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FINANZEN/628: Dresdner Spitzenmedizin bedarf einer gesicherten Finanzierung (idw)


Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden - 25.10.2017

Dresdner Spitzenmedizin bedarf einer gesicherten Finanzierung


Die aus der Medizinischen Fakultät der TU Dresden und dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus bestehende Hochschulmedizin Dresden hat sich laut der am Montag (23. Oktober) veröffentlichten Stellungnahme des Wissenschaftsrats in den vergangenen 20 Jahren zu einem "konkurrenz- und leistungsfähigen universitätsmedizinischen Standort" entwickelt. Dabei ist es den beiden Institutionen gelungen, international sichtbare Profile in der medizinischen Forschung auszubilden, die aufgrund ihres translationalen Potenzials auch Chancen für wirtschaftliche Innovationen bieten. Damit diese Position nicht gefährdet wird, sind jedoch zusätzliche finanzielle Anstrengungen des Freistaats notwendig.

Diese vom Wissenschaftsrat in seiner Stellungnahme detailliert begründeten Forderungen bestätigen die von der TU Dresden und dem Universitätsklinikum bereits seit längerem vertretenden Positionen. Neben den Aussagen zu Forschung und Lehre enthält die Stellungnahme auch Positionen zur Krankenversorgung. Themen sind hier unter anderem eine auskömmliche Finanzierung von ambulanten spezialärztlichen Leistungen sowie von einer leistungsfähigen Infrastruktur und der Notwendigkeit, ein Sächsisches Transplantationszentrum mit Standorten in Dresden und Leipzig zu etablieren.

Die vom Wissenschaftsrat beauftragten Gutachter haben der Hochschulmedizin Dresden Bestnoten insbesondere für die Bereiche Forschung und Krankenversorgung vergeben. Dabei wurde auch die strategisch angelegte Entwicklung des Standorts positiv hervorgehoben. Die vor rund 20 Jahren von Fakultät und Klinikum gemeinsam angestoßene Fokussierung auf drei Forschungsschwerpunkte ist ein wesentliches Erfolgsmoment für die heute erreichte Position. Dabei hat die Hochschulmedizin die zur Verfügung stehenden Ressourcen hocheffizient eingesetzt. Doch diese Entwicklung stößt mittlerweile an Grenzen: "In den vergangenen Jahren haben wir angesichts knapper Ressourcen alle Synergien genutzt. Nun aber müssen wir feststellen 'Die Zitrone ist ausgequetscht'", sagt Prof. Michael Albrecht. Der Medizinische Vorstand des Dresdner Uniklinikums war in den '90er Jahren Dekan der Medizinischen Fakultät und so einer der Väter des Erfolgskurses. "Am Anfang fokussierte die Fakultät auf eine wegweisende Lehre und setzte bundesweit Maßstäbe. Doch der daran anschließende intensive Aufbau der Forschungsschwerpunkte verhinderte leider, die Top-Position in der Lehre zu halten. Dieses Manko, das auch der Wissenschaftsrat in seiner Stellungnahme beschreibt, ist Folge der nicht adäquat vom Freistaat finanzierten Forschung", sagt Prof. Klaus-Peter Günther, Prodekan für Strategie und Finanzen der Medizinischen Fakultät.

"Der Wissenschaftsrat bestätigt, dass die außergewöhnlich enge Zusammenarbeit von Universitätsklinikum, Medizinischer Fakultät und gesamter TU Dresden beispielhaft ist und Forschung auf internationalem Spitzenniveau ermöglicht. Damit ist diese Zusammenarbeit zugleich ein wesentlicher Baustein unseres Erfolges im Exzellenzwettbewerb. Um diese Leistungsfähigkeit zu erhalten, kann ich mich der Forderung des Wissenschaftsrats nach einer entsprechenden Finanzausstattung durch den Freistaat Sachsen nur anschließen", sagt Prof. Hans Müller-Steinhagen, Rektor der Technischen Universität Dresden und fährt fort: "Besonders hat mich gefreut, dass der Wissenschaftsrat auch die enge Zusammenarbeit mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Dresden ausdrücklich gelobt hat. Das zeigt einmal mehr, dass unser Wissenschaftsverbund DRESDEN-concept sich immer weiter etabliert und dazu beiträgt, das Dresden als Wissenschaftsstandort von internationalem Renommee wahrgenommen wird."

