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HERZ/727: Meldungen von der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (2) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung
Pressemitteilungen vom 24.-25. April 2014

80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Mannheim, 23.-26. April 2014

→ DGK-Preis für Wissenschaftsjournalismus geht an Vera Cordes
→ Neuer Wirkstoff: Hoffnung für Patienten mit Lungenhochdruck
→ Erster medikamentöser Therapie-Erfolg: Diastolische Herzmuskelschwäche
      lässt sich doch beeinflusse
→ Renale Denervation: Mehr Studien gefordert - Anwendung an spezialisierten Zentren
→ Hotline-Sessions: Deutsche Kardiologen präsentieren aktuelle Studiendaten
→ TAVI: Schonende Herzklappen-Implantation für alte und kranke Patienten
→ Hohes Herzrisiko für dicke Bäuche
→ Deutsches Mitralklappen-Register: MitraClip-Verfahren nützt Patienten mit
      und ohne Vorhofflimmern



DGK-Preis für Wissenschaftsjournalismus geht an Vera Cordes

Mannheim, Donnerstag, 24. April 2014 - Der diesjährigen Preis für Wissenschaftsjournalismus der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) geht an die Moderatorin der NDR-Sendung Visite Vera Cordes. Verliehen wurde die Auszeichnung heute bei der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK), bei der von Mittwoch bis Samstag (23. bis 26. April) in Mannheim mehr als 8.500 Teilnehmer aus rund 25 Ländern aktuelle Entwicklungen aus allen Bereichen der Kardiologie diskutieren.

Die gebürtige Hamburgerin Vera Cordes studierte Germanistik, Pädagogik und Sportwissenschaft und absolvierte ein Volontariat an der Axel-Springer-Journalistenschule. Danach war sie als Zeitungsreporterin, Redakteurin und Moderatorin beim Rundfunk sowie seit 1990 beim Fernsehen tätig. 1998 übernahm Vera Cordes die Moderation des Gesundheitsmagazins "Visite" beim NDR.

"Vera Cordes engagiert sich für die Deutsche Herzstiftung und ist Schirmherrin des Universitären Herznetzes Norddeutschland", begründete DGK-Präsident Prof. Dr. Christian Hamm in seiner Laudatio die Entscheidung für die Preisträgerin. "Sie wird von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie für ihre fachkundige und laienverständliche Berichterstattung über Herz-Kreislauf-Krankheiten ausgezeichnet. Die Sendung 'Visite' berichtet unabhängig, wissenschaftlich fundiert und neutral über aktuelle Entwicklungen in der Medizin und stellt die Belange und Sorgen der Patienten konzentriert und sachlich in den Mittelpunkt."

Der DGK-Preis für Wissenschaftsjournalismus wird jährlich "in Anerkennung einer sachgerechten, unabhängigen und klinisch-hinterfragenden Berichterstattung und Kommentierung von Themen der Herz-Kreislaufmedizin" verliehen. Er ist mit 2.500 Euro dotiert, ohne Sponsoring, wie dies bei anderen Preisen üblich ist, und wird vom DGK-Vorstand vergeben. Eine Eigenbewerbung von Medienvertretern ist nicht möglich.

Seit 2003 hat die DGK unter anderem den Ressortleiter Gesundheit beim BR, Werner Buchberger, den TV-Journalisten und Moderator Sascha Spataru, den Autor und Moderator Ranga Yogeshwar, Rainer Flöhl (FAZ), Peter Overbeck und Hagen Rudolph (Ärzte-Zeitung), Wolfram Goertz (Rheinische Post), Bernhard Wiedemann (freier Journalist) oder Hartmut Wewetzer (Tagesspiegel) mit dem Preis für Wissenschaftsjournalismus ausgezeichnet.

