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PULSAR/030: Präzise Messung der Entfernung eines Pulsars (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 9/13 - September 2013
Zeitschrift für Astronomie

Nachrichten

Präzise Messung der Entfernung eines Pulsars


Die Entfernung des Pulsars PSR J2222-0137 im Sternbild Wassermann wurde von einem internationalen Forscherteam um Adam T. Deller vom Netherlands Institute for Radio Astronomy (ASTRON) sehr exakt vermessen, wobei die Astronomen derzeit den Entfernungsrekord für ein solches Objekt halten. Sie setzten dafür den weltweiten radioastronomischen Antennenverbund VLBI (Very Long Baseline Interferometry) ein und bestimmten die Distanz zum Pulsar zu 871,4 Lichtjahren. Die Angabe ist dabei auf ein halbes Prozent genau.

Die Forscher beobachteten PSR J2222-0137 über einen Zeitraum von zwei Jahren und machten sich für die Entfernungsbestimmung die Erdbahnparallaxe zu Nutze. Beim Umlauf der Erde um die Sonne verschieben sich durch die veränderte Perpektive die Positionen von Himmelskörpern gegenüber weit entfernten Hintergrundobjekten geringfügig. Aus den beobachteten Winkelunterschieden lässt sich dann die Entfernung des näheren Objekts berechnen. Stellt man die Positionen im zeitlichen Abstand von einem halben Jahr fest, so ist die Verschiebung am größten und sie lässt sich trotz ihrer geringen Ausmaße mit einem präzisen Messverfahren ermitteln. Diese Methode nennen die Astronomen trigonometrische Parallaxenbestimmung. Um die Präzision ihrer Messungen zu erhöhen, beobachtete das Team um Deller den Pulsar über mehrere Halbjahreszyklen.

Pulsare sind Neutronensterne, also Überreste ausgebrannter, massereicher Sterne. Sie sind nur wenige dutzend Kilometer groß, ihre Masse kann aber das Dreifache der Sonne erreichen. Neutronensterne besitzen ein starkes Magnetfeld und erzeugen in der Nähe ihrer magnetischen Pole unter anderem auch Radiostrahlung. Da sie meist rasend schnell rotieren - die Rotationsperiode von PSR J2222-0137 beträgt beispielsweise nur rund 33 Millisekunden -, geraten die Magnetpole bei günstiger Orientierung der Rotationsachse periodisch in unser Blickfeld, wobei der Pulsar kurz aufblitzt. Da dieses Aufblitzen mit sehr hoher Regelmäßigkeit erfolgt, die an die Genauigkeit der besten Atomuhren heranreicht, wurden diese Objekte nach ihrer Entdeckung in den 1960er Jahren Pulsare genannt.

Durch die nun genau bekannte Entfernung von PSR J2222-0137 lassen sich weitere Angaben zu diesem Objekt machen. Die Astronomen stellten fest, dass der Pulsar nicht allein ist, sondern in 2,4 Tagen den gemeinsamen Schwerpunkt mit einem bislang noch unbekannten Begleiter umrundet. Bei diesem könnte es sich um einen weiteren Neutronenstern oder einen Weißen Zwerg handeln.

Deller, A.T. et al., The Astrophysical Journal, im Druck, 2013

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»Sterne sind weit weg - wie weit eigentlich?« bezieht sich auf die Meldung »Präzise Messung der Entfernung eines Quasars«: Ein Pulsar, eine besondere Art von Stern, ist 871,4 Lichtjahre von uns entfernt. Wie kann man solch große Entfernungen bestimmen und wie hilft dabei die Messung von Winkeln? Für die Mittelstufe werden Materialien bereitgestellt, mit denen man die Entfernungsmessung mit Hilfe der Parallaxe erleben und verstehen kann.
(ID-Nummer: 1156161)


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Der Pulsar PSR J2222-0137 im Sternbild Wassermann verfügt über ein starkes Magnetfeld und wird von einem nicht näher bekannten Begleiter umrundet (Computergrafik).

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Quelle:
Sterne und Weltraum 9/13 - September 2013, Seite 14 - 15
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2014