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ALLERGIE/356: Schwere Allergien - Neue Einsichten, neue Therapien (idw)


Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. (DDG) - 26.04.2017

Schwere Allergien: Neue Einsichten, neue Therapien


Die dermatologische Forschung auf dem Gebiet der Allergie ist in den vergangenen Jahren um Meilen vorangeschritten. Die akute Lebensbedrohung bei Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut als Folgesymptom schwerer Arzneikomplikationen konnte deutlich gesenkt werden. Besonders neu ist, dass sich heute auch komplexe Allergien mit Antikörpern und spezifischen Immuntherapien gut behandeln lassen. Zu den interessantesten Beobachtungen gehören neue Erkenntnisse zur Verknüpfung von neurologischen und allergologischen Reaktionen.

Der Ausdruck "Allergie" wurde vor gut 100 Jahren geprägt und bedeutet "anders reagieren". Allergien im engeren Sinne sind normale Immunantworten mit zwei Besonderheiten: Die Immunantwort ist nicht gegen einen Krankheitserreger gerichtet, sondern gegen eigentlich harmlose Umweltstoffe, wie Katzenhaare, Gräser, Nickel im Schmuck oder Medikamente. Sie richtet sich somit gegen Stoffe, mit denen wir natürlichen Kontakt haben oder haben wollen. Die Immunreaktion ist so stark, dass sie den Menschen bedroht.

Wirksame Therapien bei akuten allergischen Krankheitsbildern

Die Dermatologie ist die Disziplin, die i.d.R. Allergien behandelt und darin umfangreiche Erfahrungen besitzt. Die meisten Allergien betreffen die Haut und Schleimhäute, manchmal zusammen mit inneren Organen. Zu den bedrohlichsten Erkrankungen zählt die toxisch epidermale Nekrolyse (TEN), eine früher oft tödlich verlaufende Allergie, die sich meist gegen Medikamente richtet. Heute sind die wichtigsten Auslöser und die Patientengruppen, die besonders häufig eine TEN entwickeln, bekannt. Zudem verfügt die Dermatologie über eine meist wirksame Therapie.

Impfungen gegen Hausstaubmilben bei Asthma und Ekzemen?

Nachdem erst für die Psoriasis und dann für Tumoren neue wirksame Behandlungen entwickelt wurden, stehen neuerdings Therapien, Antikörper-Behandlungen und spezifische Impfungen (Hyposensibilisierungen) für komplexe Allergien zur Verfügung. Bekannt ist die Hyposensibilisierung zur Behandlung von Heuschnupfen sowie Bienen- und Wespengiftallergien. Jetzt wurde gezeigt, dass sich eine Hyposensibilisierung gegen Hausstaubmilben zur Behandlung von Asthma eignen kann (JAMA, N Engl J Med). Selbst einige Formen des atopischen Ekzems, die häufigste Ekzemerkrankung, können durch eine Hyposensibilisierung verbessert werden. "Diese Erkenntnisse sind aufregend, weil sie erstmalig zeigen, dass komplexe Krankheiten durch eine spezifische 'impf-ähnliche' Behandlung gebessert werden können," begeistert sich Prof. Dr. Martin Röcken von der Universitäts-Hautklinik Tübingen.

Interleukine verstehen

Durch das zunehmende Verständnis von Interleukinen (IL-; flüssige Botenstoffe) wurden innovative Behandlungen bei Juckreiz und atopischem Ekzem entwickelt (zweimal N Engl J Med). Neu ist, dass ein Antikörper gegen IL-31 Juckreiz hemmen kann. Dies beweist, wie eng neurologische und allergologische Reaktionen beim Menschen miteinander verknüpft sind. Klinisch noch wichtiger ist, dass die Blockade des gemeinsamen Rezeptors von IL-4 und IL-13 das schwere atopische Ekzem deutlich verbessern kann. So kann erstmalig eine krank-machende Immunantwort ohne Schwächung des Immunsystems "umgeleitet" werden. Ausgehend von diesen bedeutenden Erkenntnissen in der Dermatologie wird die Wirkung dieser innovativen Behandlungen aktuell bei weiteren Erkrankungen wie dem Asthma untersucht.


Autor:
Prof. Dr. med. Martin Röcken
Direktor der Universitäts-Hautklinik
Universitätsklinikum Tübingen
Eberhard-Karls-Universität
Liebermeisterstr. 25
72076 Tübingen
Präsidiums-Mitglied der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft e.V.

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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1999

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. (DDG), Jenny Kocerka, 26.04.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2017

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