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THERAPIE/346: Therapiezentrum für traumatisierte Kinder und Jugendliche (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 5/2016

PTBS
Initiative gegen das Trauma

Von Dirk Schnack


Der Hamburger Verein Ankerland hat kürzlich ein eigenes Therapiezentrum für traumatisierte Kinder und Jugendliche eröffnet.


Für psychisch traumatisierte Kinder und Jugendliche ist in der deutschen Regelversorgung nicht immer ein störungsspezifisches Therapieangebot zu finden. Trotz schrecklicher Erlebnisse durch Unfälle oder Gewalt müssen die Betroffenen manchmal zu früh wieder allein mit den Folgen zurechtkommen. In Hamburg hat der Verein Ankerland kürzlich ein neues ambulantes Therapiezentrum eingeweiht, das speziell auf die Bedürfnisse psychisch traumatisierter Kinder und Jugendlicher ausgerichtet ist und diese bei Bedarf über Jahre begleitet. Mit einem festen Team aus Psychotherapeuten, Musik- und Kunsttherapeuten sowie Physiotherapeuten wird eine zeitlich unbefristete, speziell auf Traumafolgestörungen ausgerichtete Intensivbehandlung für Kinder ab zwei Jahren, Jugendliche, junge Erwachsene und deren Familien angeboten. Im Behandlungsteam finden die Betroffenen vertraute Personen. Wechselnde Ansprechpartner und Zeitdruck durch Kostenträger gibt es im Trauma-Therapiezentrum nicht.

Der ärztliche Leiter und Gründer Dr. Andreas Krüger hat als Standort für das Zentrum eine alte Villa in Hamburg-Eppendorf gefunden, in der nichts an ein Krankenhaus oder an eine Praxis erinnert - für den niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiater "die optimale Umgebung, um die kindliche Seele zur Ruhe kommen zu lassen". Zwischen 50 und 60 Patienten pro Quartal kann der Verein in seinem Zentrum helfen. Nach Schätzungen des Vereins gibt es allein in der Hansestadt zwischen 5.000 und 10.000 Kinder und Jugendliche, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leiden. Viele von ihnen nehmen lange Wartezeiten in Kauf, werden wohnortfern und damit ohne optimale Integration ihres Umfeldes und nach Beobachtung des Vereins zum Teil auch fachlich unzureichend therapiert.

Seine Arbeit finanziert der Verein über Spenden und Stiftungen. Die Behandlung eines Kindes beziffert der Verein auf rund 7.000 Euro im Jahr. Den Umbau der Immobilie und die Startphase des Zentrums hat der Verein aus Mitteln verschiedener Stiftungen und Spender sowie aus Zuschüssen der öffentlichen Hand finanziert. Um die laufende Arbeit bezahlen zu können, ist der Verein aber weiterhin dringend auf Unterstützung angewiesen.

Neben dem Therapiezentrum bietet der Verein auch ein Informationstelefon für Betroffene, über das sie wohnortnahe Unterstützung finden. Außerdem klärt Ankerland über Entstehung und Therapie von Traumata bei Kindern und Jugendlichen auf und veranstaltet die Fachtagung TraumaTage als Informations- und Diskussionsplattform für Ärzte und Psychotherapeuten. Als besondere Herausforderung nennt der Verein die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Allein für Hamburg sei mittelfristig mit rund 1.000 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu rechnen. "Diese meist extrem traumatisierten jungen Menschen sind oft entsprechend schwer psychisch belastet, leiden unter schweren Formen und Traumafolgestörungen und benötigen häufig eine langjährige Behandlung", so der Verein.

Auch nach Angaben der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) leiden Flüchtlingskinder, die in ihrer Heimat Krieg und Gewalt oder auf der Flucht schreckliche Ohnmacht und Ausgeliefertsein erlebt haben, oft noch jahrelang an ihren traumatischen Erlebnissen und verhalten sich anders, als die Eltern sie kennen. Rund jedes fünfte Flüchtlingskind leidet nach Zahlen der BPtK unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Viele Eltern wissen nach ihrer Beobachtung nicht, wie sie mit diesen Folgen für ihr Kind umgehen sollen.


Info

60 traumatisierten jungen Patienten kann Ankerland maximal im Quartal helfen. Nach Angaben der Initiative leiden allein in Hamburg zwischen 5.000 und 10.000 Kinder und junge Menschen unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 5/2016 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2016/201605/h16054a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
69. Jahrgang, Mai 2016, Seite 25
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dirk Schnack (Ltg.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2016

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