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PLANET/477: Tropische Methanseen auf Titan (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 9/12 - September 2012
Zeitschrift für Astronomie

Nachrichten
Tropische Methanseen auf Titan



Auch in den niedrigen tropischen Breiten des Saturnmonds Titan gibt es Seen aus flüssigem Methan. Bislang waren sie nur von hohen polaren Breiten bekannt. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung einer Forschergruppe um Caitlin Griffith von der University of Arizona. Sie nutzte hierfür Bilder der Raumsonde Cassini, die im nahen Infraroten abgelichtet wurden. Dort ist die dichte Dunstschicht der Titanatmosphäre durchlässig, die im sichtbaren Licht jeglichen Blick auf die Oberfläche verwehrt.

Die Raumsonde Cassini, die seit Juli 2004 das Saturnsystem erkundet, stieß vor Jahren in den hohen Breiten von Titan auf Seen und kleine Meere aus Methan. Es ist auf dem Saturnmond flüssig, weil die Oberflächentemperatur im Mittel rund -190 Grad Celsius beträgt. Bislang gingen die Planetenforscher davon aus, dass sich solche beständigen Methanseen nur in den etwas kühleren Polarregionen des Mondes halten können. In den niedrigeren Breiten sollte es dagegen für solche »Gewässer« eigentlich zu warm sein.

Auf den Infrarotaufnahmen fanden sich nun Methanseen in einem Bereich von +20 Grad bis -20 Grad beiderseits des Titanäquators. Sie sind mindestens einen Meter tief. Einer dieser Seen zeigte sich schon auf den ersten Bildern von Cassini aus dem Jahr 2004 und erreicht mit 2400 Quadratkilometern etwa die halbe Fläche des Großen Salzsees im US-Bundesstaat Utah. Die Forscher vermuten, dass das Methan in den tropischen Seen aus unterirdischen Zuflüssen aus der aus festem Wassereis bestehenden Kruste stammt, es tritt dort sozusagen als »Grundwasser« auf. Im Bereich der Seen kommt es in Quellen zu Tage und füllt sie ständig auf, während diese gleichzeitig durch Verdampfung stetig Flüssigkeit an die Atmosphäre verlieren.

Bisher waren die Planetenforscher davon ausgegangen, dass die Seen auf der Titanoberfläche vor allem durch Methanregen aufgefüllt werden. Diese Niederschläge werden vor allem durch die stark ausgeprägten Jahreszeiten gesteuert. Titan umläuft Saturn in dessen Äquatorebene, wobei der Ringplanet rund 27 Grad gegen seine Bahnebene geneigt ist. Im Lauf des rund 30 Erdjahre langen Saturnjahrs kommt es somit sowohl auf dem Ringplaneten als auch auf Titan zu Jahreszeiten, die je rund acht Erdjahre dauern. Im Jahr 2004 war auf den Nordhalbkugeln von Saturn und Titan Winter. Somit lag der Nordpol im Dunkel der Polarnacht.

Nun ist Frühling auf der Nordhalbkugel und die Sonne ist in die Polarregion des Saturnmonds zurückgekehrt. Jetzt erwarten die Forscher, dass dort in den nächsten Jahren große Mengen an Methan verdampfen und in die Atmosphäre aufsteigen. In der dichten Gashülle sollten sich dann Wolken aus kondensiertem Methan bilden, die in südliche Breiten ziehen. Sie sorgen schließlich für heftige Niederschläge in der nun kälter werdenden Südpolarregion. In den niedrigen Breiten sollte es keinen stärkeren Regen geben. Bisher konnten auch nur einmal in den letzten acht Jahren Niederschläge in diesen Regionen auf Titan beobachtet werden, die aber nicht ausreichen, um die dort gesichteten Seen aufzufüllen.

doi:10.1038/nature11165

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Didaktische Materialien zu diesem Beitrag

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WiS in Sterne und Weltraum
Das WiS-Material »Titan - Spurensuche auf einer anderen Welt« bezieht sich auf den Beitrag »Tropische Methanseen auf Titan«. Das flüssige Methan auf der Oberfläche des Saturnmonds Titan, so sehr es auch in seiner Wirkung an Wasser auf der Erde erinnert, gibt der Wissenschaft einige Rätsel auf. Forschendes Lernen soll daher auch der Ansatzpunkt dieses Unterrichtsmaterials sein, in dem mit Hilfe der »Mystery-Methode« Schüler lernen, Einzelinformationen in logische Zusammenhänge zu setzen. (ID-Nummer: 1128718)

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Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Während des Anflugs auf die Oberfläche des Saturnmonds Titan konnte die Abstiegskamera der europäischen Atmosphärensonde Huygens im Januar 2005 zahlreiche Bilder des Landeorts aufnehmen, die zu einem Mosaik zusammengefügt wurden. Das rote »+« bezeichnet den eigentlichen Landepunkt. Das kleine Detailmosaik links unten lässt Täler erkennen, die offenbar von fließendem Methan in die Oberfläche eingegraben wurden.

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Quelle:
Sterne und Weltraum 9/12 - September 2012, Seite 14
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie), Dr. Jakob Staude
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Oktober 2012