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AUSLAND/1946: Indien - Nuklearmedizin heilt, birgt jedoch auch Gefahren (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. März 2013

Indien: Nuklearmedizin heilt, doch birgt auch Gefahren

von Malini Shankar


Bild: © Malini Shankar/IPS

Ärzte in Schutzkleidung in einem Hospital in Bangalore
Bild: © Malini Shankar/IPS

Bangalore, Indien, 27. März (IPS) - In der indischen IT-Hochburg Bangalore arbeitet eine hochmoderne Klinik für Nuklearmagazin, die sich auf die Behandlung von Krebskranken spezialisiert hat. Hier können Mammographien, Computertomographien, Röntgenaufnahmen und Kobaltbestrahlungen durchgeführt und Tumore mit radioaktiven Strahlen und Chemotherapien behandelt werden.

Doch die zentrale Lage des Krankenhauses 'HealthCare Global' (HCG) birgt Risiken. So laufen die Gäste zweier benachbarter Restaurants und die Bewohner eines dichtbesiedelten Slums ganz in der Nähe Gefahr, Strahlendosen abzubekommen. Trotz aller Fortschritte in der Nuklearmedizin plädieren Experten in Indien für eine strengere Reglementierung und für schärfere Kontrollen des Sektors.

Die Internationale Atomenergiebehörde räumt ein, dass die Standards für Nuklearmedizin von Land zu Land unterschiedlich sind. Es ist also keine einfache Aufgabe, die jährliche Strahlungsmenge international verbindlich in Millisievert festzulegen.

In Indien wird das Problem dadurch verschärft, dass die Behörde zur Regulierung der Atomenergie (AERB), die alle nuklearen Einrichtungen im Lande überwachen soll, von der Abteilung für Atomenergie (DAE) finanziert wird, die wiederum von der AERB kontrolliert werden soll. Obwohl die DAE dem indischen Ministerpräsidenten untersteht, ist sie gegenüber dem Parlament nicht rechenschaftspflichtig.

Indische Wissenschaftler sorgen sich vor allem um die Folgen solcher Bestimmungen im Bereich der Nuklearmedizin. In den riesigen, ungeplant angelegten indischen Städten des Subkontinents sind Vorsichtsmaßnahmen angebracht. Die Zentren für Nuklearmedizin liegen oft in dicht bevölkerten Gebieten in der Nähe von Wohnvierteln, Schulen und Restaurants.


Warnung von katastrophalen Folgen für Mensch und Umwelt

"Fortgeschrittene Laboratorien und auf verschiedene Bereiche spezialisierte Hospitäler, die nuklearmedizinische Verfahren wie die Bestrahlung von Krebsgeschwülsten mit radioaktiven Isotopen anwenden, setzen allesamt Radioaktivität frei", warnt Udaya Kumar Maiya, Onkologe im Bangalore Hospital. Er fordert angemessene Sicherheitsprotokolle mit strengen Normen, um Schaden von den Patienten, der breiten Öffentlichkeit und der Umwelt abzuwenden. Leichtfertiges Handeln in dem Bereich könne "katastrophale" Folgen haben. Ein einziges Radioisotop sei im Stande, Millionen Menschen zu schädigen.

Wie Guru Shankat, Chefarzt am staatlichen 'Victoria Hospital' in Bangalore, erklärt, reicht es schon aus, wenn die Fortpflanzungsorgane eines Patienten bei Untersuchungen nicht vor den radioaktiven Strahlen geschützt würden. Dadurch könne die Funktionsweise von Eierstöcken oder Hoden nachhaltig gestört werden.

Radioaktivität ist vor allem dann gefährlich, wenn sie unkontrolliert austritt, insbesondere in städtischen Gebieten. "Das ungeplante Wachstum von Städten wie Bangalore könnte in die Katastrophe münden", warnt Maiya. "Deswegen spielt die AERB eine so wichtige Rolle."

Experten beanstanden den Mangel an wichtigen Sicherheitsvorkehrungen. So gibt es keine Ausfallstraßen, auf denen radioaktive Materialien abtransportiert werden können. Ebenso fehlen Anlaufstellen für Menschen, die bei einem Unfall evakuiert werden müssten. Auch haben Städteplaner nicht für Lagerstätten für nuklearmedizinische Abfälle gesorgt.


Regulierungsverfahren eine 'Farce'

In seinem kürzlich veröffentlichte Buch 'The Power of Promise' kritisiert der Mediziner M.V. Ramana, dass "die Effizienz der AERB durch die von der Atomenergiekommission (AEC) gewählte institutionelle Struktur eingeschränkt wird". Anstatt die Unabhängigkeit der AERB zu gewährleisten, sei sie gegenüber der AEC rechenschaftspflichtig.

Ramana bemängelte ferner die Tatsache, dass der DAE-Vorsitzende von Amts wegen der AEC vorsteht, die es der DAE erlaubt, den Regulierungsausschuss zu kontrollieren. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

https://rpop.iaea.org/RPOP/RPoP/Content/AdditionalResources/Standards/SafetyStandards.htm
http://www.penguinbooksindia.com/en/content/power-promise
http://www.ipsnews.net/2013/03/nuclear-medicine-heals-but-could-harm-too/

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IPS-Tagesdienst vom 27. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. März 2013