Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → SOZIALES


PFLEGE/753: Menschen und Robotik (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 1/2019

Pflege
Menschen und Robotik


Pflege braucht in Zukunft beides, wurde auf einer Veranstaltung der DAK Gesundheit in Kiel deutlich.

Viele Pflegekräfte auch in Schleswig-Holstein fühlen sich im beruflichen Alltag überlastet, weil sie nicht ausreichend Zeit für die Pflegebedürftigen haben. Mögliche Auswege wurden auf einer Veranstaltung der DAK Gesundheit in Kiel diskutiert. Einer von ihnen ist das in den Niederlanden erfolgreiche Konzept der Nachbarschaftshilfe ("Buurtz-org"). Ziel ist eine ambulante Pflege, die sich nach dem individuellen Bedarf richtet und u. a. wegen fehlender Hierarchien bezahlbar bleibt. Das von Stefanie Brahmst vom Pflege Institut Nord in Hohenwestedt vorgestellte Konzept soll in den Niederlanden zu höherer Zufriedenheit der Pflegenden geführt haben und gilt deshalb als geeignet, Pflegekräfte länger im Beruf zu halten bzw. Aussteiger zur Rückkehr zu bewegen.

In Kiel stieß das Konzept sowohl bei Pflegekassen als auch bei der Pflegeberufekammer auf Interesse. Patricia Drube, Präsidentin der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein, begrüßte insbesondere die Freiheiten, die die Pflegenden bei diesem Ansatz haben. Ein Modellprojekt zur Nachbarschaftshilfe wird in Deutschland derzeit in Emsdetten erprobt. Ob ein vergleichbares Konzept demnächst auch in Schleswig-Holstein an den Start gehen wird, stand bis Redaktionsschluss nicht fest.

Vorn dabei ist der Norden dagegen beim Thema Robotik in der Pflege. Prof. Jens Lüssem von der Fachhochschule Kiel verdeutlichte auf der Veranstaltung, wie Roboter "Emma" mit Pflegebedürftigen kommunizieren kann. Er stellte klar, dass Roboter nicht als Ersatz, sondern ausschließlich zur Ergänzung der menschlichen Pflegeleistungen eingesetzt werden können. Denkbar ist dies etwa zur Erinnerung an regelmäßiges Trinken oder als Motivation zum Gedächtnistraining. Auffällig war die breite Aufgeschlossenheit der Gäste für das Thema Robotik. Ob damit aber tatsächlich eine Entlastung auf breiter Front für die sich derzeit abzeichnenden Probleme in der Pflege einhergehen kann, blieb fraglich.

Die veranstaltende Krankenkasse verspricht sich mehr von Pflegekompetenzzentren, ein Konzept, für das der DAK-Vorstandsvorsitzende Andreas Storm auch in Kiel warb. Ziel dieser Zentren ist es, die benötigten Versorgungskapazitäten in der Region zu halten und den Bedarfen anzupassen. Zudem können in den Zentren wichtige Angebote - von Beratung über spezialisierte Wohngruppen bis zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege - unter einem Dach gebündelt werden. Der Pflegebedürftige soll nach den Vorstellungen der Kasse auf diese Weise optimal und auf seine individuelle Situation zugeschnitten versorgt werden. Als Pilot entsteht das erste Zentrum im niedersächsischen Landkreis Grafschaft Bentheim/Landkreis Emsland. Die DAK-Gesundheit ist Konsortialführerin des Projekts.

Um die steigenden Kosten für die Pflege für die Betroffenen bezahlbar zu halten, sprach sich Storm in Kiel für eine Deckelung des Eigenanteils aus. Die Eigenanteile für die Pflege wären dann nach Pflegegraden gestaffelt gleich. Der variable Zuschuss sollte nach seiner Ansicht von der Pflegekasse getragen werden. Um diese Zusatzausgaben stemmen zu können, sollten diese wiederum Zuschüsse aus Steuermitteln erhalten. Storm hält eine Größenordnung von bundesweit 3,5 Milliarden Euro mittelfristig für realistisch. Er erinnerte in diesem Zusammenhang auch an versicherungsfremde Leistungen, die Kranken- und Pflegekassen übernehmen. Für beide Vorschläge - Steuermittel für die Pflege und Deckelung des Eigenanteils - erhielt Storm Unterstützung von der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein, Samiah El Samadoni. Sie berichtete von einer hohen Zahl an Beratungssuchenden zum Thema Pflege, eine Entwicklung, die auch die Pflegeombudsfrau Dagmar Danke-Bayer und Hans-Jürgen Albien vom Sozialverband VdK während der Veranstaltung bestätigten. (DI)


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 1/2019 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2019/201901/h19014a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

*

Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
72. Jahrgang, Januar 2019, Seite 16
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung
Schleswig-Holstein
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-272, -273, -274,
E-Mail: aerzteblatt@aeksh.de
www.aeksh.de
www.arztfindex.de
www.aerzteblatt-sh.de
 
Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang