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HERZ/430: Vorhofflimmern - Neuer Katheter vereinfacht Behandlung von Herzrasen (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Donnerstag, 24. September 2009

Vorhofflimmern: Neuer Katheter vereinfacht Behandlung von Herzrasen


fzm - Vorhofflimmern, die häufigste Herzrhythmusstörung, lässt sich durch einen Katheter behandeln. Dabei schädigt der Arzt mit Hilfe von Hitze gezielt bestimmte elektrische Leitungsbahnen oder impulsgebende Zellen im Herzen so, dass ein regelmäßiger Rhythmus wieder von anderen Zellen übernommen werden kann. Die Ablation, wie die Therapie in Fachkreisen genannt wird, ist jedoch kompliziert und gelingt nicht immer. Mit einem neuen Katheter kann einer Studie in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009) zufolge die Erfolgsrate gesteigert und gleichzeitig das Komplikationsrisiko gesenkt werden.

Wenn das Herz anfallsweise zu rasen beginnt oder der Puls dauerhaft auf über 100 Schläge pro Minute steigt, liegt die Ursache häufig in den Eintrittsstellen der vier Lungenvenen in den linken Herzvorhof. Hier entstehen unkontrollierte elektrische Impulse, die das Herz aus dem Takt bringen. Die Ablation schafft eine Barriere, indem sie das Gewebe an der Oberfläche durch einen Hochfrequenzstrom erwärmt. Es entsteht eine Narbe, die unüberwindbar für störende Impulse ist.

Mit den bisher benutzten Kathetern musste das Gewebe Punkt für Punkt erhitzt werden, ein schwieriges Unterfangen, wie Dr. med. Axel Meissner und seine Kollegen von der Ruhr-Universität Bochum berichten. Denn: Der Katheter, den die Ärzte von der Leistenbeuge aus über die Hohlvene zum Herzen schieben, trifft zunächst im rechten Vorhof ein. Um in den linken Vorhof zu gelangen, muss der Arzt die Wand zwischen den beiden Vorhöfen durchstechen - und dies gleich zweimal. Ein Loch für den Ablations- und das andere für einen sogenannten Mapping-Katheter, der die Herzströme misst und dem Arzt die Orientierung erleichtert.

Kurzum: Die Behandlung war umständlich und kompliziert und die Erfolgsrate auch bei geübten Kardiologen gering. Die Lösung könnte in einem neuartigen Katheter liegen, den eine US-Firma entwickelt hat und - nach erfolgreichen tierexperimentellen Studien - in Bochum an Patienten testen ließ. Das Neue an dem Katheter ist, dass er Mapping- und Ablationssonde vereint und daher nur ein Katheter notwendig ist. Er wird über denselben Weg bis in die einzelnen Lungenvenen vorgeschoben. Dort entfaltet sich ein Drahtkörbchen so weit, dass es von innen an die Gefäßwand anstößt. Zeigen die Sonden, dass der Katheter an der richtigen Position liegt, erfolgt die Ablation an 36 Punkten gleichzeitig.

Dr. Meissner: Die Untersuchungszeiten wurden deutlich verringert und die Ergebnisse verbessert. Die Ablation war in mehr als 90 Prozent der Lungenvenen technisch erfolgreich. Bei 35 von 40 Patienten besserte sich das Vorhofflimmern, 27 wurden sogar vollkommen beschwerdefrei. Besonders günstig waren die Ergebnisse bei Patienten mit anfallsweisem Herzrasen: 20 von 23 wurden von den Attacken befreit. Alle waren zuvor lange Zeit erfolglos mit Medikamenten oder auch mit anderen Kathetern behandelt worden.

Erfreulich ist auch, dass keiner der Patienten eine schwere Komplikation erlitt. Besonders gefürchtet ist ein Schlaganfall, ausgelöst durch kleine Blutgerinnsel, die sich beim Durchstechen der Wand oder beim Hantieren mit dem Katheter bilden und über die Halsschlagader ins Gehirn gelangen. Auch Blutungen in den Herzbeutel, in die Speiseröhre oder eine Zwerchfelllähmung durch Verletzung eines in der Nähe verlaufenden Nervs sind möglich. Sie waren der Grund, weshalb Ärzte bisher erst dann zum Katheter griffen, wenn andere Therapien versagt hatten. Trotz der guten Ergebnisse bleibt Dr. Meissner zurückhaltend: Bevor der Katheter breiter eingesetzt werden kann, sind weitere Studien mit einer größeren Patientenzahl und einer längeren Nachbeobachtungszeit notwendig.


A. Meissner et al.:
Paroxysmales und persistierendes Vorhofflimmern:
Neue Therapiekonzepte der Pulmonalvenen-Isolation.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2009; 134 (38): S. 1861-1867


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Quelle:
FZMedNews - Donnerstag, 24. September 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2009