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METEOR/031: Konstruktion einer Meteorkamera - Ein kooperatives Schülerprojekt (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 8/09 - August 2009
Zeitschrift für Astronomie

Konstruktion einer Meteorkamera - Ein kooperatives Schülerprojekt

Von Sophia Haude


Meteore zu beobachten und frisch gefallene Meteoriten zu finden, gehört zu jenen Gebieten der Astronomie, die auch ohne umfangreiche Vorkenntnisse Erfolge von wissenschaftlichem Wert ermöglichen. Dazu bedarf es einer Kamera mit großem Gesichtsfeld und eines Verfahrens zur Berechnung des Aufschlagpunkts. Beide Aufgaben lassen sich mit einfachen Mitteln lösen.


In klaren Nächten, bei dunklem Himmel, gehören Sternschnuppen zu den schönsten Himmelserscheinungen. Die meisten von ihnen werden von staubkorngroßen Partikeln aus dem interplanetaren Raum verursacht, die mit der Erde kollidieren und in den oberen Schichten der Atmosphäre verglühen. Weitaus seltener und dann umso beeindruckender sind größere interplanetare Körper, die auf ihrem Weg durch die Atmosphäre nicht vollständig verglühen (siehe den Infokasten "Eine kleine Meteorkunde" auf S. 72 in diesem Heft, Artikel: "Vom Ostsee-Meteor zum Maribo-Meteoriten").

Wer das Glück hat, einen solchen sehr hellen Meteor, eine so genannte Feuerkugel oder Boliden, einmal zu beobachten, kann vielleicht nachvollziehen, was viele Augenzeugen berichten: Sie haben den Eindruck, in ihrer unmittelbaren Nähe müsse ein Meteorit zu Boden gekommen sein, und manche suchen dann vergeblich danach. Tatsächlich kann in einem solchen Fall ein Rest des Himmelskörpers den Erdboden erreicht haben - in den meisten Fällen ist der Aufschlagpunkt aber viel weiter entfernt, als der Beobachter denkt.

Meteoriten zu finden ist nicht nur der Wunsch des staunenden Beobachters, sondern liegt auch im Interesse der Wissenschaft. Die Meteoritenforschung als Schnittgebiet der Astronomie und der Geowissenschaften beschäftigt sich mit Fragen zur Entstehung von Planetensystemen und trägt sogar zu Modellen von Supernova-Explosionen bei.


Netzwerk zum Aufspüren heller Meteore

Wie lässt sich nun der Ort bestimmen, an dem ein möglicher Meteorit aufgeschlagen ist? Zur Lösung dieses Problems gründeten Wissenschaftler unter anderem das Europäische Feuerkugelnetz. Dieses Netzwerk von Meteorkameras überwacht in jeder Nacht den gesamten Himmel über Deutschland und den meisten angrenzenden Staaten.

Durch Langzeitbelichtungen des Himmels zeichnet eine Meteorkamera die Leuchtspuren von Feuerkugeln auf. In Verbindung mit Aufzeichnungen von mindestens einer weiteren Kamera, die etwa hundert Kilometer entfernt sein sollte, besteht dann die Möglichkeit, die reale Flugbahn zu berechnen, die der Meteoroid innerhalb der Atmosphäre beschrieb.

Jede Kamera hängt in einem Gestell in definierter Höhe über einem konvexen Spiegel. Das große Gesichtsfeld eines derartigen Spiegels ermöglicht es, den gesamten Himmel auf einer einzigen Aufnahme abzubilden. Die Kameras belichten in der Regel nur ein Bild pro Nacht, wobei die Belichtungsdauer von der Mondphase, der Umgebungsbeleuchtung und der Länge der Nacht abhängt. Bei Neumond wird das Foto üblicherweise die ganze Nacht lang belichtet, bei Vollmond dagegen nur einige Stunden, da sonst sein helles Licht die Aufnahme sättigen würde.

