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AUSLAND/1662: Pakistan - Unnötige Injektionen, verseuchte Spritzen, 15 Millionen Hepatitis-Patienten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. März 2011

Pakistan: Unnötige Injektionen, verseuchte Spritzen - 15 Millionen Hepatitis-Patienten

Von Zofeen Ebrahim


Karatschi, 2. März (IPS) - In Pakistan sind nach amtlichen Schätzungen zwölf bis 15 Millionen der 180 Millionen Einwohner mit Hepatitis infiziert. Weltweit gibt es nirgendwo so viele Patienten mit chronischen Leberleiden wie Leberkrebs oder Leberzirrhose. Die meisten Hepatitisinfektionen werden durch unsterile Spritzen ausgelöst.

In Pakistan ist die medizinische Versorgung zu fast 80 Prozent Privatärzten überlassen, denen häufig Qualifikation und Zulassung fehlen. Für sie alle gilt, dass bei der Behandlung von Patienten mit Injektionen mehr zu verdienen ist als mit Pflastern und Pillen. Besonders arme, ungebildete Patienten werden häufig ahnungslose Opfer dieser einträglichen Praxis.

Auch die siebenfache Mutter Perween Riaz ist dankbar für die Injektion gegen Kopfschmerzen und Schwindel, die sie alle zwei Wochen im 'Ghazi Medical Centre' von einem Mann zweifelhafter Qualifikation erhält. "Wenn ich keine Spritze bekomme, geht es mir schlecht", berichtete die 45-Jährige aus der Shireen Jinnah Colony, einem Elendsviertel in Karatschi.


Die meisten Injektionen sind medizinisch überflüssig

"Alles weist darauf hin, dass bei 80 Prozent aller neuen Infektionen mit dem Hepatitis C-Virus riskante, unsaubere und unnötig verabreichte Injektionen im Spiel sind", stellte Aftab Moshsin fest. Der Mediziner leitet Pakistans Regierungsprogramm zur Kontrolle und Prävention von Hepatitis.

Der Epidemiologe Naveed Zafar Janjua, der in Kanadas Westprovinz Britisch Kolumbien (BC) am Zentrum für Krankheitskontrolle der Universität von BC arbeitet, bestätigte: "In Pakistan sind 90 Prozent der verordneten Injektionen überflüssig". Der Mediziner Arshad Altaf vom Netzwerk 'Safety Injection Global Network' (SGN) klagte: "Sieben von zehn Injektionen werden mit unsterilem Spritzbesteck verabreicht."

"Missbrauch und eine mehrmalige Verwendung von Injektionsnadeln und -kanülen sind nicht verboten, und es gibt auch keine gesetzliche Handhabe, Quacksalbern das Geschäft zu verderben", klagte Tania Rab, Kommunikationsberaterin des pakistanischen Regierungsprogramms zur Hepatitiskontrolle. "Immerhin sorgen unsere Kontrollen mit Erfolg dafür, dass in Krankenhäusern und Blutbanken Spritzen nicht mehrmals verwendet werden", berichtete sie und bedauerte: "Kurpfuscher haben wir nicht im Visier."

Erste gesetzliche Initiativen hat Pakistans Südostprovinz Sindh unternommen. Im Januar verabschiedete das Provinzparlament ein Gesetz, dass Herstellung, Verkauf und Verwendung von Injektionsspritzen auf Einwegmaterial beschränkt. Bei Verstößen drohen bis zu zwei Jahre Gefängnis, Geldbußen von umgerechnet bis zu 5.900 US-Dollar oder Beides. (Ende/IPS/mp/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2011