Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - 20.11.2015
Allergien prägen die Oberfläche der Atemwege
Neuherberg, 20. November 2015. Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München und der TU München konnten erstmals zeigen, dass bei Allergien ausgeschüttete Botenstoffe nicht nur Zellen des Immunsystems, sondern auch Zellen der Atemwegsoberflächen verändern. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal "Mucosal Immunology" publiziert.
Das Team von Prof. Carsten Schmidt-Weber und Dr. Ulrich Zissler vom Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM) am Helmholtz Zentrum München und der TU München entdeckte, dass auch das Atemwegsepithel eine Entwicklung durchläuft, wie sie bisher nur von Allergen-geprägten Immunzellen bekannt war. Im Rahmen eines Projektes des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) behandelten die Forscher Atemwegsepithelzellen mit den Allergie-Botenstoffen Interleukin-4 (IL-4) und Interferon-gamma (IFN-gamma) und beobachteten, wie sich die Genaktivität veränderte.
"Interessanterweise zeigte sich ein Regulationsmuster, wie wir es aus der T-Zell-Immunologie als Th1/Th2-Paradigma* bereits seit vielen Jahrzehnten kennen", kommentiert Erstautor Zissler die Ergebnisse. Denn genau wie bereits für Zellen des Immunsystems bekannt, war IL-4 in der Lage, eine Aktivierung von Genen der sogenannten Th-2 Immunantwort auszulösen, die zur Entstehung von Asthma beiträgt**. IFN-gamma wirkte diesem entgegen, indem es das Ablesen von Th-1 Genen begünstigte.
Exemplarisch beschreiben die Autoren das Molekül Interleukin-24 (IL-24), das von IL-4 herauf- und von IFN-gamma heruntergeregelt wird. IL-24 könne daher laut den Wissenschaftlern möglicherweise künftig als Biomarker für eine allergische Entzündung des Atemwegsepithels dienen.
Um die Relevanz ihrer Ergebnisse zu überprüfen, untersuchten die Wissenschaftler die Ergebnisse auch in Rhinitis-Patienten***. Es zeigte sich, dass der Effekt ebenfalls an den Nasenschleimhäuten der Patienten zu beobachten ist. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Regulation von Epithelzellen in der allergischen Erkrankung in einer Art Fingerabdruck der Allergie endet. Weitere Untersuchungen müssen nun klären, ob dieser Abdruck die Immunität gegen Infektionen oder andere Reaktionen auf die Umwelt behindert und somit zu weiteren Problemen bei Allergikern führt, so die Forscher.
"Bisher war das Th1/Th2-Paradigma nur auf die T-Zellen beschränkt. Der von uns gefundene Mechanismus über Epithelzellen eröffnet daher eine tiefere Sicht auf die Komplexität der Immunantwort und bietet neue Ansatzpunkte für die Entwicklung von Therapien bei allergischen Erkrankungen", so ZAUM-Direktor Schmidt-Weber.
Weitere Informationen
• Hintergrund
* Das Th1/Th2-Paradigma sieht IL-4 produzierende T Helfer-Zellen des Typs 2 (Th2) als Gegenspieler der Th1-Zellen, und entsprechend werden Th2-Zellen bei allergischen Erkrankungen als treibende Kraft eingeordnet.
** Interleukin-4 ist ein wichtiger Botenstoff im Rahmen allergischer Entzündungen, der über die Th2-Immunantwort auch zu allergischem Asthma führt und die Toleranz gegenüber Allergenen im Körper hemmt, wie vorangegangene Studien zeigen konnten.
*** Die Allergische Rhinitis oder pollenbedingter Heuschnupfen, ist eine allergisch bedingte Entzündung der Nasenschleimhaut. Diese wird oft von weiteren Erkrankungen der Atemwege begleitet wie Sinusitis (Entzündung der Nasennebenhöhlen) und Asthma.
