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KASSEN/755: Kurznachrichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 13.10.2010 (KBV)


KBV-Kompakt - Kurznachrichten aus der KBV vom 13. Oktober 2010


→  KBV-Veranstaltungen beschäftigen sich mit dem Ärztemangel
→  KV Nordrhein und Krankenkassen vereinbaren bessere Versorgung von ADHS-Patienten
→  KV Niedersachsen ruft zu Einsparmaßnahmen bei Arzneimittelverordnungen auf
→  Krankenkassen zahlen Hörscreening in der HNO-Praxis
→  Kommunen sollen sich bei der Sicherstellung der ambulanten Versorgung beteiligen
→  Gutachten bestätigt: Schnittstelle zwischen Klinken und Facharztpraxen immer wichtiger
→  IQWiG fordert uneingeschränkte Publikationspflicht für Studienergebnisse
→  Bundesärztekammer und Bundeszahnärztekammer warnen vor Öffnungsklausel
→  Strukturreform in der vertragszahnärztlichen Versorgung gefordert
→  Patiomed AG erhält mehr als 200 Kooperationsanfragen
→  Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung startet neue Kampagne für Organspende

Raute

___Aus KBV und KVen___

KBV-Veranstaltungen beschäftigen sich mit dem Ärztemangel

Der Monat Oktober steht bei der KBV im Zeichen des Ärztemangels. Gleich zwei Veranstaltungen sollen auf das vor allem in ländlichen Regionen wachsende Problem aufmerksam machen: das 2. Greifswalder Symposium und KBV kontrovers.

"Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum - An welchen Weichen muss gestellt werden?" lautet das Thema des 2. Greifswalder Symposiums am 18. Oktober in der KBV. Im Mittelpunkt stehen mögliche Konsequenzen aus neueren Versorgungsanalysen sowie Konzepte, wie die flächendeckende Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen gewährleistet bleiben kann. Zu den Referenten gehört beispielsweise Dr. Ulrich Orlowski, Leiter der Abteilung Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung im Bundesministerium für Gesundheit. "Deutschland: Wo sind deine Ärzte?" ist hingegen das Thema von KBV kontrovers am 28. Oktober im Ellington Hotel Berlin. Der erste Teil der Veranstaltung widmet sich der Frage, ob es sich statt um einen Mangel eher um eine falsche Verteilung der Ärzte handelt. Dazu werden auf dem Podium KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller sowie Fritz Schösser vom AOK-Bundesverband zu Wort kommen. Im zweiten Teil der Veranstaltung diskutieren unter anderem der KBV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Andreas Köhler, sowie Rolf Stuppardt, Geschäftsführer der IKK e. V., miteinander. Das jeweilige Programm sowie die Möglichkeit, sich für die Veranstaltungen anzumelden, gibt es auf der KBV-Website.

(Pressemitteilung der KBV, 12. Oktober).


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KV Nordrhein und Krankenkassen vereinbaren bessere Versorgung von ADHS-Patienten

Eine strukturierte und interdisziplinäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit dem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) - darauf zielt ein neuer Versorgungsvertrag, den die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein mit der AOK Rheinland/ Hamburg, dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte Nordrhein und dem Bündnis der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Nordrhein-Westfalen abgeschlossen hat. So sind für Patienten von sechs bis 17 Jahren eine verbesserte Diagnostik, Elternschulungen, eine koordinierte Zusammenarbeit von Ärzten und Psychotherapeuten sowie ein leichterer Zugang zu psychotherapeutischen Behandlungen vorgesehen. Zudem soll die Therapie möglichst ohne Arzneimittel erfolgen. Hintergrund ist eine oftmals ungesicherte Diagnose des ADHS, die dazu verleiten kann, die Erkrankung vorschnell mit Medikamenten zu behandeln. In Deutschland leiden über 600.000 Kinder und Jugendliche am Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) beziehungsweise ADHS. 40.000 von ihnen leben in Nordrhein. Die Krankheit tritt häufig bei Jungen auf und geht mit einer ziellosen Überaktivität und verkürzten Aufmerksamkeitsfähigkeit einher.

