Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - 30.08.2016
Krebs: Tumorkachexien molekular abschalten
Gesundes Fettgewebe ist essentiell für ein verlängertes Überleben bei tumorinduzierten Hungerzuständen (Kachexie). Forscher am Helmholtz Zentrum München zeigen in "Nature Medicine", dass sich durch gezielte Manipulation eines Enzyms unerwünschte Stoffwechselprozesse stoppen lassen.
Bei Krebserkrankungen kommt es häufig zum Gewichtsverlust von Patienten aufgrund unerwünschter Stoffwechselstörungen. Diese sogenannte Tumorkachexie geht mit schlechten Prognosen hinsichtlich des Krankheitsverlaufs, der Lebensqualität und der Mortalität einher. Nach der Sepsis ist die Tumorkachexie die häufigste Todesursache bei Krebserkrankungen. Welche biochemischen Mechanismen eine Rolle spielen, ist nicht vollständig geklärt. Bislang gibt es auch keine pharmakologischen Möglichkeiten, um tumorassoziierte Hungerzustände gezielt zu beeinflussen.
Forscher des Instituts für Diabetes und Krebs (IDC) am Helmholtz Zentrum München identifizierten die AMP-aktivierte Proteinkinase (AMPK) als zentrales Enzym bei Tumorkachexien. AMPK hat eigentlich die Aufgabe, Zellen vor Energiemangel zu schützen. In der Tumorkachexie ist die AMPK-Aktivität aber krankheitsbedingt gehemmt, und es kommt zur sinnlosen Verschwendung körpereigener Energiespeicher.
Im Tumormodell gelang es, die AMPK gezielt zu reaktivieren. Die therapeutische Manipulation erfolgte über ein spezifisches Peptid, das zwischen der AMPK und dem Lipidtropfen-assoziierten Protein Cidea angreift, und so den vermehrten Fettabbau (Lipolyse) bei Tumorerkrankungen aufhalten kann.
"Unsere Daten legen nahe, dass die Erhaltung von 'gesundem' Fettgewebe nicht nur die Lebensqualität, sondern auch das Ansprechen auf Therapien beziehungsweise das Überleben von Tumorpatienten fördern kann", sagt Prof. Stephan Herzig, Direktor des IDC. "Die Interaktion zwischen AMPK und Cidea kann als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Lipolyse-Hemmer verwendet werden, die dann den Abbau von Energiespeichern im Fett bei Tumorerkrankungen verhindern könnten." Darüber hinaus sieht er Möglichkeiten, die gewonnenen Erkenntnisse auf andere Hungerzustände z.B. bei Sepsis oder Verbrennungen zu übertragen.
Weitere Informationen
Originalveröffentlichung:
Maria Rohm et al. (2016), An AMPK-stabilizing peptide ameliorates adipose
tissue wasting in cancer cachexia in mice. Nature Medicine,
doi:10.1038/nm.4171. Link zum Abstract:
http://www.nature.com/nm/journal/vaop/ncurrent/full/nm.4171.html
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- Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für
Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose,
Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes
mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das
Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz
des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum
München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der
Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und
medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten
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- Das Institut für Diabetes und Krebs (IDC) ist Mitglied des Helmholtz
Diabetes Zentrums (HDC) am Helmholtz Zentrum München und Partner im
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für Diabetes und Krebs ist eng in das Deutsche Zentrum für
Diabetesforschung (DZD) und in den Sonderforschungsbereich (SFB) "Reaktive
Metaboliten und Diabetische Komplikationen" an der Medizinischen
Universität Heidelberg integriert. Das IDC erforscht die molekularen
Grundlagen schwerer metabolischer Erkrankungen, wie dem Metabolischen
Syndrom und Typ 2 Diabetes, und deren Bedeutung für die Tumorentstehung
und -progression.
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http://idw-online.de/de/institution44
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
Susanne Eichacker, 30.08.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2016
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