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STELLUNGNAHME/272: COVID-19 - Altersdiskriminierungen als auch Zwietracht zwischen den Generationen verhindern (DGGG)


Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) - 6. April 2020

Covid-19 Pandemie

Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG)


Die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) ist die größte interdisziplinäre Gesellschaft für Alternsforschung und repräsentiert die Gerontolog*innen in Deutschland. Mit großer Sorge betrachten wir die aktuellen Entwicklungen der Covid-19 Pandemie. Wir fordern die Regierung dazu auf, alle Maßnahmen zu unterlassen, deren Begründungen lediglich auf dem chronologischen Alter basieren. Wir erwarten von der Regierung und den Medien eine vorsichtige und überlegte Wortwahl, um sowohl Altersdiskriminierungen als auch Zwietracht zwischen den Generationen zu verhindern. Es ist für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft existenziell notwendig, dass Menschen aller Altersgruppen, Nationalitäten, Glaubensrichtungen und sozialer Hintergründe mit gleichen Rechten und Pflichten durch diese Krise begleitet werden.

Das Alter ist von großer Heterogenität geprägt. Viele Menschen zwischen 60 und 80 Jahren sind gesund und aktiv z. B. in Berufen, als Großeltern, im Ehrenamt oder als pflegende Angehörige. Aber auch bei den Hochaltrigen über 80 Jahren ist die Variabilität der Alternsverläufe groß. Mehr als die Hälfte der Hochaltrigen in Deutschland berichten eine gute subjektive Gesundheit, selbst wenn sie von chronischen Erkrankungen betroffen sind, und 86 % sind mit ihrem Leben (eher) zufrieden. Natürlich gibt es auch Menschen mit vielfachen gesundheitlichen Belastungen und Pflegebedürftige, die privat oder in Heimen Unterstützung benötigen. Diese vulnerablen Personen gibt es jedoch auch in anderen Altersgruppen, z. B. Menschen mit lebenslanger Behinderung. Es wäre unverantwortlich, diskriminierend und unethisch, Millionen Menschen aufgrund ihres chronologischen Alters in Quarantäne zu zwingen, während jüngere Menschen diese Maßnahmen nicht zu erdulden hätten. Es ist unsere Pflicht, alle Maßnahmen und ihre Konsequenzen genau zu reflektieren und Interventionsmöglichkeiten anzubieten, die beispielsweise Demenzpatienten und ihre Angehörigen in dieser schweren Zeit unterstützen.

Wir alle hoffen, dass uns diese Krise nicht in eine vergleichbar verzweifelte Situation führt wie sie unsere italienischen, französischen oder spanischen Nachbarn und Freunde bereits erleiden. Sollten jedoch auch in Deutschland Triagemaßnahmen notwendig werden, dürfen diese keinesfalls nur aufgrund des chronologischen Alterns vorgenommen werden. Die deutsche Geschichte mahnt uns eindringlich vor den entsetzlichen Folgen von Selektionen.


Über die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie (DGGG)

Gesellschaftliche Entwicklungen und medizinischer Fortschritt verändern kontinuierlich die Lebensbedingungen und die Bedürfnisse der Menschen. Besonders vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung stellt dies für die Gerontologie und die Geriatrie immer neue Herausforderungen dar. Die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie unterstützt Gerontolog*innen und Geriater*innen aktiv in der Alternsforschung und alle in diesem Arbeitsfeld beteiligten Berufsgruppen bei der praktischen Umsetzung der Ergebnisse.

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG)
Pressemitteilung vom 6. April 2020
Geschäftsstelle der DGGG e.V.
Seumestraße 8, 10245 Berlin
Telefon: 030 / 52 13 72-71, Fax: 030 / 52 13 72-72
E-Mail: gs@dggg-online.de
Internet: www.dggg-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. April 2020

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