Da die Kameras nicht nachgeführt werden und sich die Erde langsam vor dem Sternenhintergrund wegdreht, zeigen sich auf dem Foto Sternstrichspuren, die sich kreisförmig um den Himmelsnordpol anordnen, um den sich alle Sterne einmal pro Tag zu drehen scheinen. Jeder Stern wird also als Kreisbogenabschnitt dargestellt, dessen Anfangs- und Endpunkte die Position des Sterns zu Beginn beziehungsweise zum Ende der Belichtung anzeigen. Meteore leuchten dagegen nur für kurze Zeit auf. Wegen der hohen Geschwindigkeit der Meteoroide und ihrer annähernd geraden Bahnen fallen sie vor dem Sternhintergrund auf dem Bild auf.

Das Europäische Feuerkugelnetz sendet im Falle einer erfolgreichen Aufnahme die Daten der Kameras an ein Institut in Tschechien, wo sie mit komplizierten Vermessungen und Berechnungen ausgewertet werden. Da man aber schon mit leicht erweiterter Schulmathematik und ohne Computer sehr nah an die Realität herankommt, entstand die Idee, selbst eine Meteorkamera zu bauen und die Rechnungen zur Auswertung zu erarbeiten. Mein Ziel bestand darin, zu eigenen Ergebnissen zu kommen, die auch dem allgemeinen Verständnis zugänglich sind.


Der Aufbau meiner Meteorkamera

Meine Meteorkamera besteht aus einer Grundplatte, auf welcher der konvexe Spiegel montiert ist (Bild unten). Über diesem hängt ein Kasten, in dem sich die Kamera befindet. Durch ein Loch am Boden des Kastens fotografiert die Kamera den Spiegel. Der Kamerakasten ruht auf Streben, die den Kasten in einer bestimmten Höhe senkrecht über dem Spiegel halten. Dieses Gestell ist ungefähr einen Meter hoch - die Höhe hängt aber von der Brennweite des Kameraobjektivs und dem Spiegeldurchmesser ab.

Quelle: Alle Bilder, sofern nicht
anders angegeben, Sophia Haude
Die von der Autorin konstruierte und
selbst gebaute Meteorkamera besteht
aus einem Parabolspiegel, über dem
eine Spiegelreflexkamera aufgehängt
ist. Diese befindet sich in dem
schwarzen Gehäuse oben.

Zwischen dem Loch im Boden des Kamerakastens und dem Objektiv der nach unten ausgerichteten Kamera dreht sich eine Scheibe mit zwei viertelkreisförmigen Rotorblättern, der so genannte Shutter. Der Shutter rotiert während der Belichtung, so dass die Kamera nur während der Hälfte der Belichtungszeit Licht empfängt. Auf diese Weise werden schnell bewegliche Leuchterscheinungen, wie zum Beispiel Meteore, auf dem Foto als gestrichelte Linie abgebildet. Später, wenn die Flugbahn ermittelt ist, lassen sich aus der Länge der Liniensegmente die Geschwindigkeit und die Abbremsung des Meteors errechnen.

Der Shutter wird durch einen Synchronmotor angetrieben, der durch die konstante Frequenz des Wechselstroms aus einer Steckdose für eine konstante Rotationsgeschwindigkeit sorgt. Die Scheibe des Shutters lässt sich aus einem beliebigen nicht transparenten Material herstellen, das sich mit einer Säge bearbeiten lässt.

In dem Kamerakasten befindet sich neben der Kamera und dem Shutter auch noch ein Magnetschalter, der über ein Bowdenzugsystem die Kamera öffnet und wieder schließt. Dieser lässt sich mit einer einfachen Zeitschaltuhr verbinden. Eine zur Meteorbeobachtung genutzte Kamera muss unbegrenzte Belichtungszeiten ermöglichen. Dies ist bei den meisten analogen Spiegelreflexkameras der Fall.

