Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → GESUNDHEITSWESEN


ARTIKEL/1263: "Von konfessionellen Häusern dürfen Patienten mehr erwarten." (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2012

"Von konfessionellen Häusern dürfen Patienten mehr erwarten."

Interview von Horst Kreussler mit Stephan Schwarte


Im Interview mit Horst Kreussler sieht Stephan Schwarte von der in Schleswig-Holstein vertretenen KWA christliche Krankenhäuser für die Zukunft gerüstet.

In der gesundheitspolitischen Diskussion tauchen immer mal wieder Zweifel an der Zukunftsfähigkeit der traditionellen Krankenhäuser in christlicher Trägerschaft auf. Der langjährige Geschäftsführer der Katholischen Wohltätigkeitsanstalt (KWA) mit bundesweit sieben Krankenhäusern, Stephan Schwarte (Reinbek), erklärte im Interview, warum konfessionelle Häuser Chancen und Vorbildfunktion haben.


Frage: Herr Schwarte, die drei Krankenhaus-Trägerarten liegen bekanntlich nicht immer auf einer Linie. Was konnten Sie in Ihrer Zeit im Vorstand der KGSH insbesondere für "Ihren" Träger-Sektor erreichen?

Schwarte: Eine Krankenhausgesellschaft ist für alle Mitglieder da, sie muss notwendigerweise ausgleichend wirken. Es ist nicht leicht zu sagen, was für den einen oder anderen Bereich erreicht wurde, doch sehe ich, dass die konfessionellen Häuser insgesamt heute keineswegs schwächer sind als vor 20 Jahren. Also können wir hier jedenfalls von einer zufriedenstellenden Stabilisierung sprechen.

Frage: Auch Häuser der anderen Trägerarten setzen auf soziale, patientenorientierte und sogar religiöse Elemente wie Besuchsdienste, Andachtsräume oder Krankenhausgeistliche. Wodurch wollen sich die christlichen Häuser abheben?

Schwarte: Wenn die anderen es auch machen, gut - aber von uns erwarten die Patienten immer etwas mehr und dürfen dies auch erwarten. Für uns gilt der Auftrag Jesu Christi: "Heilt die Kranken!" Nach dem Verständnis der katholischen und evangelischen Krankenhäuser dürfen ökonomische Ziele nicht vor den medizinischen und menschlichen Zielen stehen.

Frage: Aber zeigen nicht Einblicke in die Niederungen des Alltags auch in konfessionellen Häusern, dass früher selbstverständliche Leistungen im ärztlichen und pflegerischen Bereich heute keineswegs selbstverständlich sind? Kann nicht sogar von einer generellen Niveauabsenkung gesprochen werden?

Schwarte: In der Tat machen auch uns die verschärften Rahmenbedingungen immer mehr zu schaffen. Wir haben es vielfach mit einer starken Arbeitsverdichtung zu tun, denkt man allein an die Halbierung der Verweildauer. Auch die Einstellung zur Arbeit im Krankenhaus, zu den Patienten, ist nicht bei allen neuen Mitarbeitern so ausgeprägt wie früher. Diesen Mitarbeitern müssen wir die grundlegende ethische Verpflichtung zum Helfen und Heilen noch deutlicher machen - hier liegt sicher auch für viele christliche Häuser eine Aufgabe, an der wir noch erheblich stärker zu arbeiten haben.

Frage: Es heißt, katholische Kliniken seien oft wirtschaftlich erfolgreicher, aber weniger ökumenisch kooperationsbereit als evangelische, z. B. im Hamburger Raum?

Schwarte: Vielleicht sind wir von unserem Ursprung und unserer Struktur her gut aufgestellt, tun uns aber aus unseren Traditionen (und eventuellen konfessionellen Aversionen) mitunter schwer mit Fusionen und Kooperationen und könnten eigentlich mehr Zusammenarbeit haben. Die neue Klinikmanager-Generation mit ihrer hohen fachlichen Kompetenz - bei teils noch ausbaufähiger Gelassenheit - mag hieran arbeiten.

Schlussfrage: Haben christliche Krankenhäuser also nicht nur eine beeindruckende Vergangenheit, sondern auch eine gute Zukunft?

Schwarte: Eindeutig ja! Sie werden wegen ihrer Patientenorientierung eher stärker gefragt sein als die privaten, naturgemäß primär renditeorientierten Häuser, während die kommunalen ohnehin schrumpfen. Es wird ein Markt da sein für Patienten, die mehr verlangen. Wir müssen allerdings diese Erwartungen auch erfüllen und vor allem unsere Mitarbeiter entsprechend aus- und fortbilden. Unsere Direktorien müssen sowohl ökonomische wie christliche Ziele vereinbaren. Dann werden wir unsere besondere Existenzberechtigung auch in Zukunft sichern.

Vielen Dank, Herr Schwarte, für das Gespräch!

Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 4/2012 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2012/201204/h12044a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

*

Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt April 2012
65. Jahrgang, Seite 15
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-119, -127, Fax: -188
E-Mail: aerzteblatt@aeksh.org
www.aeksh.de
www.arztfindex.de
www.aerzteblatt-sh.de
 
Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Mai 2012

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang