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PFLEGE/623: Reform der Pflegeversicherung - Neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff verbindlich einführen und umsetzen (KDA)


Kuratorium Deutsche Altershilfe / Wilhelmine Lübke Stiftung e. V. - 03.07.2014

Reform der Pflegeversicherung: verbindliches Gesamtkonzept bald vorlegen



Der Entwurf des 5. Gesetzes zur Änderung des SGB XI (Pflegestärkungsgesetz), der am 4. Juli 2014 im Bundestag beraten wird, ist ein erster Schritt und enthält vielversprechende Ansätze. Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) unterstützt die Bereitschaft, den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff einzuführen, die Erhöhung der Mittel zur Wohnanpassung und für die ambulante Versorgung in den Familien.

Köln, 3. Juli 2014. Der Entwurf des 5. Gesetzes zur Änderung des SGB XI (Pflegestärkungsgesetz), der am 4. Juli 2014 im Bundestag beraten wird, ist ein erster Schritt und enthält vielversprechende Ansätze. Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) unterstützt die Bereitschaft, den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff einzuführen, die Erhöhung der Mittel zur Wohnanpassung und für die ambulante Versorgung in den Familien. "Dennoch lässt der Gesetzentwurf ein zukunftsfähiges Gesamtkonzept und dessen verbindliche Umsetzung zur Lösung der Herausforderungen des demografischen Wandels vermissen. Wir bedauern, dass die Chance für eine umfassende Reform nicht genutzt wird", sagt Dr. h. c. Jürgen Gohde, Vorstandsvorsitzender des KDA. Das KDA schlägt vor:

Neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff verbindlich einführen und umsetzen

Die Definition der Pflegebedürftigkeit steht seit Bestehen der Pflegeversicherung in der Kritik: Die Leistungen der Versicherung bauen auf einem verrichtungsbezogenen Bild von Pflege auf. Deshalb haben z.B. Personen mit kognitiven Einschränkungen häufig nicht die Hilfe erhalten, die sie brauchen. Im aktuellen Gesetzentwurf werden einige dieser Defizite mit weiteren Leistungsverbesserungen ausgeglichen. Ein Paradigmenwechsel hin zu einem umfassenden Verständnis von Pflege fehlt nach wie vor. Das KDA fordert, die fachlichen, finanziellen und personellen Rahmenbedingungen der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und des neuen Begutachtungsverfahrens zeitnah zu regeln, den Pflegebedarf leistungsrechtlich abzubilden und das Zusammenspiel mit anderen Sozialgesetzbüchern zu verbessern. Damit ergeben sich neue Chancen für eine verbesserte Pflege vor Ort.

Es geht aber nicht nur darum, den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff einzuführen. Eine erfolgreiche Umsetzung muss von allen Akteuren - Bund, Ländern, Kommunen, Kassen, Verbänden, Einrichtungen und Diensten, Ausbildungsinstitutionen und Einzelpersonen - mitgetragen und aktiv unterstützt werden.

Entlastung pflegender Angehörige: Entwicklungspotential nutzen

Pflegende Angehörige tragen schon jetzt einen Großteil der pflegerischen Versorgung in Deutschland. Der Gesetzentwurf rückt die besonderen Bedarfe dieser Gruppe in den Fokus und fördert die Flexibilisierung von Leistungen. Die Entlastung der Angehörigen durch die Einführung der Betreuung als einer 3. Säule im Leistungsrecht ist aufgrund der demografischen Entwicklung nötig. Das KDA fordert weiter eine bundesweit zugängliche, unabhängige und ortsnahe Beratung pflegender Angehöriger und schlägt vor, die einzelnen Entlastungsleistungen zu einem Budget zusammenzuführen. Dazu zählt auch die teilweise Umwidmung von Sachleistungsbudgets. So könnten pflegende Angehörige die Angebote auswählen, die individuell passen und die vor Ort vorhanden sind.

Pflege bleibt unterfinanziert: verbindliche Leistungsdynamisierung festlegen

Bei Ankündigung des Gesetzentwurfs wurde die Dynamisierung der Leistungen als wesentliche Verbesserung angekündigt. Zwischen 2,65 und 4 Prozent mehr als bisher soll ab 2015 für Leistungen der Pflegeversicherung abgerechnet werden. Diese Dynamisierung gleicht nicht die Preissteigerungsrate seit der letzten Erhöhung aus. Diese lag bei 5,7 Prozent. Der fehlende Ausgleich trägt weiter zur Unterfinanzierung der Pflege und zu nicht ausreichender Personalausstattung bei. Das KDA fordert, im Gesetz eine verbindliche Leistungsdynamisierung festzulegen.

Vorsorgefonds bringt keine langfristige Lösung:
Vorsorge durch Quartiersorientierung der pflegerischen Versorgung und Stärkung der Kommunen verbindlich angehen

Auch die Einrichtung eines Vorsorgefonds, um zu erwartende Beitragssteigerungen aufgrund des demografischen Wandels abzumildern, kann die finanziellen Grundlagen nicht dauerhaft sichern. Experten haben berechnet, dass Aufwand und Nutzen eines solchen Fonds in keinem Verhältnis zueinander stehen. Vorsorge ist mehr. Das KDA fordert, die Chancen einer quartiersorientierten Pflege zu nutzen, in der jetzigen Reform die Gestaltungskraft der Kommunen zu stärken und durch die Entwicklung "Sorgender Gemeinschaften" zur Vorsorge zu beizutragen.


Eine ausführliche Stellungnahme zum Referentenentwurf kann im Internet unter
http://www.kda.de/news-detail/items/stellungnahme-des-kda-zum-entwurf-eines-fuenften-gesetzes-zur-aenderung-des-elften-buches-sozialgesetzbuch.html
heruntergeladen werden.

Das Thema "Pflegeversicherung" wird auch in der aktuellen Ausgabe des KDA-Fachmagazins ProAlter (4/2014) ausführlich als Schwerpunkt behandelt.

Weitere Informationen unter
http://www.kda.de/news-detail/items/proalter-4-2014-20-jahre-pflegeversicherung.html


Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA)
Das KDA entwickelt seit mehr als 50 Jahren im Dialog mit seinen Partnern Lösungskonzepte und Modelle für die Arbeit mit älteren Menschen und hilft, diese in der Praxis umzusetzen. Es trägt durch seine Projekte, Beratungen, Fortbildungen, Tagungen und Veröffentlichungen wesentlich dazu bei, die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern. Dabei versteht sich das KDA als Wegbereiter für eine moderne Altenhilfe und Altenarbeit.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution541

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Kuratorium Deutsche Altershilfe - Wilhelmine Lübke Stiftung e. V.
Simone Helck, 03.07.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2014