Original-Publikation:
Zissler, UM. et al. (2015). Interleukin-4 and IFN-gamma orchestrate an
epithelial polarization in the airways. Mucosal Immunology, DOI:
10.1038/mi.2015.110
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26577568
• Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum
für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose,
Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes
mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das
Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz
des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum
München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der
Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und
medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten
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www.helmholtz-muenchen.de
Das Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM, Leitung: Prof. Dr. Carsten
Schmidt-Weber) in München ist eine gemeinsame Einrichtung von Helmholtz
Zentrum München und Technischer Universität München. Die in der deutschen
Forschungslandschaft einzigartige Kooperation dient der fachübergreifenden
Grundlagenforschung und Verknüpfung mit Klinik und klinischen Studien.
Durch diesen translationalen Ansatz lassen sich Erkenntnisse über
molekulare Entstehungsmechanismen von Allergien in Maßnahmen zu ihrer
Vorbeugung und Therapie umsetzen. Die Entwicklung wirksamer, individuell
zugeschnittener Therapien ermöglicht betroffenen Patienten eine bessere
Versorgung.
www.zaum-online.de
Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 500
Professorinnen und Professoren, rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
und 38.500 Studierenden eine der forschungsstärksten Technischen
Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften,
Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, ergänzt um Wirtschafts-
und Bildungswissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische
Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft.
Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft.
Weltweit ist sie mit einem Campus in Singapur sowie Verbindungsbüros in
Brüssel, Kairo, Mumbai, Peking, San Francisco und So Paulo vertreten. An der
TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und
Rudolf Mößbauer geforscht. 2006 und 2012 wurde sie als Exzellenzuniversität
ausgezeichnet. In internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den
besten Universitäten Deutschlands.
www.tum.de
Das Institut für Allergieforschung (IAF) erforscht molekulare
Entstehungsmechanismen von Allergien, weltweit zunehmenden Erkrankungen.
Das IAF will die epidemiologische Ausbreitung aufhalten, indem
Wissenschaftler und Kliniker zusammen intensiv an individuellen
Präventionsansätzen forschen. Im therapeutischen Bereich wollen
Wissenschaftler des Instituts neue auf den Patienten abgestimmte Ansätze
entwickeln. Das IAF kooperiert dabei mit der Technischen Universität
München in der gemeinsamen Einrichtung Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM).
Außerdem ist das IAF Mitglied des Munich Allergy Research Center (MARC)
und des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL).
www.helmholtz-muenchen.de/iaf
Das Helmholtz Zentrum München ist am Deutschen Zentrum für
Lungenforschung (DZL) beteiligt. Das DZL ist ein nationaler Verbund, der
Experten auf dem Gebiet der Lungenforschung bündelt und Grundlagenforschung,
Epidemiologie und klinische Anwendung verzahnt. Standorte sind
Borstel/Lübeck/Kiel/Großhansdorf, Gießen/Marburg/Bad Nauheim, Hannover,
Heidelberg und München. Ziel des DZL ist es, über einen neuartigen,
integrativen Forschungsansatz Antworten auf offene Fragen in der Erforschung
von Lungenkrankheiten zu finden und damit einen wesentlichen Beitrag zur
Verbesserung von Prävention, Diagnose und Therapie zu leisten.
www.dzl.de/index.php/de
Fachliche Ansprechpartner
Dr. Ulrich Zissler
Helmholtz Zentrum München -
Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Institut für Allergieforschung & Zentrum Allergie und Umwelt
Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg
E-Mail: ulrich.zissler@tum.de
Prof. Dr. Carsten Schmidt-Weber
Helmholtz Zentrum München - Deutsches
Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Institut für Allergieforschung & Zentrum Allergie und Umwelt
Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg
E-Mail: csweber@tum.de
Weitere Informationen finden Sie unter
www.helmholtz-muenchen.de/forschung/forschungsexzellenz/forscherportraets/prof-dr-carsten-schmidt-weber/index.html
Forscherportrait Prof. Schmidt-Weber
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution44
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Helmholtz Zentrum München, 20.11.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 24. November 2015
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