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KOMET/135: Eismuster auf Komet Churyumov-Gerasimenko lassen tief blicken (DLR)


Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) - 23.09.2015

Dampf unter der Haube: Eismuster auf Komet Churyumov-Gerasimenko lassen tief blicken


Kometen sind imposante Erscheinungen am Nachthimmel. Auf ihrer Bahn ins Innere des Sonnensystems erwärmen sich ihre eisigen Kerne und setzen Gas und Staub frei. Die ausströmenden Gase, allen voran Wasserdampf, die auch die Staubpartikel mitreißen können, bilden eine Koma und einen Kometenschweif. Die Raumsonde Rosetta konnte bereits im September 2014 die frühe Aktivität des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko untersuchen. Lokale Gas- und Staub-Fontänen wurden damals von täglich wiederkehrenden Wassereismustern am "Nacken" des Kometen begleitet. Das zeigen jetzt ausgewertete Beobachtungen des Instruments VIRTIS (Visible and Infrared Thermal Imaging Spectrometer).

"Wie und wo genau die Quellen der kometaren Aktivität entstehen, war bisher ein weitgehend ungelöstes Rätsel der Kometenforschung", sagt Dr. Gabriele Arnold vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die die deutschen wissenschaftlichen Beiträge zum Instrument VIRTIS leitet. Mit der Entdeckung der Eismuster ließ sich nun nachweisen, dass zu bestimmten Tageszeiten Wasserdampf aus dem Kometeninneren an die Oberfläche strömt, anschließend im Schatten gefriert und bei Sonnenlicht erneut verdampft, um endgültig in den Weltraum zu entweichen. Das internationale VIRTIS-Forscherteam berichtet über die Entdeckung in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Nature.


Wasserdampf wandert durch poröses Kometenmaterial

"Wir sehen bei Churyumov-Gerasimenko ein außergewöhnlich dunkles Objekt, dessen Oberfläche weitgehend eisfrei ist", erläutert Dr. Gabriele Arnold. "Trotzdem ist der Komet voller Aktivität, die Wasser und andere flüchtige Bestandteile aus dem reichhaltigen inneren Reservoir nach außen frei setzt", so die Wissenschaftlerin vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin. Schnell wurden die Forscher auf die Eismuster aufmerksam, die dem Tag-Nacht-Rhythmus folgen. Sobald ein Wasserdampf speiender Ort auf der Oberfläche im Laufe der Kometenrotation abgeschattet war, bildete sich das Eis. Daraus schlussfolgerten die Wissenschaftler, dass Wasserdampf in den eisreichen Untergrundschichten entstehen muss, wo die Temperaturen nach dem unmittelbaren Sonnenuntergang noch höher sind, als an der Oberfläche. Von dort bahnt sich der Wasserdampf durch das ausreichend poröse Kometenmaterial seinen Weg zur Oberfläche und kondensiert. Die Wasserdampfkondensation aus der umgebenden Gashülle, genannt Koma, reicht nicht aus, um das Eis an der Oberfläche zu erklären. Dieser Prozess wird erst in größerer Nähe zur Sonne effektiv. "Die Untersuchungen von VIRTIS entschlüsseln somit erstmals einen der möglichen Mechanismen, der die lokale Aktivität des Kometen antreibt", unterstreicht Arnold.

Auch die Kometen 9P/Tempel 1 und 103P/Hartley 2 zeigten lokale Wassereiserscheinungen, die sich mit einem ähnlichen Tag-Nacht-Zyklus erklären lassen. Die Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass es sich bei ihrer Entdeckung, um einen Prozess handelt, der auch auf anderen Kometen anzutreffen ist.


Die Mission

Die Raumsonde Rosetta erreichte den Kometen Churyumov-Gerasimenko im August 2014 und beobachtete seitdem die zunehmende Aktivität des Kometen. Am 13. August 2015 erreichte dieser seine größte Annäherung an die Sonne. Sechseinhalb Jahre benötigt 67P für einen Sonnenumlauf und bewegt sich nun langsam wieder in Richtung des äußeren Sonnensystems.

Rosetta ist eine Mission der ESA mit Beiträgen von ihren Mitgliedsstaaten und der der NASA. Rosettas Lander Philae setzte am 12. November 2014 auf dem Kometen auf und wird von einem Konsortium unter der Leitung von DLR, MPS, CNES und ASI beigesteuert.

VIRTIS (Visible, InfraRed and Thermal Imaging Spectrometer) ist das visuell-infrarote Spektrometer an Bord der ESA-Sonde Rosetta. Es liefert Informationen zur Zusammensetzung des Kometenkerns und über die Verteilung des Materials an der Oberfläche sowie der Gase und Moleküle in der Koma. VIRTIS wurde von einem Konsortium unter der wissenschaftlichen Leitung des Istituto di Astrofisica e Planetologia Spaziali of INAF in Rom (Italien) gebaut, das auch den wissenschaftlichen Betrieb leitet. Zum Konsortium gehören das Laboratoire d?Études Spatiales et d?Instrumentation en Astrophysique of the Observatoire in Paris (Frankreich) und das Institut für Planetenforschung des DLR (Deutschland). Die Entwicklung des Instruments wurde gefördert und koordiniert durch die nationalen Raumfahrtagenturen: Agenzia Spaziale Italiana (ASI, Italien), Centre National d?Études Spatiales (CNES, Frankreich) und des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR, Deutschland). Die Unterstützung durch das Rosetta Science Operations Centre und das Rosetta Mission Operations Centre wird dankend gewürdigt. Die kalibrierten VIRTIS-Daten sind über die ESA Planetary Science Archive Webseite erhältlich:
www.rssd.esa.int/index.php?project=PSA&page=index


Den vollständigen Artikel mit Bildern finden Sie hier:
http://www.dlr.de/dlr/presse/desktopdefault.aspx/tabid-10172/213_read-15162/#/gallery/20762

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Quelle:
Pressemitteilung vom 23.09.2015
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Unternehmenskommunikation, Linder Höhe, 51147 Köln
http://www.dlr.de/


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. September 2015

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