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AUSLAND/1521: Interview mit Eveline Herfkens, der Gründerin der Millennium-Kampagne (DSW)


DSW [news] - Februar 2010
Deutsche Stiftung Weltbevölkerung

"Wir waren schon nahe dran"

Interview mit Eveline Herfkens, der Gründerin der Millennium-Kampagne


Frage: Noch fünf Jahre bis 2015 - inwieweit sind die Millenniumsziele verwirklicht worden, besonders in Hinblick auf die Gesundheit?

Herfkens: Die Welt war auf dem besten Weg zumindest das erste Ziel zu erreichen - also sowohl die Zahl der Menschen zu halbieren, die in extremer Armut leben, als auch die Zahl derer, die ständig hungern. Wir waren auch schon nahe daran, andere Ziele zu verwirklichen. Im Bereich der Bildung wurden bemerkenswerte Fortschritte erzielt: Die Zahl der Kinder, die eine Schule besuchen, war noch nie so groß. Die Kindersterblichkeit hat sich verringert, obwohl sie immer noch sehr hoch ist.

Aber die Weltwirtschaftskrise macht diese Fortschritte zunichte. Vor allem die Entwicklungsländer, die ja am wenigsten für die Krise verantwortlich sind, leiden unter den Folgen: Der Hunger nimmt zu, aber auch Krankheiten mehren sich, weil sich die Kranken keine Behandlung leisten können. Die Schulen werden schlechter besucht, und die Kinderarbeit nimmt zu, weil die Familien den Nachwuchs zur Arbeit statt in die Schule schicken - besonders die Mädchen. Schließlich sehen sich die Regierungen gezwungen, die Finanzmittel zu kürzen. Das betrifft auch die Budgets für den Gesundheitsbereich.


Frage: Welcher Zusammenhang besteht zwischen Gesundheit und Entwicklung?

Herfkens: Kranke Menschen sind wirtschaftlich weniger aktiv und können sich schlechter gegen Armut und Hunger wehren. Kranke Kinder gehen nicht in die Schule oder lernen weniger, und mangelnde reproduktive Gesundheit verringert die Chancen von Frauen erheblich. Aber umgekehrt ist die Minderung von Armut und Hunger auch die notwendige Voraussetzung für die Erreichung der gesundheitsbezogenen MDGs: Armut verhindert, dass die Menschen sich behandeln lassen; Mangelernährung verursacht Krankheiten, und die Alphabetisierung ist eine Vorbedingung für die Wirksamkeit der Präventionskampagnen etwa im Kampf gegen HIV/Aids sowie für das Verständnis, das Patienten für ihre Behandlung aufbringen. Verschmutztes Trinkwasser ist die Hauptursache der Kindersterblichkeit, und die armen Länder sind ohne die Unterstützung der Geberländer nicht imstande, ausreichend in ihre Gesundheitssysteme zu investieren.


Frage: Welche Rolle spielt es, in welchem Bereich Entwicklungshilfe verwendet wird?

Herfkens: Die Verwendung der Finanzmittel für einzelne Millennium-Entwicklungsziele seitens der Geberländer ist zweitrangig gegenüber der Tatsache, dass die tatsächlich zu Verfügung gestellten Ressourcen wesentlich geringer sind als die versprochenen Mittel. Gemäß unseren Daten betrug dieses Finanzloch schon vor der Krise 24 Milliarden US-Dollar. Am meisten beunruhigen uns die sinkenden Mittel zur Unterstützung der ärmsten Länder, also der afrikanischen.


Weitere Informationen zur Millenniumskampagne finden Sie unter:
www.un-kampagne.de


Die DSW [news] werden im Rahmen der europäischen Öffentlichkeitskampagne "Reproductive Health For All" herausgegeben. Die Kampagne wird von der Europäischen Union finanziell gefördert. Für den Inhalt der DSW [news] ist allein die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung verantwortlich; der Inhalt kann in keiner Weise als Standpunkt der Europäischen Union angesehen werden.

Internet: www.weltbevoelkerung.de/DSW_news/pdfs/DSW__news__Februar_2010.pdf


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Quelle:
DSW [news] - Februar 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. März 2010