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Neuer Wirkstoff: Hoffnung für Patienten mit Lungenhochdruck

Mannheim, Donnerstag, 24. April 2014 - "Der neue Wirkstoff Riociguat verbessert erheblich die therapeutischen Möglichkeiten beim chronischen Lungenhochdruck und bietet erstmals Hoffnung für Patienten, die unter einer bislang nicht behandelbaren Form des Lungenhochdrucks leiden", so Prof. Dr. Ardeschir H. Ghofrani (Universitätsklinikum Gießen und Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim), Erstautor der Studien CHEST-1 und PATENT-1 (1), auf einer Pressekonferenz anlässlich der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Das Medikament hat mittlerweile seine Zulassung erhalten. In Mannheim werden von 23. bis 26. April mehr als 8.500 Kardiologen aus 25 Ländern erwartet.

Gefährliche Form des Lungenhochdrucks

Die pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) ist eine besonders schwer zu behandelnde Form des Lungenhochdrucks. Die Erkrankung führt unbehandelt zu einer Überbelastung der rechten Herzhälfte und damit zu beständigem Leistungsabfall und schließlich zum Tod. PAH kann etwa im Gefolge verschiedener rheumatischer Erkrankungen wie Sklerodermie auftreten, oder auch ohne erkennbare Ursache (idiopathische PAH). Die chronisch-thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) entsteht durch wiederholt in die Lunge gelangende Blutgerinnsel. Die Medikamente, die seit einigen Jahren verfügbar sind, zeigen in Abhängigkeit von der Ursache des Lungenhochdrucks sehr unterschiedliche Wirkung: Sie helfen gut bei der idiopathischen Form der PAH, nicht mehr so gut bei Sklerodermie-Patienten und überhaupt nicht bei der CTEPH. Für manche CTEPH-Patienten gibt es eine Heilungs-Chance durch eine operative Entfernung der chronischen Gefäßverschlüsse. Ist diese nicht möglich, weil die Embolien zu weit in der Peripherie der Lunge liegen, gab es bisher keine therapeutische Option.

Neue Behandlungsstrategie

Mit Riociguat hat nun erstmals eine Substanz Wirkung bei inoperabler CTEPH gezeigt. Sie wirkt über einen Mechanismus, die Stimulation des Enzyms "lösliche Guanylatzyklase", der bislang noch nicht in der Therapie des Lungenhochdrucks zum Einsatz gekommen ist. Der Effekt lässt sich als Erweiterung der Lungengefäße infolge einer Entspannung der glatten Muskulatur in den Gefäßwänden beschreiben. Auf diesem Weg kommt es bei CTEPH-Patienten zu einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität. Konkret nahm die Gehstrecke, die CTEPH-Kranke in 6 Minuten zurücklegen konnten, bei Patienten, die Riociguat bekamen, innerhalb von 16 Wochen um 39 Meter zu. Bei Patienten, die Placebo erhielten, nahm sie in der gleichen Zeit um 6 Meter ab. Auch der Lungengefäßwiderstand und die funktionelle NYHA Klasse verbesserten sich.

Neue Studiendaten: CHEST-1 und PATENT-1

Teilnehmer der 16wöchigen Studie CHEST-1 wurden nun eingeladen, an der Verlängerungsstudie CHEST-2 teilzunehmen, die die Wirkung und Sicherheit von Riociguat bei CTEPH über einen längeren Zeitraum untersuchen soll.

In der Studie PATENT-1 wurden 443 Patienten mit PAH über 12 Wochen mit Riociguat oder Placebo behandelt. Rund die Hälfte der Studienteilnehmer war bereits mit anderen Medikamenten vorbehandelt bzw. nahm diese weiterhin ein. Es wurde also auch untersucht, ob Riociguat zusätzlich zu bereits etablierten PAH-Medikamenten wirksam ist. Auch in dieser Studie kam es im Schnitt zu einer Zunahme der Sechsminuten-Gehstrecke um 30 Meter unter Riociguat im Vergleich zu einer Abnahme um sechs Meter unter Placebo. Subgruppen-Analysen zeigten, dass Riociguat auch bei jenen Patienten Verbesserung brachte, die ihre alten Medikamente weiter einnahmen.

