensiv daran, diesen Abstoßungsmechanismus zu verstehen", sagt Wagnetz. Je stärker sich die körpereigene Abwehr medikamentös hemmen ließe, desto länger bliebe die Spenderlunge erhalten.


Kontakt:
Pressestelle 21. Jahrestagung der DGT
Anna Julia Voormann/Corinna Spirgat
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
E-Mail: voormann@medizinkommunikation.org
spirgat@medizinkommunikation.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution76

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin - Kommunikation, 26.09.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2012