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PFLEGE/455: Das A&O in der Pflege - die "Pflege" der Mitarbeiter (idw)


Ruhr-Universität Bochum - 19.10.2010

Das A&O in der Pflege: die "Pflege" der Mitarbeiter

- Qualität muss von innen entstehen - externe Kontrolle allein reicht nicht
- RUB-Forscher durchleuchten Pflegeeinrichtung - was läuft gut, was schlecht?


Weder externe Kontrollen allein noch sensationsheischende Medienberichte verbessern die Pflege: auf die "Pflege" der eigenen Mitarbeiter im Unternehmen kommt es an. Das ist das zentrale Ergebnis einer Fallstudie des Instituts für Arbeitswissenschaft der RUB mit einer Pflegeeinrichtung der Diakonie Ruhr, dem Fritz-Heuner-Heim in Dortmund. Ein Personalmanagement, das auf Qualität setzt, darf sich daher nicht nur auf die "externen Kunden", die Pflegebedürftigen, konzentrieren. Vielmehr muss es auch die "internen Kunden", die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in den Blick nehmen.

Nicht nur Defizite aufdecken

Insgesamt 30 Mitarbeiter und Führungskräfte der Einrichtung haben die Bochumer Wissenschaftler mit einem detaillierten, 16 Seiten umfassenden Fragebogen interviewt. Die Ergebnisse sind in einem umfangreichen Bericht zusammengefasst, den das IAW vor kurzem der Diakonie Ruhr übergeben hat. Ziel war, beispielhaft die Stärken und Schwächen eines Pflegeheims aufzudecken und konkrete Handlungsempfehlungen auszusprechen. "Es ist viel leichter, Defizite aufzuzeigen als auf Stärken im Qualitätsmanagement hinzuweisen. Letztlich sind aber die Stärken Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Personal- und Organisationsentwicklung", sagt der Bochumer Arbeitswissenschaftler und Leiter der Studie Dr. Martin Kröll.

Stärken: Qualitätsbewusstsein und hohe Verbundenheit

Was sind zum Beispiel solche Stärken? Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeichnen sich durch eine hohe Leistungsbereitschaft und Verbundenheit mit ihrer Einrichtung aus, zudem durch ein großes Interesse an beruflicher Weiterbildung. Sie zeigen ein ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein und weisen der ständigen Verbesserung des Pflegeprozesses (KVP) einen zentralen Stellenwert zu. Beschwerden werden schnell bearbeitet, außerdem bewerten die befragten Beschäftigten die Arbeit der Führungskräfte insgesamt positiv. "Vor allem die starke Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Einrichtung und ihrer Arbeit ist eine günstige Voraussetzung für die Weiterentwicklung und dauerhafte Sicherung einer hohen Pflegequalität", lautet ein Fazit der Studie.

Schwächen: Feedback, Dokumentation, Demotivation

Die Bochumer Forschergruppe hat aber auch herausgefunden, dass die Einrichtung noch nicht über eine ausgeprägte Feedbackkultur verfügt. Ziel muss ein stärkerer Austausch unter den Mitarbeitern sowie zwischen den Mitarbeitern und den Führungskräften sein, um Fehler künftig vermehrt zum Lernen zu nutzen, so die Studie. Außerdem ist das Teamlernen noch nicht ausgeprägt genug. Die Untersuchung zeigt zudem, dass die Mitarbeiter den Dokumentationsaufwand, den sie in der Qualitätssicherung betreiben müssen, sehr kritisch sehen. Für die Heimleitung ergibt sich daraus die Aufgabe, den Nutzen des Dokumentationsaufwands nachvollziehbarer zu machen. Ein weiteres Ergebnis schließlich: Negative Medienberichte über die schwarzen Schafe der Branche wie "Undercover im Luxus-Altenheim: außen hui, innen pfui" (ARD, Panorama, 2.9.2010) belasten und verunsichern die engagierten Mitarbeiter und können dauerhaft demotivieren.

Den Wandel gestalten

Vor zwei Jahren gehörte das Pflegeheim noch zu evangelischen Kirchengemeinden in Dortmund, dann übernahm die Ruhr-Diakonie die Trägerschaft. Die Einrichtung hat einen großen Stamm von Langzeitmitarbeitern, die schon über 10 bis 15 Jahre dort beschäftigt sind. In den letzten Jahren wurde das Heim von der externen Qualitätskontrolle evaluiert. Bei der ersten Kontrolle schnitt die Einrichtung in der Gesamtnote zunächst nicht gut ab. Nach einem grundlegenden Veränderungsprozess ergab die jüngste Kontrolle eine weit überdurchschnittlich gute Bewertung der Pflegequalität. Die Frage für die Bochumer Arbeitswissenschaftler war nun, wie die Mitarbeiter und die Führungsebene diesen Wandel gestalten und wie man die hohe Pflegequalität langfristig und nachhaltig stabilisieren kann. Dabei kommt der zielgruppenorientierten Personalentwicklung ein zentraler Stellenwert zu. So fühlen sich über die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer beruflichen Entwicklung zu wenig gefördert. Sie kritisieren, dass sie im Vergleich zu den Führungskräften kaum Möglichkeiten haben ihre Aktivitäten zur Kompetenzentwicklung selbst auszuwählen. All dies seien geeignete Ansatzpunkte zur "Pflege" der Mitarbeiter, heißt es in der Studie.


Weitere Informationen

Dr. Martin Kröll
Institut für Arbeitswissenschaft der RUB
E-Mail: martin.kroell@rub.de

Redaktion: Jens Wylkop

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution2


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung Nr. 331
Ruhr-Universität Bochum, Dr. Josef König, 19.10.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2010