Auch PATENT-1 wird in der Verlängerungsstudie PATENT 2 weitergeführt. Prof. Ghofrani: "Diese Daten sind nicht zuletzt deshalb bedeutsam, weil hier zum ersten Mal Kombinationstherapien bei der PAH untersucht wurden und sich als wirksam erwiesen haben."


(1) Ghofrani et al.: Riociguat for the Treatment of Chronic Thromboembolic Pulmonary Hypertension. N Engl J Med 2013;369:319-29; Ghofrani et al.: Riociguat for the Treatment of Pulmonary Arterial Hypertension. N Engl J Med 2013;369:330-40

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Erster medikamentöser Therapie-Erfolg: Diastolische Herzmuskelschwäche lässt sich doch beeinflusse

Mannheim, Donnerstag, 24. April 2014 - Erstmals wurde bei Patienten mit einer besonderen Form der Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) mittels medikamentöser Behandlung ein Therapie-Erfolg erzielt. Die sogenannte diastolische Herzinsuffizienz spricht auf die üblichen Therapien der Herzinsuffizienz nicht an. Mit der Substanz Spironolacton konnte jedoch im Rahmen einer Studie bei Menschen, die von dieser häufigen Erkrankung betroffen sind, eine Verbesserung der Funktion des Herzmuskels erreicht werden. Das berichtete Prof. Burkert Pieske (Medizinische Universität Graz) bei einer Pressekonferenz anlässlich der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Im Congress Center Rosengarten Mannheim werden vom 23. bis 26. April mehr als 8.500 Kardiologen aus 25 Ländern erwartet.

Diastolische Herzinsuffizienz häufig verkannt

"Bei der diastolischen Herzinsuffizienz treten die typischen Symptome einer Herzschwäche auf, obwohl die Pumpkraft des Herzmuskels erhalten ist. Die Ursache der Beschwerden wurde lange Zeit verkannt, dass es sich in der Regel um ältere Patienten handelt, die oft auch Begleitkrankheiten wie Diabetes mellitus haben", sagt Prof. Pieske. Inzwischen ist allerdings bekannt, warum diese Menschen unter Leistungsschwäche, Kurzatmigkeit, Herzrhythmusstörungen, Schwellungen der Beine und insgesamt unter einer schlechten Lebensqualität leiden: "Aufgrund verbesserter Bildgebung können wir mittlerweile nachweisen, dass in solchen Fällen oft eine diastolische Füllungsstörung des Herzmuskels vorliegt", so Prof. Pieske. "Die Betroffenen haben einen verdickten, steifen Herzmuskel, der nicht richtig erschlaffen und sich dadurch auch nicht richtig füllen kann. Die Muskelkraft des Herzens ist also normal, nur füllt sich das Herz vor jedem Schlag aufgrund der Steifigkeit nicht richtig."

Neue Studiendaten: ALDO DHF und TOPCAT

Obwohl die diastolische Herzinsuffizienz heute diagnostiziert werden kann, gibt es bislang keine wirksame Behandlung. Die in der Therapie der systolischen Herzinsuffizienz wirksamen Substanzen (ACE-Hemmer, AT1-Rezeptorblocker, Beta-Blocker) haben sich bei der diastolischen HI als wirkungslos erwiesen. Diese Situation könnte sich jetzt etwas verbessern: Im Rahmen der multizentrischen, prospektiven, randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie Aldo-DHF (1) wurde das seit vielen Jahren im Einsatz befindliche Medikament Spironolacton erstmals bei Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz untersucht. Hintergrund waren tierexperimentelle Arbeiten, die gezeigt haben, dass die für die diastolische Herzinsuffizienz typischen Veränderungen des Herzmuskels (Hypertrophie und Fibrose) durch Spironolacton beeinflusst werden können. Die Studie mit einem Jahr Beobachtungszeit zeigte eine Verbesserung der diastolischen Herzmuskelfunktion, eine Abnahme der Hypertrophie und laborchemischer Marker für Herzinsuffizienz (NTproBNP), die jedoch nicht von einer Besserung der Symptome oder der Leistungsfähigkeit begleitet war. Die Frage ist nun, was dieses Ergebnis bedeutet. "Die Wirkung ist zweifellos positiv zu bewerten, weil es zu einer Verbesserung von Herzmuskelstruktur und Funktion kam", sagt Prof. Pieske. "Wir nennen das 'reverse remodelling' und hoffen, dass sich die Erkrankung auf diesem Weg nachhaltig stabilisieren lässt und dass sich diese Verbesserung langfristig in einer Abnahme von Krankenhausaufenthalten und Lebensverlängerung niederschlägt." Allerdings zeigte die eben veröffentlichte größere Phase III Studie TOPCAT (2), dass kurzfristig offenbar vor allem Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz in einem fortgeschrittenen Stadium (also mit einer deutlich eingeschränkten Prognose) von einer Behandlung mit Spironolacton auch im Hinblick auf Hospitalisierung und Prognose profitieren könnten.


