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STELLUNGNAHME/038: Unvernünftige medizinische Leistungen benennen und Kosten senken (Dt. Gesellschaft für Innere Medizin)


Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin - 24. Februar 2015

Überversorgung und Behandlungskosten vermeiden / DGIM fordert Benennung unnötiger medizinische Leistungen

121. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
18. bis 21. April 2015, Congress Center Rosengarten Mannheim


Wiesbaden - Nicht immer ist medizinisches Handeln am Patienten sinnvoll und notwendig. Mit diesem Hinweis veröffentlicht die US-amerikanische Ärzte-Initiative "Choosing wisely" seit 2012 Listen mit ärztlichen Leistungen, die sich als wirkungslos oder sogar schädlich erwiesen haben. Eine ähnliche Liste veröffentlichten Schweizer Internisten im Mai 2014. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) sieht in diesen Initiativen ein Vorbild für Deutschland, um Überbehandlung zu vermeiden und damit auch Kosten zu senken. Mit einer neuen Task Force möchte die DGIM hierzulande mehr Bewusstsein für das Problem schaffen.

"Verschreiben Sie keine Antibiotika gegen Atemwegsinfekte. Wiederholen Sie eine Darmspiegelung nur alle zehn Jahre, sofern die Resultate unauffällig sind. Machen Sie kein Osteoporose-Screening bei Frauen unter 65 Jahren, wenn kein erhöhtes Risiko vorliegt." Dies sind drei Beispiele für medizinische Leistungen, die die amerikanische und die Schweizer Initiative infrage stellen. "Viele medizinische Eingriffe bedeuten auch eine Belastung für den Patienten", sagt der DGIM-Vorsitzende Professor Dr. med. Michael Hallek aus Köln. "Als Ärzte ist es nicht nur unsere Pflicht zu behandeln, sondern auch Behandlungen zu unterlassen, wenn sie dem Patienten nichts nützen oder ihm sogar schaden könnten."

Bei vielen Leistungen auf diesen Listen handelt es sich um lang etablierte Methoden, die nicht mehr dem heutigen Kenntnisstand entsprechen. Denn nicht immer handelten Ärzte nach dem neuesten Stand der Erkenntnis, sondern nutzen Methoden, die sie aus eigener Erfahrung kennen, so Hallek: "Erfahrung ist zwar extrem wichtig, doch wenn nicht regelmäßig ein Abgleich mit der medizinischen Entwicklung stattfindet, hängt veraltetes Wissen als Ballast an uns und den Patienten und bindet auch Mittel, die an anderer Stelle fehlen", so der Internist. Problematisch sei zudem, dass das Gesundheitssystem zuweilen falsche ökonomische Anreize setze. Für das Gespräch mit dem Patienten etwa oder das bewusste Unterlassen von Behandlungen bekommt ein Arzt wenig erstattet, so der Direktor der Klinik für Innere Medizin I der Universität zu Köln: "Das Gespräch mit dem Patienten ist eine wichtige ärztliche Tätigkeit, die künftig besser honoriert werden muss, auch wenn der Arzt anschließend keine weitere Untersuchung anordnet oder kein Medikament verschreibt."

Die neue Task Force "Unnötige Leistungen" der DGIM will für diese Problematik sensibilisieren. "Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass ein Zuviel an medizinischer Fürsorge ähnlichen Schaden anrichten kann, wie das Unterlassen einer nötigen Leistung", sagt Task-Force-Leiter Professor Dr. med. Gerd Hasenfuß aus Göttingen, der ebenfalls dem Vorstand der DGIM angehört. Die amerikanischen Empfehlungen seien dafür eine sehr gute Hilfe, aber nicht ohne weiteres auf deutsche Verhältnisse übertragbar. Deswegen arbeitet die DGIM an eigenen Empfehlungen. "Ein stärkeres Bewusstsein für die Notwendigkeit medizinischer Maßnahmen kann nicht nur eine Qualitätssteigerung, sondern auch eine sinnvolle Kosteneinsparung für das Gesundheitswesen bedeuten", betont Hallek. Im Rahmen der Eröffnungs-Pressekonferenz am Samstag, den 18. April 2015 anlässlich des 121. Internistenkongresses in Mannheim diskutieren Experten die Initiative "Choosing wisely" aus der Perspektive verschiedener internistischer Fachbereiche.

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
Pressestelle
Anna Julia Voormann
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Telefon: 0711 8931-552, Fax: 0711 8931-167
E-Mail: voormann@medizinkommunikation.org
Internet: www.dgim.de, www.dgim2015.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Februar 2015

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