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INFEKTION/1524: Forschung - Antibiotika gegen schwere Salmonelleninfektionen in Afrika zunehmend unwirksam (idw)


Deutsches Zentrum für Infektionsforschung - 02.06.2016

Antibiotika gegen schwere Salmonelleninfektionen in Afrika zunehmend unwirksam


Salmonelleninfektionen im Blut, ausgelöst durch das Bakterium Salmonella enterica, führen in südlichen Regionen und Südostasien nach wie vor zu vielen Todesfällen. Besonders betroffen sind Kinder zwischen zwei und fünf Jahren. Die Behandlung dieser Infektionen könnte immer mehr zum Problem werden, denn die Resistenzen gegen die eingesetzten Antibiotika nehmen zu. DZIF-Wissenschaftler vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg konnten nun nachweisen, dass auch neuere Generationen von Antibiotika immer weniger wirksam sind.

"Wenn wir die Salmonellen im Blut nicht mehr mit den neuen Antibiotika wie Ciprofloxacin in den Griff bekommen, ist das ein großes Problem für die betroffenen Länder", warnt Prof. Jürgen May, der zahlreiche Studien in Subsahara-Afrika und vor allem vor Ort in Ghana zu Salmonellosen durchgeführt hat. Im dortigen Kumasi haben das Bernhard-Nocht-Institut und das DZIF eine enge Partnerschaft mit den Forschern am Kumasi Centre for Collaborative Research in Tropical Medicine.

Blutvergiftungen durch Salmonellen der Art Salmonella enterica sind heute vor allem ein Problem der Entwicklungsländer; die Infektion des Darms erfolgt über verunreinigte Lebensmittel und verschmutztes Wasser. Jährlich erkranken weltweit etwa 22 Millionen Menschen an Typhus, der wohl bekanntesten Infektion, die diese Eindringlinge verursachen. Sie wird durch das Bakterium Salmonella Typhi ausgelöst, einer bestimmten Variante von Salmonella enterica. Typhus führt zu Fieber, Bauchschmerzen und Darmverstopfung; unbehandelt kann die Infektion zum Tode führen. Hinzu kommen sog. nicht-typhoide Salmonelleninfektionen, ausgelöst durch andere Serotypen von Salmonella enterica. Sie können ebenfalls zu einer Blutvergiftung führen und, so die Schätzungen, treffen noch einmal über 90 Millionen Menschen pro Jahr. Es ist nicht bekannt, warum es in diesen Ländern so häufig zum Übergang der Erreger in das Blut kommt. Eine gleichzeitig auftretende Malaria scheint dies zu begünstigen.

Seit Anfang der 1990er Jahre tauchten in Asien und Afrika immer häufiger multiresistente Salmonellenstämme auf, denen die gängigen Antibiotika wie Ampicillin oder Chloramphenicol nichts mehr anhaben konnten. Empfohlen wurde daraufhin von der WHO der Einsatz von Antibiotika der dritten Generation, wie das Ciprofloxacin aus der Gruppe der Fluorchinolone. In einer Studie in Ghana untersuchten May und sein Team nun, ob dieses neue Antibiotikum dort auch bereits Resistenzen ausgelöst hat. Von 2007 bis 2012 konnten über 300 Isolate von invasiven Salmonellen aus Blutkulturen gewonnen werden, also solchen, die zu Blutvergiftungen führen können.

Die Ergebnisse der Studie sind eine erste Warnung: In einigen Varianten von Salmonellen konnte eine verminderte Empfindlichkeit auf Ciprofloxacin nachgewiesen werden; bei einem Serotyp war bereits die Hälfte der Isolate betroffen. Der Typhus-Erreger Salmonella Typhi wies bei diesen Isolaten noch keine verminderte Empfindlichkeit auf. Eine länderübergreifende Untersuchung zeigte aber auch für Salmonella Typhi bereits eine reduzierte Empfindlichkeit für Ciprofloxacin; besonders hoch war das Vorkommen in Kenia. "Das ist insofern bedenklich, als Ciprofloxacin häufiger eingesetzt werden wird, wenn die Kosten sinken", erklärt May.

Die Wissenschaftler konnten darüber hinaus einzelne Mutationen im Erbgut der Erreger ausmachen, die für die geringere Empfindlichkeit verantwortlich waren.

"Die Ergebnisse machen deutlich, dass das Vorkommen von multiresistenten Salmonellenstämmen genauestens beobachtet werden muss, um die Last vernachlässigter Krankheiten wie Typhus und nicht-typhoide Fieber in den Griff zu bekommen", betont May. Ein wichtiger Schritt für eine Verbesserung der Situation sei das multinationale Forschungsprogramm gewesen, das die Daten in Subsahara-Afrika unter Beteiligung des DZIF erhoben hat (TSAP, Typhoid Fever Surveillance in Africa Program). Im Rahmen dieses Programms haben May und andere Wissenschaftler auch Studien zu Hygienemaßnahmen und zur Ausbreitung, zu Impfstoffen und Diagnostika durchgeführt.


Die Studien aus dem Programm sind in einem aktuellen Supplement der Zeitschrift "Clinical Infectious Diseases" veröffentlicht.

Kontakt
Prof. Jürgen May
Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg
DZIF: Afrikanische Partnerinstitute
E-Mail: may@bnitm.de

Publikationen

Eibach D et al: The Emergence of reduced Ciproflaxihn Susceptibility in Salmonella enterica causing Bloodstream Infections in rural Ghana
CID 2016, 62(S1); 32-36.

Al-Emran HM et al: A Multicountry molecular Analysis of Salmonella enterica Serovar Typhi with reduced susceptibility to Ciprofloxacin in Sub-Saharan Africa
CID 2016, 62(S1); 42-46

Überblick mit diesen und weiteren Studien aus dem Forschungsprogramm TSAP im Supplement:
Lessons learned from TSAP
Clinical Infectious Diseases 2016:62 (Suppl. 1)

Weitere Informationen finden Sie unter
http://cid.oxfordjournals.org/content/62/suppl_1 Veröffentlichungen zum Forschungsprogramm TSAP im Überblick

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1833

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, Karola Neubert, 02.06.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juni 2016

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