(Pressemitteilung der KV Nordrhein, 6. Oktober)


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KV Niedersachsen ruft zu Einsparmaßnahmen bei Arzneimittelverordnungen auf

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Niedersachsen hat ihre Vertragsärzte aufgefordert, mit gezielten Maßnahmen in den noch verbleibenden Monaten des laufenden Jahres Verordnungskosten von rund 99 Euro pro Tag und Arzt einzusparen. Hintergrund ist, dass die Arzneimittelverordnungen das für das Jahr 2010 zwischen der KV und den Krankenkassen vereinbarte Arzneimittelausgabenvolumen zu übersteigen drohen. Während die Vereinbarung ein Ausgabenvolumen von 2,745 Milliarden Euro vorsieht, könnte sich das tatsächliche Verordnungsvolumen am Ende des Jahres auf 2,82 Milliarden Euro belaufen, wie eine Hochrechnung gezeigt hat. Das wären rund 75 Millionen Euro mehr. "Wenn wir im letzten Quartal des Jahres nicht auf die Ausgabenbremse treten, dann droht vielen der rund 13.200 verordnenden Ärzten in Niedersachsen ein Arzneimittelregress", befürchtet Dr. Volker Steitz, stellvertretender KV-Vorstandsvorsitzender. Als Grund für die höheren Ausgaben nannte er die hohen Preise der Arzneimittel und forderte deshalb die Politik auf, "dem Gewinnstreben der Hersteller Einhalt zu gebieten." Hart ins Gericht ging er auch mit den Arzneimittelrichtgrößen selbst, die den Vertragsärzten Ausgabenobergrenzen für Arzneimittel auferlegen. "Dieses Instrument der Kostensteuerung hat sich überlebt und läuft völlig ins Leere, da die Vorgaben in keiner einzigen Region Niedersachsens von Ärzten eingehalten werden können. Was auf den ersten Blick wie ein Ärzteversagen aussieht, ist das Resultat unrealistischer Vorgaben. So steht die Höhe der regional ausgehandelten Richtgrößen in keinem Zusammenhang mit dem jeweiligen Bedarf an Arzneimitteln", kritisierte Steitz. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Dr. Norbert Gerbsch, widersprach dem KV-Vorstandsvorsitzenden: "Die Schuld bei der Pharmaindustrie zu suchen ist fadenscheinig."

(Pressemitteilung der KV Niedersachsen, 11. Oktober; Pressemitteilung des BPI, 12. Oktober)


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Krankenkassen zahlen Hörscreening in der HNO-Praxis

In Hamburg übernehmen die Krankenkassen rückwirkend ab dem 1. Juli dieses Jahres die Kosten für das Neugeborenen-Hörscreening durch niedergelassene Hals-Nasen-Ohren-Ärzte. Einen entsprechenden Vertrag haben die Landesverbände der Krankenkassen mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hamburg geschlossen. Bisher war die Untersuchung nur in Krankenhäusern Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung und damit für die Versicherten kostenfrei. Bei Hausgeburten, im Geburtshaus oder für Babys, die gleich nach der Geburt mit ihren Müttern die Klinik verließen, wurde die Untersuchung bisher nicht übernommen. Nun wird die Versorgung im ambulant ärztlichen Bereich mit der Krankenhausgeburt gleichgestellt und damit ein Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses umgesetzt. Die Krankenkassen erwarten, dass die neue Leistung den gleichen Stellenwert bei den Eltern erhält wie die etablierten Vorsorgeuntersuchungen. Denn häufig werden Hörschäden erst im Alter von zwei bis drei Jahren erkannt, wenn die Kinder bei der Sprachentwicklung zurückbleiben.

(Pressemitteilung der KV Hamburg, 7. Oktober)


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Kommunen sollen sich bei der Sicherstellung der ambulanten Versorgung beteiligen

Die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung ist die größte gesundheitspolitische Herausforderung der Zukunft. Das hat der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg, Dr. Achim Hoffmann-Goldmayer, gesagt und dies mit dem drohenden Ärztemangel begründet. Um diesem zu begegnen sprach er sich für eine Stärkung von Ärztenetzwerken und Kooperationen aus, die aus seiner Sicht eine immer größere Bedeutung erlangen werden. "Sie sind erforderlich, um den Anreiz zur Niederlassung zu erhöhen, aber auch notwendig, um den steigenden Anforderungen an die Versorgung gerecht zu werden", so Hoffmann-Goldmayer. Darüber hinaus sollten nicht nur Ärzte und Krankenkassen, sondern auch die Kommunen zur Sicherstellung der Versorgung einbezogen werden. "Ohne ein Engagement der Kommunen, die für die Rahmenbedingungen vor Ort zuständig sind, werden wir auch Ärzte nicht dafür gewinnen, sich in eher strukturschwachen Regionen niederzulassen", betonte Hoffmann-Goldmayer und wies darauf hin, dass Arztpraxen auch für die Kommunen wichtig seien, da hier Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Schlussfolgerung des KV-Chefs lautet: "Die Gemeinden stehen im Wettbewerb um Ärzte wie um andere Unternehmen auch."