(1) Edelmann F et al. Effect of Spironolactone on Diastolic Function and Exercise Capacity in Patients With Heart Failure With Preserved Ejection Fraction, The Aldo-DHF Randomized Controlled Trial. JAMA. 2013;309(8):781-791
(2) Pitt B et al., Spironolactone for Heart Failure with Preserved Ejection Fraction. N Engl J Med 2014; 370:1383-1392

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Renale Denervation: Mehr Studien gefordert - Anwendung an spezialisierten Zentren

Mannheim, Donnerstag, 24. April 2014 - Die Renale Denervation, also die Unterbrechung von Nervenfasern zu den Nierengefäßen, als Behandlungsmethode gegen therapieresistenten Blutdruck ist ein großes Thema bei der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim. Studien aus den USA hatten zuletzt keinen deutlichen Nutzen für das verfahren gezeigt. Deutsche Experten warnen jedoch, aus diesen Daten zu früh Schlüsse zu ziehen. In spezialisierten Zentren und bei gut ausgewählten Patienten habe die Methode ihre Berechtigung, so der Expertentenor.

Therapieresistenter Bluthochdruck gewinnt an Bedeutung

Eine therapieresistente Hypertonie liegt vor, wenn ein Patient unter mindestens drei blutdrucksenkenden Medikamenten unterschiedlicher Klassen nicht einen Zielblutdruckwert von weniger als 140/90 mmHg erreicht. "Die Bedeutung dieser Erkrankung scheint in den letzten Jahren zuzunehmen, und es wird aktuell von einer Prävalenz der therapieresistenten Hypertonie zwischen 12 und 14 Prozent ausgegangen", sagte bei der DGK Jahrestagung Prof. Ulrich Kintscher (Charité - Universitätsmedizin Berlin). Unter den Hochdruck-Patienten haben ältere Menschen mit höherem Body Mass Index und weiteren Erkrankungen wie Diabetes mellitus ein höheres Risiko für eine Therapieresistenz.

Für jene Patienten, bei denen mit medikamentösen Mitteln keine ausreichende Blutdrucksenkung erzielt werden kann, wurde und wird große Hoffnung in die Renale Denervation gesetzt. "Diese Methode, bei der durch Unterbrechung von Nervenfasern zu den Nierengefäßen eine Blutdrucksenkung erzielt werden soll, hatte sich in einer Reihe kleinerer Studien als wirksam in der Behandlung von medikamentös nicht ausreichend behandelbarem Bluthochdruck erwiesen", sagt Prof. Michael Böhm vom Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar.

