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JUSTIZ/8335: Kriminalität und Rechtsprechung - 12.12.2019 (SB)


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Gießener Ärztin Kristina Hänel erneut verurteilt

Die Gießener Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel ist vor dem örtlichen Landgericht erneut mit dem Versuch gescheitert, nicht für ihren Internetauftritt bestraft zu werden. Dort hatte sie ihre Patientinnen über Schwangerschaftsabbrüche informiert. Das Landgericht Gießen milderte nur die gegen Hänel im November 2017 verhängte Geldstrafe von 6000 auf 3500 Euro ab. Der Fall wird auch nicht, wie von Hänels Anwälten gefordert, dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Das damalige Urteil war im vergangenen Jahr vom Oberlandesgericht Frankfurt bestätigt worden. Das Landgericht Gießen befaßte sich erneut mit dem Fall, weil der Bundestag nach der von Hänel angestoßenen, bundesweiten Debatte im März Paragraf 219a dahingehend geändert hatte, daß Ärztinnen und Ärzte zwar darüber informieren dürfen, daß sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, aber nicht darüber aufklären dürfen, welche Methode sie dabei anwenden. Letzteres wird nach wie vor als unzulässige Werbung für Schwangerschaftsabbrüche gewertet. Hänel und ihre Anwälte sehen darin eine verfassungswidrige Verletzung der Berufs- und die Meinungsfreiheit sowie eine Einschränkung des Grundrechts der betroffenen Frauen auf Informationsfreiheit. Deswegen will Hänel auch wegen der jüngsten Gerichtsentscheidung in Revision gehen. Die Gießener Richter selbst hatten den Widerspruch im reformierten Paragrafen 129a eingeräumt, wonach Auskünfte über Schwangerschaftsabbrüche zwar erlaubt sind, Informationen über die Methoden aber nicht.

12. Dezember 2019


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