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INTERNATIONAL/020: Giftmüll ist ein globaler Killer - Ähnlich große Gefahr wie Malaria (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. Mai 2013

Gesundheit: Giftmüll ist ein globaler Killer - Ähnlich große Gefahr wie Malaria

von Stephen Leahy



Uxbridge, Kanada, 13. Mai (IPS) - In 31 Ländern verursacht Giftmüll allein bei fast 800.000 Kindern Hirnanomalien. Wie aus zwei neuen Untersuchungen hervorgeht, tragen Millionen Menschen in Entwicklungsländern durch toxische Abfälle gesundheitliche Schäden davon.

Umweltgifte sind weltweit die Hauptursache für Krankheiten und frühe Todesfälle, wie Kevin Chatham-Stephens erklärt, Mitautor einer Studie, die kürzlich in dem Fachmagazin 'Environmental Health Perspectives' erschienen ist. "In einigen Staaten sind die Gefahren für diejenigen, die in der Nähe von Giftmülldeponien leben, ebenso groß wie etwa die von Malaria", sagt der Mediziner, der an der 'Icahn School of Medicine' am Mount Sinai-Hospital in New York tätig ist.

Wissenschaftler fanden erhöhte Werte von Blei, Chrom und anderen Chemikalien in Boden- und Wasserproben, die an 373 Giftmüllhalden in Indien, den Philippinen und Indonesien entnommen wurden. In der Nähe dieser Orte leben fast neun Millionen Menschen. Nach Berechnungen von Experten führen die Krankheiten und Behinderungen, die durch den Kontakt mit solchen Chemikalien entstehen, zum Verlust von insgesamt mehr 828.000 Jahren Lebenszeit. In diesen Ländern hat Malaria statistisch gesehen zum Verlust von 725.000 Lebensjahren geführt.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO nutzt für die Berechnung dieser durch Krankheiten verlorenen Jahre die Einheit 'DALY' (disability-adjusted live years). Ein DALY steht für den Verlust eines Jahres bei voller Gesundheit.

"Es hat sich gezeigt, dass Blei und sechswertiges Chrom die giftigsten Chemikalien waren, die die meisten Krankheiten, Behinderungen und Todesfälle verursachten", so Chatham-Stephens, der seine Untersuchung in Zusammenarbeit mit dem unabhängigen 'Blacksmith Institute' mit Sitz in New York durchgeführt hatte. Das Institut, das sich mit den Gesundheitsrisiken in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen befasst, veröffentlicht jedes Jahr den 'World's Worst Pollution Report', um die Öffentlichkeit für das Problem zu sensibilisieren und Finanzmittel zur Reinigung der am schwersten betroffenen Orte aufzubringen.


Kaum Maßnahmen gegen Giftmüll

Gegen toxische Verseuchung wird von den öffentlichen Gesundheitsbehörden bisher kaum etwas unternommen. Die Auswirkungen von Chemikalien auf Menschen in Entwicklungsländern sind erst wenig erforscht. Laut Chatham-Stephens ist die Studie die "erste Einschätzung der Gesundheitsbelastung für diejenigen, die nahe an Giftmüllkippen leben".

Frühere Untersuchungen haben ergeben, dass der Kontakt mit Blei zu Magen-Darm-, Herz- und Gefäßkrankheiten und Störungen des Nervensystems führen kann. Menschen, die hohen Mengen Chrom ausgesetzt sind, sind lungenkrebsgefährdet. "Die Studie hebt ein großes und bisher unterschätztes globales Gesundheitsproblem in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen hervor", warnt Philip Landrigan von der Icahn School of Medicine, der ebenfalls an dem Bericht mitgewirkt hat. Als nächstes müssten Maßnahmen wie das Säubern der betroffenen Areale und die Reduzierung von Risiken für Menschen in den Staaten festgelegt werden, in den giftige Chemikalien häufig verwendet werden.

In einer weiteren Untersuchung maßen Forscher die Bleiwerte in Böden und Trinkwasser im Umfeld von 200 Giftmülldeponien in 31 Ländern. Dann bestimmten sie die Bleiwerte im Blut von rund 780.000 Kindern, die dort der Gefahr von Bleivergiftungen besonders stark ausgesetzt waren. Bei der Überprüfung zeigte sich, dass der Bleigehalt im Blut um 15 bis 20 Mal höher war als der von Kindern in den USA.


Geistig behindert durch hohe Bleibelastung

"Blei hat ernsthafte, langfristige Gesundheitsfolgen. Es kann beispielsweise die kognitive Entwicklung bei Kindern stören und geistige Behinderungen hervorrufen", erläutert Chatham-Stephens. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse schätzt er, dass der Intelligenzquotient von Kindern um fünf bis acht Punkte abnehmen kann. Bei sechs von jeweils 1.000 Kindern wurde eine leichte geistige Behinderung festgestellt.

Wie Bret Ericson vom Blacksmith Institute erklärt, wurden im Zuge der Untersuchungen etliche Giftmüllhalden entdeckt. "Doch fehlt es uns an Geld, um sie alle zu säubern." (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://icahn.mssm.edu/
http://ehp.niehs.nih.gov/1206127/
http://www.blacksmithinstitute.org/
http://www.ipsnews.net/2013/05/toxic-waste-on-par-with-malaria-as-a-global-killer/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 13. Mai 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Mai 2013