Diesen Erfahrungen widersprechen jedoch die Ergebnisse der beim Kongress des American College of Cardiology 2014 kürzlich präsentierten Simplicity HTN-3 Studie, die keinen signifikanten Nutzen der renalen Denervation im Vergleich zu einer Scheinbehandlung erkennen ließen. Differenzierte Betrachtung der Studienergebnisse gefordert

Deutsche Experten mahnen jedoch zu einer vorsichtigen Beurteilung dieser Daten. Prof. Böhm: "Bedeutet dieses negative Ergebnis das Ende der renalen Denervation? Um das beantworten zu können, müssen die Details der Studie Simplicity HTN-3 genauer betrachtet werden. Einerseits handelte es sich um eine kontrollierte Studie - prospektiv, verblindet, randomisiert - bei der ein Teil der Patienten eine Scheinprozedur erhielt, was für einen hohen methodischen Standard spricht. Andererseits fällt das insgesamt erstaunlich geringe Resultat auf." In Simplicity HTN-3 wurde mittels renaler Denervation eine Abnahme des systolischen Blutdrucks von nur 14,13 mmHg erreicht. Im Vergleich dazu fiel in der älteren und kleineren, aber ebenfalls kontrollierten Studie Symplicity HTN-2 die Blutdrucksenkung mit 32 mmHg deutlich größer aus.

Nun wird analysiert, wie es zu diesem Ergebnis gekommen sein könnte. Eine mögliche Erklärung liegt in dem Umstand, dass einige der an Symplicity HTN-3 beteiligten Zentren wenig Erfahrung mit der Methode hatten und diese daher möglicherweise nicht optimal angewandt wurde. Auch die Auswahl der Patienten steht in Diskussion, so Prof. Böhm: "Die in Simplicity HTN-3 behandelte Patientengruppe unterschied sich in mehrfacher Hinsicht von jenen Patienten, die in Deutschland für eine Renale Denervation in Frage kommen."

Zur Tagesordnung übergehen könne man jedenfalls nicht, so Prof. Böhm: "Insgesamt wirft die Simplicity HTN-3 Studie viele Fragen auf. Angesichts des negativen Resultats sollte die Renale Denervation bis auf weiteres nur in ausgewiesenen Zentren durchgeführt werden."

Zertifizierung von Hochdruckzentren

Dem schließt sich Prof. Martin Hausberg (Städtisches Klinikum Karlsruhe) im Namen der Deutschen Hochdruckliga an: "Für die Deutsche Hochdruckliga ist die Renale Denervation nach wie vor eine Methode mit Potential. Daran haben auch die ungünstigen Ergebnisse der kürzlich publizierten Symplicity HTN-3-Studie nichts geändert. Entscheidend ist, dass die Renale Denervation nur bei sehr gut ausgewählten Patienten, in spezialisierten Zentren und am besten im Rahmen von Studien oder zumindest Registern durchgeführt wird." Prof. Hausberg weist auch auf potentielle Vorteile der renalen Denervation hin, die über die Wirkung auf den Blutdruck hinausgehen. Denn die Unterbrechung der sympathischen Fasern zur Niere wirkt in beide Richtungen und kann daher auch den Sympathikotonus im gesamten Organismus senken.

Die DGK strebt eine Zertifizierung von Hochdruckzentren gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie und der Deutschen Hochdruckliga an. Patienten sollten über den Ausgang der Symplicity-HTN3 Studie im Aufklärungsgespräch informiert werden. "Weiterhin ist anzustreben, dass alle in Deutschland behandelten Patienten in ein Register oder in Studien eingeschlossen werden sollten, um mehr Informationen über dieses innovative Verfahren zu generieren", sagt Prof. Böhm.

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Hotline-Sessions: Deutsche Kardiologen präsentieren aktuelle Studiendaten

Mannheim, Mittwoch, 24. April 2014 - "In Deutschland wird kardiologische Spitzenforschung betrieben, die sich in einer vergleichsweise großen Zahl hochrangiger Publikationen zu den relevanten Themen der aktuellen Kardiologie niederschlägt. Dieser Bedeutung in der Wissenschaft trägt die DGK nun mit neuen Hotline-Sessions im Rahmen ihrer Jahrestagung Rechnung", berichtete auf einer Pressekonferenz zur 80. Jahrestagung der DGK Prof. Dr. Stefan Blankenberg (Hamburg), Vorsitzender der Programmkommission des Kongresses.