In der am 23. Oktober herausgegebenen Stellungnahme würdigt der Wissenschaftsrat die "beachtlichen Beiträge des Landes zur Entwicklung von zwei konkurrenz- und leistungsfähigen universitätsmedizinischen Standorten". Leipzig und Dresden hätten in der Forschung eine beeindruckende Entwicklung durchlaufen und national beziehungsweise international sichtbare Profile in der medizinischen Forschung ausgebildet, die aufgrund ihres translationalen Potenzials auch Chancen für wirtschaftliche Innovationen böten. Daran anschließend heißt es in der Stellungnahme "der Wissenschaftsrat kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass die finanzielle Ausstattung der Universitätsmedizin in Sachsen in den letzten Jahren mit der wissenschaftlichen Entwicklungsdynamik nicht Schritt gehalten hat und den gewachsenen Anforderungen der Standorte zunehmend nicht mehr gerecht wird." Denn: "Der Aufwuchs des Landeszuführungsbetrags für die Medizinischen Fakultäten in Sachsen ist trotz beachtlicher Steigerungen den realen Tarif- und Kostensteigerungen nicht gerecht geworden." Um die Finanzierung der Universitätsmedizin in Sachsen auf eine nachhaltige und planungssichere finanzielle Grundlage zu stellen, regt der Wissenschaftsrat an, die notwendige Erhöhung des Landeszuführungsbetrags auf Basis eines neuen Finanzierungsmodells vorzunehmen. Der Landeszuführungsbetrag sollte dabei zukünftig eine Grundausstattung für Lehre und Forschung sowie eine zusätzliche leistungsbasierte Ergänzungsausstattung umfassen, welche dem finanziellen Mehraufwand für die erfolgreiche Weiterentwicklung der Profilbildung in der Forschung gerecht werde. Insbesondere im Rahmen von Forschungskooperationen, zum Beispiel innerhalb der DZG-Partnerschaften der Universitätsmedizin Dresden, sowie von Drittmittel- und Verbundprojekten entstünden Zusatzkosten, die auf Dauer nicht durch die Grundausstattung oder durch Drittmitteloverheads gedeckt werden könnten, erklärt der Wissenschaftsrat.

 Benachteiligung bei der Vergütung ambulanter Leistungen beenden

In der Stellungnahme wird auch auf die Problematik der nicht auskömmlich finanzierten Krankenversorgung vor allem im ambulanten Bereich hingewiesen: Zu einer wirksamen Verbesserung der finanziellen Situation der Universitätsmedizin in Sachsen seien zudem zusätzliche Bemühungen zur Reduzierung der in den Hochschulambulanzen entstehenden erheblichen Defizite notwendig. Land und Bund sollen daher darauf achten, dass die neuen gesetzlichen Regelungen für die Vergütung hochschulambulanter Leistungen und die zu erwartenden positiven Finanzwirkungen für die Universitätsklinika auch umgesetzt würden. Zudem solle der Freistaat Sachsen sicherstellen, dass die Universitätsmedizin durch aktuelle Entwicklungen der Finanzierungsmodalitäten in der Krankenversorgung nicht benachteiligt werde. Dies beträfe beispielsweise die Finanzierung universitätsmedizinischer Zentren. Hier solle unbedingt darauf geachtet werden, dass alle Zentren, die einen besonderen Versorgungsauftrag erfüllten, entsprechend im Landeskrankenhausplan ausgewiesen sein müssen, um damit eine Grundlage für die Vereinbarungen mit den Kassen zu haben.