(Pressemitteilung der KV Baden-Württemberg, 7. Oktober)

Raute

___Aus den Verbänden___

Gutachten bestätigt - Schnittstelle zwischen Klinken und Facharztpraxen immer wichtiger

Prof. Eberhard Wille vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat in seinem aktuellen Gutachten belegt, dass die Versorgung an der Schnittstelle zwischen Kliniken und ambulanten Facharztpraxen an Bedeutung gewinnt. Zudem berge sie enormes Potenzial für mehr Effizienz im Gesundheitswesen. Er widerspricht damit dem Vorwurf der Krankenkassen, die ambulante Facharztschiene sei ineffizient. Viel wichtiger ist es Wille zufolge, einen fairen Wettbewerb an der Schnittstelle zwischen Kliniken und niedergelassenen Fachärzten zu schaffen. Er plädierte für gleiche Leistungsdefinitionen, gleiche Kriterien der Qualitätssicherung, gleiche Zugangskriterien für neue Behandlungsmethoden, gleiche Arzneimittelpreise sowie für eine gleiche Vergütung. Ambulante Operationen bei niedergelassenen Fachärzten hätten den gesetzlichen Kassen in den vergangenen Jahren viel Geld gespart, ohne dass jemals Geld dafür aus dem Krankenhaussektor geflossen sei, betonte Wille.

(Pressemitteilung des Berufsverbandes niedergelassener Chirurgen, 8. Oktober)


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IQWiG fordert uneingeschränkte Publikationspflicht für Studienergebnisse

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat die in dem Entwurf des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) vorgesehene, auf klinische Studien bezogene Publikationspflicht für Arzneimittelhersteller begrüßt. Allerdings geht diese dem Institut nicht weit genug. "Der AMNOG-Entwurf sieht eine Publikationspflicht nur für ausgewählte Studien vor. Wir brauchen aber die Ergebnisse aller Studien", lautet die Forderung von Beate Wieseler, stellvertretende Leiterin des Ressorts Arzneimittelbewertung im IQWiG. Als Beispiel, um die Notwendigkeit der Transparenz von Studienergebnissen zu veranschaulichen, nannte Wieseler das Pharmaunternehmen Pfizer und seinen Wirkstoff Reboxetin zur Behandlung von Depressionen. Pfizer hatte einen Teil seiner Studienerkenntnisse lange Zeit unter Verschluss gehalten und diese erst nach öffentlichem Druck herausgegeben. Nach einer Nutzenbewertung von Reboxetin unter Berücksichtigung aller Daten stellte sich schließlich heraus, dass der Wirkstoff entgegen den Angaben des Herstellers gar keinen Nutzen aufwies. Daraufhin schloss der Gemeinsame Bundesausschuss Reboxetin im September 2010 von der Erstattungsfähigkeit aus.

(Pressemitteilung des IQWiG, 13. Oktober)


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Bundesärztekammer und Bundeszahnärztekammer warnen vor Öffnungsklausel

Die Bundesärztekammer (BÄK) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) haben sich erneut gegen eine Öffnungsklausel in den Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte ausgesprochen. "Die Öffnungsklausel fördert weder echten Wettbewerb, noch hilft sie den Patienten oder reduziert Kosten, sondern gefährdet - im Gegenteil - ernsthaft die medizinische Versorgung in Deutschland", heißt es in einer Informationsschrift der beiden Kammern. Die von der privaten Krankenversicherung (PKV) favorisierte Öffnungsklausel soll Separatvereinbarungen zwischen Privatversicherern und Ärzten sowie Zahnärzten ermöglichen. Dabei sollen in direkten Verträgen ärztliche und zahnärztliche Leistungen künftig pauschaliert und damit außerhalb der Gebührenordnungen abgerechnet werden. Die Patienten könnten dann den Arzt ihres Vertrauens nicht mehr frei wählen, sondern würden auf Vertragsärzte ihrer PKV festgelegt. Dies sei ein Paradigmenwechsel in der privatärztlichen Versorgung, kritisierten die BÄK und die BZÄK.