Im Rahmen der beiden Hotline-Sitzungen werden neue relevante Studien von ihren Autoren vorgetragen. Zum einen geht es um Hot Topics in der Kardiologie, welche im Rahmen der amerikanischen und europäischen Kardiologentagungen (ACC/AHA und ESC) vorgestellt oder in den angesehensten Journalen (NEJM/Lancet oder JAMA) publiziert wurden. "In einer weiteren Session werden sogenannte 'late breaking trials' für Deutschland, also bislang unpublizierte Originaldaten aus Studien, der Öffentlichkeit präsentiert", so Prof. Blankenberg. "Dabei geht es um bahnbrechende Forschung zu den aktuell 'heißen' Themen unseres Faches."

Viele Arbeiten beschäftigen sich mit dem Katheter-gestützten Herzklappenersatz (TAVI). Prof. Blankenberg: "So zeigt die erste Vergleichsstudie zwischen einem interventionellen Verfahren und der offenen Chirurgie bei Patienten mit einem höheren Risiko die Überlegenheit der TAVI im Sinne einer geringeren Sterblichkeit. Auch Vergleichsdaten zwischen unterschiedlichen TAVI-Typen liegen mittlerweile vor."

Aktuelle Studienergebnisse zeigen auch eine Erweiterung der therapeutischen Möglichkeiten beim Lungenhochdruck, insbesondere erstmals auch eine medikamentöse Behandlungsoption bei einer besonderen Form des Lungenhochdrucks, der chronisch-thromboembolischen pulmonalen Hypertonie (CTEPH).

"Weiterhin wird kontrovers diskutiert, inwieweit Hypothermie nach Reanimationen das neurologische Outcome verbessert", berichtet Prof. Blankenberg. "Ganz aktuell ist auch das Thema, welchen Stellenwert die Katheter-gestützte Behandlung der arteriellen Hypertonie derzeit besitzt."

Neue medikamentöse Therapieformen der Herzinsuffizienz werden ebenso diskutiert wie auch neue Wege zur Senkung des LDL-Cholesterins, welche bei Patienten mit Koronarer Herzerkrankung ein optimiertes Überleben erzielen sollen.

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TAVI: Schonende Herzklappen-Implantation für alte und kranke Patienten

Mannheim, Mittwoch, 24. April 2014 - Auch alte Menschen profitieren von den Entwicklungen der Herz-Medizin immer besser: Neue Studien und Registermeldungen unterstützen den Einsatz der minimalinvasiven, schonenden Katheter-basierten Aortenklappen-Implantation (TAVI) bei allen Hochrisikopatienten. Diese relativ junge Methode erlaubt bei alten Patienten und bei Patienten mit hohem Operationsrisiko den Ersatz der Aortenklappe durch eine Prothese, ohne dass sie sich einer offenen Operation an der Herz-Lungenmaschine unterziehen müssen. Die Einjahres-Überlebensrate mit TAVI war in der neuesten Studie im Vergleich zur konventionellen Operation signifikant höher (Adams et al. New Engl. J. Med., 2014). Das berichtet DGK-Präsident Prof. Dr. Christian W. Hamm (Gießen/Bad Nauheim) auf einer Pressekonferenz anlässlich der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. In Mannheim werden von 23. bis 26. April 8.500 Kardiologen aus 25 Ländern erwartet.

Bei einer TAVI wird eine faltbare Herzklappenprothese mittels Katheter in das Herz eingesetzt. Die Klappenprothese wird dabei in die eigene verkalkte Herzklappe des Patienten gesetzt. Der Eingriff erfolgt bei schlagendem Herzen, wodurch die Herz-Lungen-Maschine nicht erforderlich wird. Verschiedene Datenquellen und das GARY Register zeigen, dass diese Methode in Deutschland bereits breite Anwendung findet (2013 ca. 10.500 Eingriffe) und hauptsächlich bei Patienten zum Einsatz kommt, die für die konventionelle Operation nicht infrage kommen. Prof. Hamm: "Die Zahl der herzchirurgischen Eingriffe ist über die letzten Jahre weitgehend konstant geblieben, so dass TAVI eine zusätzliche Therapieoption für Patienten darstellt, die bisher nicht behandelt werden konnten." Gegenwärtig werden rund 60 Prozent der TAVI-Eingriffe an Patienten im Alter über 80 vorgenommen und etwas über 30 Prozent bei 70 bis 80jährigen. Gleichzeitig werden aber in dieser Altersgruppe nach wie vor knapp die Hälfte der Patienten konventionell am offenen Herzen operiert.

