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PSYCHOLOGIE/105: Studie - Ärztinnen sprechen länger und intensiver mit ihren Patienten (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Dienstag, 10. Juni 2014

Studie - Ärztinnen sprechen länger und intensiver mit ihren Patienten



fzm, Stuttgart, Juni 2014 - Wie zufrieden ein Patient mit seinem Arzt ist, hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Verlauf der Behandlung: Wer sich in der Praxis gut aufgehoben fühlt, empfindet sich rein subjektiv als gesünder und ist eher bereit, sich an die therapeutischen Vorgaben zu halten. Einer aktuellen Studie zufolge spielt es dabei durchaus eine Rolle, ob ein Patient oder eine Patientin auf einen Arzt oder eine Ärztin trifft. Wie sich die Geschlechterverteilung innerhalb der Arzt-Patient-Beziehung auf die Patientenzufriedenheit auswirkt, berichten die Wissenschaftler um Dr. Gregor Weißflog, Psychologe an der Universität Leipzig, in der Fachzeitschrift "Das Gesundheitswesen" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2014). Demnach ist es von Vorteil, wenn mindestens einer der beiden Gesprächspartner eine Frau ist.

Für ihre Studie untersuchten Weißflog und seine Münchner und Leipziger Kollegen Krebspatienten in der Phase der Nachsorge nach Abschluss der stationären Behandlung. Insgesamt nahmen 1130 Patienten an der Befragung teil. Da die Studie zum Teil in der Urologie angesiedelt war, trafen mit über 800 der untersuchten Zweierbeziehungen, sogenannten Dyaden, in der Mehrzahl männliche Patienten auf männliche Ärzte. Ausgerechnet diese Patienten zeichneten sich durch die geringsten Zufriedenheitswerte aus. Zwar gaben auch hier immerhin 87 Prozent an, mit der Nachsorge zufrieden gewesen zu sein, doch lag dieser Wert deutlich unter dem der anderen drei Dyaden. In diesen untersuchten Beziehungen waren rund 94 Prozent der Patientinnen und Patienten zufrieden.

Bei den einzelnen Teilaspekten, die die Wissenschaftler abfragten, konnten vor allem die Dyaden punkten, in denen eine Patientin von einer Ärztin betreut wurde. Hier bewerteten gut 90 Prozent der Patientinnen die Kommunikation als vertrauensvoll. Dem Gespräch mit einem Arzt verliehen Patientinnen dieses Prädikat dagegen nur in rund 80 Prozent der Fälle. Ärztin-Patientin-Beziehungen zeichneten sich auch dadurch aus, dass hier die Lebenssituation der Patientin besonders berücksichtigt wurde, wie 80 Prozent der Patientinnen angaben. In den anderen drei Dyaden schwankte das positive Votum der Patienten und Patientinnen zwischen 64 und 71 Prozent.

Den Grund für diese Diskrepanz sehen die Wissenschaftler in den unterschiedlichen Kommunikationsstilen begründet, der sich Ärztinnen und Ärzte bedienen: In der Kommunikation zwischen Ärzten und Patient ist es das oberste Ziel, ein gleichberechtigtes Gespräch auf Augenhöhe zu führen. "Ärztinnen kommunizieren emotionaler mit ihren Patienten und schenken dem Stellenwert einer Krankheit im Leben des Patienten mehr Beachtung", erläutert Gregor Weißflog und verweist auf andere Studien, in denen sich ebenfalls die Kommunikation zwischen Ärztin und Patientin als besonders positiv erwiesen hatte. Diese rein weiblichen Dyaden tendierten auch zu längeren, patientenzentrierten und eher partnerschaftlichen Gesprächen. Die Kommunikation zwischen Patientin und Arzt dagegen gestaltet sich förmlicher und distanzierter.

"Unsere Studie legt nahe, dass Ärzte und Ärztinnen im wesentlichen entsprechend ihrer Geschlechterrolle kommunizieren", sagt Gregor Weißflog. Frauen tendieren allgemein dazu, empathischer zu kommunizieren. Damit kommen sie dem ärztlichen Ziel eines partnerschaftlichen Patientengesprächs näher als ihre männlichen Kollegen, die von Natur aus einen eher sachlichen und dominanten Kommunikationsstil pflegen. Wie Weißflog und seine Kollegen folgern, könnten die männlichen Ärzte - und mit ihnen ihre Patienten - davon profitieren, wenn sie entgegen den traditionellen Geschlechterstereotypen auf eine patientenorientierte Gesprächsführung achten.


G. Weißflog et al.:
Patientenzufriedenheit in der onkologischen Nachsorge - differentielle Befunde zur Geschlechtsspezifik in Arzt-Patient-Dyaden
Das Gesundheitswesen 2014; 76 (5); S. 306-311

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Quelle:
FZMedNews - Dienstag, 10. Juni 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juni 2014