(Pressemitteilung der BÄK, 7. Oktober)


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Strukturreform in der vertragszahnärztlichen Versorgung gefordert

Angesichts der aktuellen Reform im Gesundheitswesen hat die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) gefordert, die Vergütung der Vertragszahnärzte an den Versorgungsbedarf anzupassen und die Budgetierung abzuschaffen. "In unserem Bereich gibt es statt mutiger und längst überfälliger Reformschritte bisher nur Absichtserklärungen der Politik, kritisierte Dr. Jürgen Fedderwitz, Vorstandsvorsitzender der KZBV. Er appellierte an die Bundesregierung, die strukturellen Reformen in der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht weiter zu verschieben. "Wer den Wettbewerb im Gesundheitswesen will, muss auch faire Voraussetzungen dafür schaffen. Die KZBV ist jederzeit zu Gesprächen bereit", sagte Fedderwitz.

Der Freie Verband Deutscher Zahnärzte (fvdz) forderte auf seiner jüngsten Bundesversammlung, die Zahnbehandlung vollständig von der gesetzlichen Krankenversicherung zu trennen. Stattdessen soll ein Beitrag zusätzlich zum regulären Krankenkassenbeitrag die zahnärztliche Versorgung finanzieren.

(Pressemitteilung der KZBV, 7. Oktober; Pressemitteilung des fvdz, 9. Oktober)


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Patiomed AG erhält mehr als 200 Kooperationsanfragen

Zum einhundertsten Tag ihres Bestehens hat der Vorstandsvorsitzende der Patiomed AG, Dr. Thomas-F.Gardain, eine positive Bilanz gezogen: "Wir haben bereits mehr als 200 Nachfragen zur Kooperation sowie Wünsche zur Zusammenarbeit aus der Ärzteschaft erhalten. Über diese positive Resonanz aus dem praktischen ärztlichen Alltag sind wir sehr erfreut. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind." Die Patiomed AG will in Ärztlichen Versorgungszentren angestellte und niedergelassene Ärzte unter einem Dach beschäftigen. Zu den Interessenten zählen Einzelpraxen, Ärztegruppen sowie Klinikbetreiber. Aus fast allen Bundesländern sind Anfragen eingetroffen und beziehen sich auf Kooperationen sowohl in städtischen Ballungsräumen als auch in ländlichen Regionen.

(Pressemitteilung der Patiomed AG, 8. Oktober)

Raute

___Außerdem___

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung startet neue Kampagne für Organspende

Damit mehr Menschen bereit sind, sich einen Organspendeausweis zuzulegen, hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die Kampagne Organpaten begonnen. An Stationen in Einkaufszentren deutscher Großstädte und bei Großveranstaltungen informiert die Zentrale über Organ- und Gewebespenden. Zudem stehen Vertreter von örtlichen Selbsthilfegruppen für Fragen und Anliegen der Besucher zur Verfügung. Auf www.organpaten.de haben Interessierte die Möglichkeit, sich beispielsweise als Organpate mit einem Statement im Internet einzutragen. Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) sagte zum Kampagnenstart: "Wer über Organspende spricht, setzt sich immer auch mit dem Sterben auseinander. Das macht vielen Menschen Angst. Eine Patenschaft ist etwas Positives und Lebendiges. Es ist die freiwillige Übernahme von Verantwortung gegenüber anderen. Und darum geht es doch."

(Pressemitteilung des Bundesgesundheitsministeriums, 12. Oktober)

Raute

Quelle:
Newsletter KBV-Kompakt vom 13. Oktober 2010
Herausgeber: Kassenärztliche Bundesvereinigung
Dr. Andreas Köhler (1. Vorsitzender der KBV, v.i.S.d.P.)
Redaktion:
Dezernat Kommunikation der KBV
Tel: 030 / 4005 - 2203
Fax: 030 / 4005 - 27 2203
E-Mail: ivelikova@kbv.de, sschramm@kbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2010