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SUCHT/600: Stationäre Theapie gegen pathologische Computernutzung (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 11/2011

Neues Therapiekonzept

Stationäre Therapie gegen pathologische Computernutzung


Mehr als eine halbe Million Menschen in Deutschland gelten als internetabhängig. In Bad Bramstedt können sich PC-Junkies behandeln lassen.


Beim Umgang mit Internet, Smartphones und Tablet-PC's verlieren immer mehr Menschen jedes Maß. Schon 560.000 Menschen in Deutschland gelten als internetabhängig, weitere 2,5 Millionen zeigen ein problematisches Nutzungsverhalten. Diese Ergebnisse lieferte die vom Bundesgesundheitsministerium geförderte Studie "Prävalenz der Internetabhängigkeit" (PINTA 1) der Universitäten Lübeck und Greifswald.

Die alarmierenden Zahlen, aber auch die Beschwerdebilder eigener Patienten haben die Schön Klinik in Bad Bramstedt veranlasst, ein stationäres Therapiekonzept zu entwickeln. Nach Angaben der Klinik ist dies das erste störungsspezifische stationäre Therapiekonzept in Deutschland. Das neue Angebot richtet sich an volljährige Patienten, die ihren Computer bis zum Kontrollverlust nutzen und zusätzlich durch Begleitprobleme wie Verwahrlosung, Angststörungen, ADHS oder Essstörungen belastet sind. Ein interdisziplinäres Team aus Ärzten, Psychologen und Fachtherapeuten erstellt für solche Patienten individuelle Behandlungspläne.

Dabei wird u.a. versucht, Aktivitäten außerhalb der virtuellen Welt positiv zu erleben und soziale Kontakte zu fördern. Dazu zählen neben problemzentrierten Gesprächen in Gruppen auch gemeinsames Essen, Sport und Freizeit. Ziel ist ein kontrollierter Umgang, ein Computerverbot wird nicht angestrebt. "Ein völliger Verzicht auf Internet und Co. ist bei unseren heutigen Lebensverhältnissen unrealistisch", sagte Dr. Tim Aalderink, leitender Psychologe in Bad Bramstedt. Deshalb arbeiten Therapeuten und Patienten gemeinsam an Strategien zum künftigen Umgang. So wird etwa empfohlen, ausuferndes Surfen zu begrenzen, indem Betroffene vor dem Einschalten aufschreiben, wonach sie im Internet suchen und diese Punkte dann gezielt abarbeiten.

Vor der stationären Aufnahme raten die Klinikexperten den Betroffenen zum Gespräch mit einem niedergelassenen Arzt. Wenn dieser eine Einweisung für angezeigt hält, erstellt die Klinik in einem ambulanten Vorgespräch eine Differenzialdiagnose. Erste Ergebnisse über die Behandlungen will die Klinik in einem halben Jahr vorlegen. (di)


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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 11/2011 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2011/201111/h11114a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt November 2011
64. Jahrgang, Seite 25
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Januar 2012