Da sich der Spiegelmittelpunkt exakt unter dem Mittelpunkt des Kameraobjektivs befinden muss, befestigte ich den Spiegel bei meinem Eigenbau nicht direkt auf der Grundplatte, sondern auf einer eigenen Platte, die nur so groß wie der Spiegel ist und die sich auf der Grundplatte aufliegend verschieben und durch Stellschrauben fixieren lässt. So lässt sich der Spiegel immer nachjustieren, was insbesondere nötig ist, solange noch an dem Gestell gearbeitet wird.

Das Gestell der Kameras des Europäischen Feuerkugelnetzes besteht aus Stahl und ist verschweißt. Mein Eigenbau basierte auf Holzplatten und Aluminiumprofilen. Verwendet man Holz, so ist es sehr wichtig, das Instrument durch die Wahl der richtigen Sorte und durch wasserdichten Lack vor Witterungseinflüssen zu schützen. Einige praktische Arbeitsschritte beim Bau der Kamera veranschaulicht der Infokasten »Der praktische Aufbau der Meteorkamera«. Weiterführende Informationen bietet der Weblink am Schluss des Beitrags.



Der praktische Aufbau der Meteorkamera

Das Aufnahmeinstrument besteht aus einem Parabolspiegel und einem Dreibein, das einen Kasten trägt, der eine Spiegelreflexkamera beherbergt (siehe Bild weiter oben). Im Folgenden skizziere ich die wichtigsten Schritte des Zusammenbaus.

An derjenigen Seite des Kastens, wo später die Kamera hängen wird, befindet sich in der Bodenplatte ein Loch, durch das die Kamera den Spiegel fotografieren soll. In den beiden gegenüberliegenden Ecken befindet sich jeweils ein Holzstück, auf dem später der »Balkon« aufsitzen wird, der auf diesem Bild oben zu sehen ist. An seiner Unterseite ist bereits der Shutter montiert.

Den Kamerakasten setzte ich aus beschichteten Multiplexholzbrettern zusammen (Bild oben). An derjenigen Seite des Kastens, wo später die Kamera hängen wird, befindet sich in der Bodenplatte ein Loch, durch das die Kamera den Spiegel fotografieren soll. In den beiden gegenüberliegenden Ecken befindet sich jeweils ein Holzstück, auf dem später der »Balkon« aufsitzen wird, der auf diesem Bild oben zu sehen ist. An seiner Unterseite ist bereits der Shutter montiert.

Dieses Bild zeigt den Kamerakasten mit dem eingebauten Balkon.

Dieses Bild zeigt den Kamerakasten mit dem eingebauten Balkon. Auf der Oberseite des Balkons montierte ich einen Magnetschalter zum Offenhalten der Blende. Eine Heizung, die im Bild ebenfalls auf dem Balkon zu sehen ist, entfernte ich wieder, nachdem ich festgestellt hatte, dass der Magnetschalter den Kasten bereits genügend erwärmt.

Um die Kamera mit der Unterseite an der Innenwand des Kastens befestigen zu können, fertigte ich aus rechtwinkligen Aluminiumprofilen eine Halterung, an der sich die Kamera mit einer Stativschraube montieren lässt.

Um die Kamera mit der Unterseite an der Innenwand des Kastens befestigen zu können, fertigte ich aus rechtwinkligen Aluminiumprofilen eine Halterung, an der sich die Kamera mit einer Stativschraube montieren lässt. Die Halterung lässt sich an den beiden Löchern (unten links und unten rechts im Bild) auf zwei Schrauben schieben, die von außen in den Kasten geschraubt sind, und mit Muttern fixieren.

Blick von oben in den fertigen Kamerakasten.

Im Bild oben blicken wir von oben in den fertigen Kamerakasten. Wichtig ist, dass die grünen Leitungen des Shutters auf der Oberseite des Balkons geführt werden, um die Rotation der Shutterflügel nicht zu beeinträchtigen. Dort werden sie mit den Kabeln des Magnetschalters verbunden und in der unteren linken Ecke durch den Boden des Kastens herausgeführt.

Hier ist ein Teil der Grundplatte dargestellt, die später den Spiegel der Meteorkamera tragen sollte.

