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GEWALT/277: Klinikum Itzehoe gründet eine Kinderschutzgruppe (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 3/2019

Kinderschutz
Kompetente Anlaufstelle

von Astrid Schock


Das Klinikum Itzehoe hat eine Kinderschutzgruppe gegründet, die gefährdende Situationen für Kinder erkennt und bei Bedarf hilft.


Blaue Flecken, Angstzustände oder lückenhafte Therapiepläne - Kindeswohlgefährdung zeigt sich auf vielfältige Weise. Häufig sind sich die Kinder selber der Gefährdung nicht bewusst und auch das Umfeld ist entweder involviert und damit emotional eingebunden oder kann die Gefahr selber einfach nicht erkennen.

Doch wie können Vernachlässigung, Gewalt und Missbrauch auch von außen erkannt und Maßnahmen dagegen ergriffen werden? Das Klinikum Itzehoe möchte diesen Kindern mit einer kompetenten Anlaufstelle helfen und hat dafür kürzlich eine von der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKiM) akkreditierte Kinderschutzgruppe gegründet. In Schleswig-Holstein gibt es laut DGKiM-Übersicht außerdem am Helios Klinikum Schleswig eine solche Gruppe.

"Ziel der Gruppe ist es, gefährdende Situationen für Kinder und Unterstützungsbedarf von Familien schnell und zuverlässig zu erkennen und die erforderlichen Hilfen in die Wege zu leiten", erklärte Dr. Georg Hillebrand, Chefarzt der Kinderklinik in Itzehoe.

Eine von der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin akkreditierte Kinderschutzgruppe besteht aus einem ärztlichen Leiter, der in den vergangenen zwei Jahren mindestens zehn Kinderschutzfälle geleitet hat und Facharzt für Kinderchirurgie, Kinder- und Jugendmedizin oder Kinder- und Jugendpsychiatrie ist (in Ausnahmefällen auch andere Facharztrichtungen möglich). Zudem sind eine ärztliche Vertretung und zwei weitere Mitglieder zu benennen, die an mindestens fünf Kinderschutzfällen in den letzten zwei Jahren teilgenommen haben. Die zwei weiteren Mitglieder sollten bestenfalls aus dem Bereich der Pflege, der Psychologie oder einem anderen fachärztlichen Bereich kommen. Weitere Mitglieder sind möglich.

Durch die Zusammenarbeit der berufsübergreifenden Bereiche Kinder- und Jugendmedizin, Sozialpädagogik, Psychologie und Traumatologie in Itzehoe können die einzelnen Gefährdungen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und gemeinsam beurteilt werden.

Das Team der Kinderschutzgruppe möchte Kindern, die in der Vergangenheit Gewalt oder Vernachlässigkeit erfahren mussten, ebenso wie Kindern, denen Gefahr droht, Hilfe anbieten und sie auffangen. Zudem soll die Sensibilität für das Kindeswohl und die Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für Anzeichen bei allen Beteiligten auch außerhalb der Arbeitsgruppe erhöht werden.

Die verschiedenen Blickwinkel ermöglichen dem interdisziplinären Team ein ganzheitliches Bild der Situation und versetzen es in die Lage, die möglichen Hilfen gemeinsam abgewägen zu können.

Wie die Kinderschutzgruppe Kenntnis über eine Gefährdung erlangt, ist so unterschiedlich wie der Bearbeitungsablauf. Entweder fallen Besonderheiten wie Spuren körperlicher Gewalt bei einer Behandlung auf, Therapiepläne sind unvollständig und werden nicht eingehalten oder Familien und Angehörige treten selbst an die Kinderschutzgruppe heran. Der Bearbeitungsablauf weicht von Fall zu Fall ab, orientert sich jedoch stets an den Grundsätzen der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin. "Jeder Fall ist anders", betont Nils Ole Wiebe, Oberarzt in der Kinderklinik im Klinikum Itzehoe. Er ist Vorsitzender der Kinderschutzgruppe in Itzehoe und von der Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin zertifiziert.

Bei einem ersten Verdacht ist schnelles Handeln erforderlich. Eine Zusammenarbeit mit anderen Institutionen wie dem Jugendamt oder Beratungsstellen wie Pro Familia sind unabdingbar. "Es profitieren alle davon", betont Wiebe.


Info

Die DGKiM ist eine Subspezialität der Kinderheilkunde, die sich aus mehreren Bereichen der Medizin und darüber hinaus zusammensetzt. Ihr Ziel ist die wissenschaftliche, klinische und praktischärztliche Arbeit auf dem Gebiet der Erkennung und Verhinderung von Gewalt und Vernachlässigung an Kindern und Jugendlichen zu fördern.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 3/2019 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2019/201903/h19034a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
72. Jahrgang, März 2019, Seite 27
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. April 2019

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