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DIABETES/1710: Kinder mit Diabetes Typ 1 - Medikamentengabe und Notfallmaßnahmen in der Schule (diabetesDE)


diabetesDE - 15. August 2013

Kinder mit Diabetes Typ 1: Medikamentengabe und Notfallmaßnahmen in der Schule

diabetesDE fordert bundesweit geltende Regelung und rechtliche Absicherung des Schulpersonals



Berlin - In Deutschland leben etwa 25.000 Kinder und Jugendliche im Alter bis zu 19 Jahren mit Diabetes Typ 1. Diese sind genauso leistungsfähig wie Kinder ohne Diabetes, wenn gewisse Regeln beachtet werden. Trotzdem scheuen Lehrer vor einer Betreuung diabeteskranker Kinder in der Schule mitunter zurück. Sie fürchten sich vor rechtlichen Konsequenzen bei etwaigen Fehlern, falls sie einem Schüler beim Insulinspritzen oder im Notfall helfen. Ob und inwieweit für Lehrkräfte eine Verpflichtung besteht, Schüler mit Diabetes beim Insulinspritzen zu unterstützen, hängt von den einschlägigen Schulgesetzen, den beamtenrechtlichen Regelungen der Bundesländer und den Erlassen der Kultusministerien ab. diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe fordert eine bundesweit geltende Regelung.

"Kinder mit Diabetes Typ 1 sind in der Schule genauso leistungsfähig wie gesunde und im Umgang mit ihrer Erkrankung in der Regel gut geschult", erläutert Professor Dr. med. Thomas Danne, Vorstandsmitglied von diabetesDE und Chefarzt des Kinderkrankenhauses "Auf der Bult" in Hannover. Auch am Sportunterricht und Ausflügen können und sollen sie grundsätzlich teilnehmen: "Es gibt auch hierbei keinen Grund, ihnen eine Sonderrolle in der Schule zuzuschreiben und sie davon auszuschließen", ergänzt Dr. med. Ralph Ziegler, Vorstandsmitglied der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie (AGPD) und niedergelassener Kinderdiabetologe aus Münster.

Doch ist Lehrern im Umgang mit diabeteskranken Kindern häufig unklar, ob und in welchem Maße sie Verantwortung übernehmen können und dürfen, sei es im Klassenraum, in der Sporthalle oder auch bei außerschulischen Veranstaltungen. Was ist, wenn ein Schüler mit Diabetes Typ 1 Hilfe beim Blutzuckermessen und Insulinspritzen benötigt und dem Pädagogen dabei ein Fehler unterläuft? Wie verhält es sich in Notfallsituationen, zum Beispiel bei einer Unterzuckerung? Drohen rechtliche Konsequenzen bei falschem Handeln aufgrund unzureichenden medizinischen Wissens? Der Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV) erläutert in seiner Broschüre "Medikamentengabe in Schulen" (BG/GUV-SI 8098): "Tritt ein Notfall ein, [...], sind alle Personen gesetzlich verpflichtet, Hilfe zu leisten." Dabei stünden Helfende gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Somit seien Hilfe leistende Lehrkräfte davon befreit für Schäden zu haften, die etwaig durch ihre Hilfeleistung entstehen.

Ob und inwieweit für Lehrkräfte eine Verpflichtung besteht, Schülern mit Diabetes beim Insulinspritzen zu helfen und inwieweit sie im Rahmen ihres Dienst- beziehungsweise Beschäftigungsverhältnisses damit betraut werden können, hängt von den einschlägigen Schulgesetzen, den beamtenrechtlichen Regelungen der Bundesländer und den Erlassen der Kultusministerien ab. "Hier fordern wir eine bundeseinheitliche Regelung, um Unsicherheiten bei Eltern und Lehrern abzubauen und Kinder mit Diabetes Typ 1 optimal in den Schulalltag integrieren zu können", so Professor Danne und Dr. Ziegler.

Übertragen Erziehungsberechtigte in Absprache mit der Schule die Medikamentengabe als Teil der Personensorge auf eine Lehrkraft und erleidet der Schüler durch fehlerhafte Medikamentengabe einen Schulunfall, gelten laut DGUV die Regelungen zur Haftungsbeschränkung nach den §§ 104 ff. SGB VII: Danach sei eine zivilrechtliche Haftung der Lehrkraft auf den Ersatz für den entstandenen Personenschaden grundsätzlich ausgeschlossen. Außerdem seien angestellte Lehrer gesetzlich unfallversichert, falls sie sich bei der Medikamentengabe, zum Beispiel am Pen, selbst verletzen. Dies stelle einen Arbeitsunfall dar. Bei beamteten Lehrern seien in diesem Fall die beamtenrechtlichen Regelungen zur Dienstunfallfürsorge anzuwenden.

Im Rahmen der politischen Kampagne "Diabetes STOPPEN - jetzt!" fordert diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe, dass Kinder mit Diabetes Typ 1 genauso wie erwachsene Menschen mit Diabetes nach dem Prinzip der Inklusion das volle Recht auf individuelle Entwicklung und soziale Teilhabe ungeachtet ihrer persönlichen Unterstützungsbedürfnisse erhalten.


Terminhinweis:

diabetesDE-Expertenchat:
11. September 2013, PD Dr. med. Klemens Raile
Thema: Therapie bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1
Zum Kontaktformular:
http://www.diabetesde.org/index.php?id=11450


diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe ist eine gemeinnützige und unabhängige Organisation, die Menschen mit Diabetes, Diabetesberater, Ärzte und Forscher vereint. Gemeinsam schaffen wir Öffentlichkeit für das Thema und vertreten die Interessen der Menschen mit Diabetes. Wir setzen uns für eine bessere Prävention, Versorgung und Forschung im Kampf gegen die Volkskrankheit Diabetes ein. Die Krankheit breitet sich auch in Deutschland rasch aus. 6 Millionen Menschen sind in Behandlung und jeden Tag kommen fast 1000 Neuerkrankte hinzu.

Gegründet wurde diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) www.ddg.info und dem Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD) www.vdbd.info. Die Selbsthilfe ist innerhalb von diabetesDE durch die selbstständige Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe - Menschen mit Diabetes (DDH-M) www.ddh-m.de vertreten.


Mehr Informationen im Internet:

Broschüre der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie e.V. (AGPD) zu Kindern mit Diabetes mellitus in der Schule
http://profi.diabetesde.org/fileadmin/users/Fachleute_und_Mediziner/Leitlinien/Schulbroschuere_2010.pdf

Broschüre des Spitzenverbandes der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV) "Medikamentengabe in Schulen" (BG/GUV-SI 8098)
http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/si-8098.pdf

Kampagne "Diabetes STOPPEN - jetzt!" - Forderungen Selbsthilfe
http://www.diabetes-stoppen.de/kampagne/unsere-forderungen/3-selbsthilfe-staerken

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Quelle:
diabetesDE, Pressestelle
Pressemitteilung vom 15.08.2013
Bundesgeschäftsstelle
Reinhardtstraße 14, 10117 Berlin
Tel.: +49 (0)30 201 677-0, Fax: +49 (0)30 201 677-20
E-Mail: presse@diabetesde.org
Internet: www.diabetesde.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. August 2013