2012 waren laut der AQUA Qualitätsdaten TAVI-Patienten im Durchschnitt 80,3 Jahre alt und litten zu einem wesentlich höheren Prozentsatz an Komorbiditäten wie Diabetes, COPD oder eingeschränkter Nierenfunktion als Personen, bei denen eine offene Operation am Herzen durchgeführt wurde. Diese Patientenauswahl entspricht weitgehend den auf den europäischen Leitlinien basierenden Empfehlungen der DGK, so Prof. Hamm. Die TAVI Prozedur ist ein anspruchsvoller Eingriff, der eine hohe Expertise und Qualifikation verlangt, sagt Prof. Hamm; "Neben der Indikationsstellung widmet sich die DGK deshalb auch der Frage, welche Qualifikation die Teams, Abteilungen und Krankenhäuser vorweisen sollten, die TAVIs durchführen. Die Kriterien werden derzeit von einer Kommission entwickelt, die im Sommer ein Positionspapier vorlegen wird."

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Hohes Herzrisiko für dicke Bäuche

Mannheim, Freitag, 25. April 2014 - Männer mit einem Bauchumfang von 110 Zentimetern und mehr haben mit einer Wahrscheinlichkeit von 47 Prozent Diabetes, mit 90 Prozent Bluthochdruck und mit mindestens 95 Prozent ungünstige Blutfettwerte. Taillen von 110 Zentimeter geben zu 95 Prozent einen Hinweis auf einen Body-Mass-Index (BMI) von 30 und mehr, also einem Übergewicht, das in einem hohen Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Krankheiten steht. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von Prof. Dr. Andreas Schuchert (Neumünster) und seinem Team, das auf der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim vorgestellt wurde.

Die Forscher hatten die Daten von 4.918 Männern analysiert, die nach einem akuten Koronarsyndrom (ACS) oder einer Bypass-Operation ein kardiales Rehabilitationsprogramm absolvierten. Die analysierten Risikofaktoren waren Diabetes, Bluthochdruck, überhöhte Blutfettwerte, Rauchen und eine familiäre Vorbelastung. Die Ergebnisse zeigten, dass 24 Prozent der Patienten einen BMI von über 30 hatten. Es gab einen linearen Zusammenhang zwischen BMI und Bauchumfang mit Diabetes und Bluthochdruck, jedoch nicht mit Rauchen und einer familiären Vorbelastung.

Der BMI wird zur systematischen Einteilung des Körpergewichts verwendet. Die Formel dafür ist Kilogramm Körpergewicht dividiert durch das Quadrat der Körpergröße in Metern. Ein Mensch mit 100 Kilogramm Körpergewicht und einer Größe von 1,80 Meter hat demnach einen BMI von 31 (BMI = 100/1,82). Fettleibigkeit ist definiert als ein BMI von 30 und mehr und häufig mit koronarer Herzkrankheit assoziiert.

Im Vergleich zum Rechnen des BMI sei das Messen des Bauchumfangs einfacher und schneller und könne im Rahmen einer Untersuchung einfach bestimmt werden, so die Studienautoren. Das Wissenschaftlerteam ist davon ausgegangen, dass Bauchumfangmessungen das Identifizieren fettleibiger Patienten erleichtern können und direkte Hinweise auf die führenden Risiken Diabetes und Bluthochdruck geben.