Hier ist ein Teil der Grundplatte dargestellt, die später den Spiegel der Meteorkamera tragen sollte. Bevor ich den Spiegel montierte, befestigte ich auf der Platte die hier gezeigte Heizung. Sie sollte die Spiegeloberfläche von unten erwärmen und so eine Taubildung auf dem Spiegel verhindern. Da der Spiegel in der Mitte der Platte festgeschraubt werden sollte, platzierte ich die Heizung dezentral. Die Heizung erwies sich jedoch als zu hoch dimensioniert, so dass ich sie auswechselte.

Den Spiegel befestigte ich, wie hier dargestellt, mit Silikon auf der Platte. Da er in der Mitte ein Loch aufweist, schraubte ich ihn zusätzlich mit einer Kombination aus Schraube und Stöpsel an die Platte.

Den Spiegel befestigte ich, wie hier dargestellt, mit Silikon auf der Platte. Da er in der Mitte ein Loch aufweist, schraubte ich ihn zusätzlich mit einer Kombination aus Schraube und Stöpsel an die Platte.

Im Bild ist der auf die Grundplatte montierte Spiegel zu sehen.

Im Bild ist der auf die Grundplatte montierte Spiegel zu sehen. Ich platzierte ihn unter der Kamera und brachte rund um die Platte acht Einstellschrauben an. Diese ermöglichen ein nachträgliches Justieren des Spiegels.


Die Auswertung der Aufnahmen

Hat der Beobachter das Glück, auf einer Aufnahme einen Meteor zu finden, so lässt sich die wahre Flugbahn des Objekts allein aus der Lage der Leuchtspur auf dem Foto in Kombination mit den entsprechenden Ergebnissen von mindestens einer weiteren Kamera berechnen, die sich in ausreichender Entfernung befindet.

Betrachten wir zunächst die Beobachtung mit einer einzelnen Kamera. Ein Punkt auf dem Foto, beispielsweise der Anfangspunkt der Spur, entspricht einem Punkt auf dem Spiegel, weil das Foto diesen abbildet. Ein Punkt auf dem Spiegel entspricht wiederum einem Punkt am Himmel. Die Richtung zum Anfangs- beziehungsweise Endpunkt der Meteorspur lässt sich durch den Ausfallswinkel des jeweiligen Lichtstrahls zwischen Spiegel und Objektiv festlegen, nämlich als Winkel zwischen dem Strahl und der Tangente an dem Punkt auf dem Spiegel (siehe Grafik unten). Da bei einer Lichtreflexion an der Spiegeloberfläche der Ausfallswinkel dem Einfallswinkel gleicht, ist damit die Richtung des einfallenden Strahls eindeutig bestimmt.

Quelle: Sophia Haude / SuW-Grafik

Quelle: Sophia Haude / SuW-Grafik
Ein unter dem Winkel Alpha (α) zum Lot
einfallender Lichtstrahl wird unter einem
gleichgroßen Ausfallswinkel zur Kamera
reflektiert. Die Messung des entsprechenden
Bildpunkts auf einer Meteorfotografie
erlaubt zusammen mit der bekannten Form
der Spiegeloberfläche die Ermittlung von
α und damit des Richtungsvektors (Pfeil)
des einfallenden Strahls.

Den Richtungsvektor dieses Strahls kann man sich als fest auf dem Spiegel stehend vorstellen. Irgendwo auf diesem Strahl begann also zum Zeitpunkt der Aufnahme der Meteor zu leuchten. Führt man nun die gleiche Betrachtung mit dem Endpunkt der Meteorspur durch, so ergeben sich zwei auf dem Spiegel stehende Strahlen, die eine Ebene im Raum aufspannen. Innerhalb dieser Ebene befand sich also die Flugbahn des fotografierten Meteoroiden.