Zudem unterstützt der Wissenschaftsrat das Konzept des Universitätsklinikums Dresden für ein Sächsisches Transplantationszentrum mit den Standorten Dresden und Leipzig. Dieses Transplantationszentrum sei geeignet, eine bessere Koordination der klinischen und wissenschaftlichen Zusammenarbeit sowie der medizinischen Qualitätsstandards zu erreichen. Er empfiehlt dem Land daher, die Einrichtung und Finanzierung eines Sächsischen Transplantationszentrums als Obereinheit mit definierten Organtransplantationen an beiden Standorten zu prüfen.

 Erheblicher Investitionsstau und Forschungsflächendefizit festgestellt

In der Stellungnahme wird festgestellt, dass der Ende 2016 vom Freistaat mit beiden universitätsmedizinischen Standorten abgeschlossene Baurahmenvertrag nicht ausreichend ist, um einen grundlegenden Abbau des Investitionsstaus zu erreichen. Bei der Dresdner Hochschulmedizin, bei der insbesondere ein erhebliches Forschungsflächendefizit die Weiterentwicklung des Standorts behindere, seien weiterhin notwendige Baumaßnahmen im Umfang von circa 255 Millionen Euro nicht ausfinanziert. Dringenden Handlungsbedarf für das Land konstatiert der Wissenschaftsrat zudem hinsichtlich des gravierenden Ersatzinvestitionsdrucks bei der technischen Ausstattung, der auf beiden sächsischen Uniklinika nicht mit den derzeitigen investiven Regelzuweisungen des Landes abgebaut werden könnten. In Dresden beläuft sich laut Stellungnahme der diesbezügliche Investitionsstau selbst bei Annahme verlängerter Gerätelaufzeiten auf 139 Millionen Euro und in Leipzig auf 145 Millionen Euro. An beiden Standorten entfalle dabei ein Großteil des Investitionsstaus auf die Medizintechnik und die IT, schreiben die Gutachter weiter.

Bei der Bausubstanz der Hochschulmedizin Dresden, die größtenteils aus den 1990er Jahren stammt, besteht nach Ansicht des Wissenschaftsrats mittlerweile erheblicher Reinvestitionsbedarf. Die wissenschaftliche Weiterentwicklung werde zudem durch die trotz des neuen Baurahmenvertrages weiterhin fehlende Ausfinanzierung wichtiger Baumaßnahmen der Masterplanung - zum Beispiel den Neubau Psychiatrie - und durch ein hohes Forschungsflächendefizit behindert. Der Wissenschaftsrat hält daher weitere Ausbaumaßnahmen und Bauinvestitionen des Landes für zwingend notwendig, um die Entwicklungsdynamik des Dresdner Standorts weiter zu fördern.

 Funktionsfähige und erfolgreiche Kooperation von Fakultät und Klinikum

"Die Zusammenarbeit der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums innerhalb des Kooperationsmodells ist in Dresden funktionsfähig und erfolgreich ausgestaltet", lobt der Wissenschaftsrat die Hochschulmedizin Dresden. Beide Institutionen seien sehr gut in die Strukturen und den Fächerverbund der Technischen Universität Dresden sowie in DRESDEN-Concept, dem regionalen Partnernetzwerk der Universität eingebunden. Die Beteiligung an Exzellenzeinrichtungen der TUD, insbesondere dem Center for Regenerative Therapies Dresden (CRTD), trüge wesentlich zu ihrem Forschungsprofil bei, heißt es in der Stellungnahme. Der Wissenschaftsrat hebt zudem anerkennend hervor, "dass es der Universitätsmedizin Dresden gelungen ist, exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu gewinnen. Erfreulich ist auch die hohe Zahl von gemeinsamen Berufungen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen und der im Bundesvergleich überdurchschnittlich hohe Anteil an Wissenschaftlerinnen in Leitungspositionen."


Weitere Informationen finden Sie unter

https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/6655-17.pdf

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1564

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Holger Ostermeyer, 25.10.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2017

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