Quelle:
DGK Abstract V829, A. Schuchert et al, Waist circumference > 110 cm for the prediction of major cardiac risk factors in obese patients with coronary heart disease. Clin Res Cardiol 103, Suppl 1, April 2014

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Deutsches Mitralklappen-Register: MitraClip-Verfahren nützt Patienten mit und ohne Vorhofflimmern

Mannheim, Freitag, 25. April 2014 - Neue Ergebnisse aus dem deutschen Mitralklappen-Register (TRAMI Register) zeigen, dass das Katheter-gestützte MitraClip-Verfahren Patienten mit und ohne Vorhofflimmern nützt. Diese Methode zur Behandlung der symptomatischen hochgradigen Mitralklappen-Insuffizienz konnte unabhängig vom Herzrhythmus sicher und effektiv durchgeführt werden, die Mitralklappen-Insuffizienz wurde bei 94 Prozent der Patienten reduziert. Das berichtet Dr. Alexander Jabs (Mainz) auf der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim.

Die Undichtigkeit der Mitralklappe ist eine häufige Herzerkrankung. Wird sie zu groß, muss das Herz deutlich mehr arbeiten und es entsteht eine Schädigung des Herzmuskels mit Wassereinlagerungen, Luftnot, Müdigkeit und fehlender Belastbarkeit. Das minimalinvasive Verfahren MitraClip ermöglicht es, ohne Operation und Brustkorb-Eröffnung die Undichtigkeit der Mitralklappe zu beheben. Über die Leiste wird ein Katheter ins Herz vorgeschoben, an dessen Spitze sich der Clip befindet, der an der richtigen Stelle platziert wird. Gegenstand der aktuellen Untersuchung war der mögliche Einfluss von Vorhofflimmern versus normalem Herzschlag (Sinusrhythmus) auf Sicherheit und Wirksamkeit des MitraClip Verfahrens. Von den 801 MitraClip Patienten, die zwischen 2009 und 2013 in TRAMI eingeschlossen wurden, hatten 384 (47,9%) Vorhofflimmern im Aufnahme-EKG.

Fazit: Erfolgreich durchgeführt wurde der Eingriff bei rund 95,5 Prozent der Patienten. Im Mittel wurden 1,4 Clips pro Patient implantiert. Während des Krankenhausaufenthaltes unterschieden sich die Raten schwerer Ereignisse zwischen den Gruppen nicht.

Die bei Follow-up Untersuchungen 38 bis 181 Tage nach dem Eingriff erfassten MACCE (Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall) waren nicht signifikant unterschiedlich, es fand sich auch kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Re-Hospitalisierungshäufigkeit. Die Häufigkeit einer NYHA III/IV Herzinsuffizienzsymptomatik im Vergleich zur Situation vor MitraClip© war deutlich rückläufig. Entsprechend schätzten 64,7 Prozent der Patienten mit Vorhofflimmern ihren Gesamtgesundheitszustand verglichen mit vor 12 Monaten als verbessert ein.

Dr. Jabs: "Somit liefern die TRAMI-Registerdaten - trotz Register-abhängiger Limitationen - Anhaltspunkte dafür, dass das MitraClip-Verfahren als eine Katheter-gestützte Methode zur Behandlung der symptomatischen hochgradigen Mitralklappen-Insuffizienz in dem untersuchten Patientenkollektiv unabhängig vom Herzrhythmus im Aufnahme-EKG sicher und effektiv durchgeführt werden kann. Es reduziert die Mitralklappen-Insuffzienz bei der großen Mehrheit der Patienten, und die Patienten profitieren auch längerfristig davon."

Quelle:
DGK Abstract P1754, A. Jabs et al, Effects of Atrial Fibrillation and Heart Rate on Percutaneous Mitral Valve Repair - results of the German transcatheter mitral valve interventions (TRAMI) registry.
Clin Res Cardiol 103, Suppl 1, April 2014

Raute

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit über 8500 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa.

Weitere Informationen unter
www.dgk.org

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Prof. Dr. Eckart Fleck, 24.-25.04.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2014