Jetzt kommt die zweite Kamera ins Spiel, die den Meteor aufgrund ihres anderen Standorts aus einer anderen Perspektive gesehen hat. Hiermit lässt sich dasselbe Gedankenspiel wiederholen. Man erhält wieder eine Ebene, auf der sich die Flugbahn befunden haben muss, die sich aber von der ersten Ebene unterscheidet (siehe Grafik unten). Zwei Ebenen, die nicht parallel zueinander liegen, schneiden sich in einer Linie, die sich mit Hilfe der Vektorrechnung berechnen lässt. Auf der Schnittgeraden der beiden Ebenen muss die wahre Flugbahn des Meteoroiden gelegen haben.

Quelle: Sophia Haude / SuW-Grafik

Quelle: Sophia Haude / SuW-Grafik
Mit Hilfe zweier Meteorkameras lässt sich die räumliche Lage
der Meteorspur (gelb) bestimmen. Die Richtungsvektoren
(Pfeile) des Anfangs- und Endpunkts der fotografierten
Meteorspur definieren als Paar eine Ebene im Raum. Die
Schnittlinie beider Ebenen entspricht der gesuchten
Meteorspur.

Der Anfangs- und Endpunkt der Bahn sind dabei natürlich auch bekannt: Beispielsweise ist der Anfangspunkt einfach der Schnittpunkt des ersten Strahls auf dem ersten Spiegel mit der Ebene auf dem zweiten Spiegel. Die auf diese Weise ermittelte Flugbahn muss jetzt nur noch mit der Erdoberfläche geschnitten werden und man erhält den Aufschlagpunkt.


Grenzen des Modells

Das hier skizzierte Verfahren gilt natürlich nur für gerade Flugbahnen. Ein Meteoroid erzeugt eine helle Leuchtspur, weil er mit hoher Geschwindigkeit in die Atmosphäre eintritt und dann Atome zum Leuchten anregt. Wird die Dichte der Atmosphäre aber zu groß, was ab einer Höhe von etwa zwölf Kilometern recht schlagartig eintritt, so wird der Meteoroid durch die Reibung so stark abgebremst, dass die Geschwindigkeit nicht mehr dazu ausreicht, ein helles Leuchten zu erzeugen. Die letzten Kilometer bis zum Boden legt der Körper also im Dunkelflug zurück.

Die abrupte Abbremsung führt leider nicht nur dazu, dass der Meteoroid aufhört zu leuchten, sondern auch dazu, dass der Einfluss seiner trägen Masse auf seine Flugrichtung abnimmt. Dies hat zur Folge, dass andere Einflüsse, vor allem die Erdgravitation, ihn von seiner bis dahin fast geradlinigen Bahn abbringen und auf eine eher parabelförmige Bahn umlenken. Diese beiden Effekte, das Dunkelwerden und die Bahnänderung, stellen natürlich eine denkbar schlechte Konstellation für die Auswertung dar, weil das Ende der Bahn dadurch weder zu beobachten noch besonders gut vorherzusagen ist.

Aus der mit Hilfe des Shutters abgeleiteten Geschwindigkeit lassen sich zwar gewisse Vorhersagen wagen, aber die Simulation des Dunkelflugs ist infolge der von der Höhe abhängigen Dichte der Atmosphäre sowie der nicht bekannten Beschaffenheit des Meteoroiden und vieler Wettereinflüsse sehr komplex. Verlässliche Ergebnisse liefert das Modell also nur bis hinab zu einer Höhe von etwa zwölf Kilometern.


Koordinatensysteme

Die Vermessung einer Aufnahme liefert die scheinbaren Koordinaten des Meteors in Azimut und Zenitdistanzen. Da diese Positionsangaben vom Beobachtungsort abhängen, lassen sie sich nicht direkt mit denen anderer Meteorkameras vergleichen. Deshalb rechnet man die Messwerte aus dem horizontalen System der Kamera in das äquatoriale Koordinatensystem um. Hierin lässt sich jeder Punkt am Himmel unabhängig vom Beobachtungsort durch seine Rektaszension und Deklination beschreiben.

