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AUSLAND/1571: Malawi - Trockentoiletten verbessern Hygiene im Armenviertel (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. August 2010

Malawi: Trockentoiletten verbessern Hygiene im Armenviertel - Sanitäre Selbsthilfe

Von Dingaan Mithi


Lilongwe, 10. August (IPS) - Der Countdown läuft. Im Rahmen der Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) soll bis 2015 die Zahl der Menschen ohne sanitäre Grundversorgung halbiert werden. Wo sie fehlt - etwa in den Armenvierteln am Stadtrand von Lilongwe, der Hauptstadt Malawis - sterben besonders viele Kleinkinder an Diarrhö. Doch in Mgona, einer dieser formellen Siedlungen, haben sich die hygienischen Verhältnisse durch die Einrichtung von einfachen Trockentoiletten merklich verbessert.

Nach Angaben des Weltkinderhilfswerks UNICEF kosten Durchfallerkrankungen im südostafrikanischen Malawi jährlich 12.000 Kinder das Leben.

In Mgona leben die meisten der schätzungsweise 36.000 Bewohner in der Nähe einer still gelegen Eisenbahnlinie in drangvoller Enge in provisorischen Hütten. Sie schlagen sich als Gemüseverkäufer und Kleinhändler durch oder verkaufen ihren Nachbarn Raubkopien von chinesischen, nigerianischen und Hollywood-Filmen. In dieser Umgebung ist an den aufwendigen Bau ordentlicher Toiletten nicht zu denken.

Jetzt aber jetzt lernen sie von Aktivisten der Nichtregierungsorganisation 'WaterAid', zur sanitären Selbsthilfe zu greifen und in ihren Gemeinden mit einfachen Mitteln Trockentoiletten, so genannte Skyloos, anzulegen. Das erforderliche technische Know-how vermittelt die einheimische Organisation 'Training Support for Partners' (TSP).

Die Trockentoiletten, deren Inhalt kompostiert wird, bestehen aus zwei im Wechsel benutzten, mit einer Betonplatte abgedeckten Ziegelkammern. Ziegelmauern schützen sie vor unerwünschten Einblicken. Die Zugangsöffnung wird mit einem Metalldeckel geschlossen. Nach jeder Verrichtung decken die Benutzer die Fäkalien mit Asche aus der Kochstelle ab.

In der ständigen Hitze können die mit Asche versetzten Hinterlassenschaften schnell trocknen. Die Skyloos verbreiten keine unangenehmen Gerüche und ziehen kaum Fliegen an. Sobald eine der Gruben gefüllt ist, wird der Inhalt kompostiert und als später als Naturdünger verwendet.

Die Geschäftsfrau Falesi Jeffrey ist von den Trockentoiletten, die wenig Platz beanspruchen und fruchtbaren Dünger liefern, begeistert. "Alle sechs Monate wird aus den getrockneten, mit Asche und Erde vermischten Fäkalien gebrauchsfertiger Dünger", erklärte sie.

Nach Angaben von 'Water Aid' liegen 80 Prozent der afrikanischen Länder noch weit hinter dem für die sanitäre Grundversorgung angestrebten Millenniumsziel zurück. Dabei können wenig aufwendige Sanitär- und Hygiene-Programme nicht nur die Fälle von Diarrhöe deutlich verringern. Auch andere bei Kleinkindern häufige Todesursachen wie Unterernährung und Lungenentzündung lassen sich damit eindämmen.


Die Gemeinden übernehmen Eigenverantwortung

Martin Meke, Programmmanager für WaterAid in Malawi, betont, dass Gemeinden, die gelernt haben, ihre eigenen Toiletten zu bauen, bei diesen Projekten auch später bei der Stange bleiben und Eigenverantwortung für die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen übernehmen.

Der Unterhalt der 'Skyloos' kostet die Gemeindemitglieder nichts. Sie müssen lediglich genügend Asche beibringen und den gebrauchsfertigen Dünger später auf ihrem Stück Land untergraben.

"Diese Menschen sind in der Lage, Sanitär- und Trinkwasserprogramme in eigener Regie fortzusetzen. Außerdem können sie ihre Kenntnisse an ihre Mitbürger weitergeben und so dafür sorgen, dass der Zugang zu Trinkwasser und sanitären Anlagen erschwinglich wird", erklärte Meke.

"Ich fordere die Regierung auf, mehr Mittel für diese modernen Toiletten bereitzustellen, damit es weniger Todesfälle gibt", sagte Esther Sakala. Sie lebt in Mgona und hat sich ihre eigene Trockentoilette gebaut, denn sie hat nicht vergessen, wie ihr vier Monate altes Enkelkind an Diarrhö starb. "Ich bin mit dem an Durchfall leidenden Baby zum Krankenhaus gerannt, doch es war zu spät. Trotz aller Bemühungen war das Kind zwei Tage nach Ausbruch der Krankheit tot", berichtete sie.


Pläne für 500 neue Trinkwasser-Zapfstellen

Bei Lilongwes 'Water Board', der für die städtische Wasser- und Abwasserwirtschaft zuständigen Behörde, scheinen derartige Klagen inzwischen angekommen zu sein. Nach deren Angaben gibt es Pläne für ein Vier-Jahres-Projekt zur Verbesserung der Wasser- und Sanitärversorgung in Mgona. Es soll mit finanzieller Unterstützung durch die Europäische Union die bereits bestehenden Initiativen von Nichtregierungsorganisationen in der Region ergänzen.

Gegenüber IPS versicherte der Pressesprecher der Behörde, Trevor Phoya, man arbeite an Plänen, mit Hilfe der EU nach und nach rund 500 öffentliche Zapfstellen für Trinkwasser, so genannte 'Water Kiosks', einrichten.

Die Menschen in Mgona und in anderen informellen Siedlungen von Lilongwe nehmen erfreut zur Kenntnis, dass die Verwaltung der Hauptstadt auf ihre Notlage aufmerksam geworden ist. Viel Zeit bleibt nicht, wenn sich die Verhältnisse bis 2015 verbessern sollen. (Ende/IPS/mp/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. August 2010