Zusätzlich müssen die geografischen Koordinaten der Kamerastandorte in geozentrische Koordinaten umgewandelt werden. Die Berechnung dieser auf den Erdmittelpunkt bezogenen Positionsangaben geht nicht von einer kugelförmigen Gestalt der Erde aus, sondern legt ein Rotationsellipsoid zugrunde, das der realen Gestalt der Erde näher kommt.

Um einen Ort überhaupt benennen zu können, wird zuletzt ein vektorielles Koordinatensystem mit dem Erdmittelpunkt als Ursprung und dem Nordpol als dritter Achse definiert (Grafik unten). Dieses System ermöglicht es, die Orte, an denen sich die Kameras befinden, sowie die Punkte der Meteoroidenbahn als Vektoren darzustellen. Hiervon ausgehend lässt sich der Aufschlagpunkt eines beobachteten Meteoroiden berechnen. Man benötigt dazu natürlich immer die Daten mindestens zweier Kameras.

Quelle: Sophia Haude / SuW-Grafik

Quelle: Sophia Haude / SuW-Grafik
Ein Koordinatensystem mit dem Erdmittelpunkt als Ursprung,
der x-Achse in Richtung zum Frühlingspunkt und der z-Achse
durch den Nordpol, ermöglicht die Beschreibung eines
beliebigen Punkts P. Da sich das Koordinatensystem in
Bezug auf die Erde um die z-Achse dreht, ist der Winkel
Zeta (ζ) variabel. Er entspricht der lokalen Sternzeit.

Im Astronomieunterricht oder in astronomischen Arbeitsgemeinschaften lassen sich diese Berechnungen besonders gut durchführen, nicht nur weil Meteoroide und Meteoriten thematisch in das Gebiet der Astronomie gehören, sondern auch, weil die zur Auswertung der Beobachtungen erforderlichen Rechenschritte zum großen Teil auf Grundlagen der sphärischen Geometrie sowie auf astronomischen Koordinatensystemen aufbauen und zudem eine überaus interessante Anwendung der Vektorrechnung darstellen.

Aus diesem Grund ist der vorliegende Beitrag mit didaktischen Zusatzmaterialien verknüpft, welche die Rechenschritte zur Auswertung der Aufnahmen im Einzelnen beschreiben. Interessenten können diese Dokumente von der Website des Projekts »Wissenschaft in die Schulen!« kostenlos herunterladen. Zusätzlich steht hier eine exemplarische Konstruktionsbeschreibung für Meteorkameras bereit.


»First light« steht bevor

Seit Mai 2009 befindet sich die Meteorkamera auf dem Dach des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums in Wuppertal. Um die Wetterfestigkeit des Instruments zu erhöhen, baute ein Schlosser das Gerüst neu und fertigte auch eine Metallumhüllung für den Kamerakasten an.

Quelle: Sophia Haude/Astro-AG des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums

Quelle: Sophia Haude/Astro-AG des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums
Die zwecks höherer Wetterfestigkeit modifizierte Kamera wird
vom Dach des Wuppertaler Carl-Fuhlrott-Gymnasiums aus
nach Meteoren Ausschau halten.

Als ich mit dem Bau der Kamera begann, kannte ich bereits Meteorkameras, die zum Europäischen Feuerkugelnetz gehören, und hatte deshalb einen Plan vor Augen, nach dem ich die Kamera bauen wollte. Was mich sehr faszinierte, war die Vielfalt an Problemen, die dennoch während der Bauphase auftauchten, und vor allem auch die Vielfalt der Ideen und Lösungen, zu denen ich daraufhin gelangte. Ähnlich ging es mir mit den Rechnungen - das Prinzip war mir sofort klar, aber bei der Erarbeitung der endgültigen Formel steckte der Teufel im Detail.

Bisher konnte ich Aufnahmen nur im eigenen Garten machen, der im Licht umliegender Häuser und Straßenlaternen sehr schlechte Bedingungen bietet (Bild unten). Wenn auf dem Schuldach alles verkabelt ist, werden voraussichtlich bessere Aufnahmen vorliegen, auf die ich sehr gespannt bin. Wenn die Kamera eines Tages eine Feuerkugel aufnimmt, lassen sich meine Rechnungen am praktischen Beispiel erproben. Die erhaltenen Daten werde ich dem Europäischen Feuerkugelnetz zur Verfügung stellen.

Ein erstes mit der Meteorkamera aufgenommenes Testbild belegt ihre einwandfreie Funktion. Das Bild zeigt Häuser und Straßenlaternen der Umgebung, in der unteren Bildhälfte lassen sich auch Strichspuren von Sternen erkennen.

Ein erstes mit der Meteorkamera aufgenommenes Testbild
belegt ihre einwandfreie Funktion. Das Bild zeigt Häuser
und Straßenlaternen der Umgebung, in der unteren
Bildhälfte lassen sich auch Strichspuren von Sternen erkennen.

Wenn dieser Beitrag andere dazu anregen würde, eine Meteorkamera zu bauen, dann ließe sich ein eigenes Netzwerk aufbauen. Für Fragen stehe ich sehr gerne jederzeit unter der E-Mail-Adresse SophiaHaude@ gmx.de zur Verfügung und würde mich über eine Kooperation mit anderen Schulen oder privaten Interessierten sehr freuen!

Danksagung: Besonders danken möchte ich Herrn Dieter Heinlein, dem Leiter des Feuerkugelnetzes des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), der mich während meiner Arbeit betreute und mir unter anderem einen Parabolspiegel zur Verfügung stellte.

Sophia Haude

Sophia Haude engagierte sich in der Astro-AG am Carl-Fuhlrott-Gymnasium in Wuppertal unter der Leitung von Michael Winkhaus. Mit der Konstruktion einer Meteorkamera gewann sie beim »Physik-Preis Bergisches Land« den dritten Preis und einen Sonderpreis. Bei »Jugend forscht« erreichte sie einen zweiten Platz auf der Landesebene, zudem gewann sie den Sonderpreis von »Gesamtmetall«. Im Oktober 2009 wird sie ein Physikstudium aufnehmen.



WIS - Wissenschaft in die Schulen

Zu diesem Beitrag stehen jedem Interessierten auf unserer Internetseite www. wissenschaft-schulen.de didaktische Materialien zur freien Verfügung. Darin wird gezeigt, wie das Thema im Rahmen des Physikunterrichts in der gymnasialen Oberstufe behandelt werden kann. Unser Projekt »Wissenschaft in die Schulen!« führen wir in Zusammenarbeit mit der Landesakademie für Lehrerfortbildung in Bad Wildbad durch. Es wird von der Klaus Tschira Stiftung gGmbH großzügig gefördert.


Literaturhinweise

Heinlein, D.: Der Alpen-Meteorit »Neuschwanstein«. Paradebeispiel eines Meteorfalls. In: Sterne und Weltraum 4/2003, S. 44 - 46.

Heinlein, D., Wimmer, K.: »Neuschwanstein«. Ein Meteoritenfall voller Überraschungen. In: Sterne und Weltraum 4/2004, S. 40 - 44.

Heinlein D.: Die Feuerkugel vom 6. April 2002 und der sensationelle Meteoritenfall »Neuschwanstein«. Dieter Heinlein, Augsburg 2006.

McSween, H. Y.: Meteorites and Their Parent Planets. Cambridge University Press, Cambridge 1999.

Trieloff, M.: Die Bausteine der Planeten. In: Sterne und Weltraum 10/2003, S. 26 - 32.

Weblinks zum Thema: www.astronomie-heute.de/artikel/ 999880


© 2009 Sophia Haude, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg


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Quelle:
Sterne und Weltraum 8/09 - August 2009, Seite 78 - 83
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221/528-0, Fax: 06221/528-246
Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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Internet: www.astronomie-heute.de

Sterne und Weltraum erscheint monatlich (12 Hefte pro Jahr).
Das Einzelheft kostet 7,90 Euro, das Abonnement 85,20 Euro pro Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 01. September 2009