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BERICHT/057: Neue Trends in der Strukturbiologie (idw)


Universität Bayreuth - 30.09.2014

Neue Trends in der Strukturbiologie

• Rückblick auf die 5. internationale Murnau-Konferenz
• Kooperationen eröffnen neue Chancen für die strukturbiologische Forschung an der Universität Bayreuth



Strukturabbildungen biologischer Makromoleküle sind in wissenschaftlichen Publikationen, Lehrbüchern und Forschungsmagazinen allgegenwärtig. Sie unterstützen, ja ermöglichen oft erst das Verständnis komplexer chemischer Strukturen und Prozesse. Eine sich nach wie vor rasant entwickelnde Forschungsrichtung der Biochemie, die Strukturbiologie, gewinnt heute mithilfe anspruchsvoller Verfahren die Detailinformationen, aus denen hochpräzise Strukturabbildungen hervorgehen. Für die Entwicklung effizienter medizinischer Wirkstoffe und möglichst risikofreier Therapien sind diese Forschungsergebnisse unentbehrlich.

Bereits zum fünften Mal fand vor kurzem die internationale Murnau-Konferenz statt, die sich mittlerweile als ein bedeutendes Forum auf dem Gebiet der Strukturbiologie etabliert hat. Mehr als 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben im September 2014 im oberbayerischen Murnau am Staffelsee aktuelle Themen und Trends der strukturbiologischen Forschung diskutiert. Das Treffen wurde in diesem Jahr von Prof. Dr. Clemens Steegborn (Lehrstuhl für Biochemie der Universität Bayreuth) und Prof. Dr. Oliver Einsle (Institut für Organische Chemie und Biochemie der Universität Freiburg) organisiert, den Sprechern der Studiengruppe "Strukturbiologie" der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (GBM).

Ein Schwerpunktthema der Tagung war die Signalübertragung in biochemischen Systemen, begleitet von thematisch offenen Abschnitten zu verschiedenen aktuellen Entwicklungen. Führende Experten präsentierten neue Forschungsergebnisse und -ideen, darunter Chemie-Nobelpreisträger Prof. Dr. Robert Huber (MPI Martinsried und Mitglied des Hochschulrats der Universität Bayreuth), Prof. Dr. Roger Goody (MPI Dortmund und Präsident der GBM), Leibniz-Preisträger Prof. Dr. Christian Griesinger (MPI Göttingen), Prof. Dr. Gebhard F.X. Schertler (Paul-Scherrer-Institut, Villigen/Schweiz), Prof. Dr. George Sheldrick (Universität Göttingen) und Prof. Dr. Hao Wu (Harvard University/USA).

In den Präsentationen kristallisierten sich vor allem drei aktuelle Trends bei den Entwicklungen und Herausforderungen der Strukturbiologie heraus:

• Neben der Röntgenkristallographie und der Magnetresonanz-Spektrokopie (NMR) etabliert sich die Elektronenmikroskopie (EM) derzeit als eine dritte Methode, die es ermöglicht, Proteinstrukturen bis in atomare Details hinein sichtbar zu machen. Immer öfter erzielt man mit der Elektronenmikroskopie die gleiche hohe Auflösung wie mit den beiden anderen Methoden. Die dafür erforderlichen High-End-EM-Geräte kosten allerdings mehrere Millionen Euro, was insbesondere kleinere Universitäten und Forschungseinrichtungen bisher daran hinderte, die EM für strukturbiologische Forschungen einzusetzen. Doch dies ändert sich nun: An der Universität Leiden in den Niederlanden gibt es seit kurzem ein erstes EM-Zentrum, das auch externen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Zugänge bietet. Weitere derartige Zentren an anderen europäischen Standorten sind in Vorbereitung. "Diese Entwicklung wollen wir an der Universität Bayreuth gezielt für den Ausbau unserer Forschungskompetenzen nutzen", erklärt Prof. Steegborn, Mitglied des Leitungsgremiums des Forschungszentrums für Bio-Makromoleküle (BIOmac) an der Universität Bayreuth.

• Bei Strukturanalysen von Proteinen und biologischen Systemen werden EM, Röntgenkristallographie und NMR immer häufiger in Kombination verwendet und mit weiteren Ansätzen der Spektroskopie, Moleküldynamikrechnung und Proteinchemie verbunden. Denn die Informationen, die mit diesen Methoden gewonnen werden, ergänzen sich größtenteils. Die Universität Bayreuth hat sich zu einem weltweit angesehenen Standort für die Aufklärung von Proteinstrukturen mittels NMR und Röntgenkristallographie entwickelt, und auch weitere spektroskopische Verfahren und Molekülsimulationen sind hier bestens etabliert. Künftige Zugänge zu weiteren Forschungstechnologien wie der EM, die an externen Partnereinrichtungen angesiedelt sind, bieten daher die Möglichkeit, die exzellente Position der Universität Bayreuth auf dem Gebiet der Strukturbiologie weiter zu stärken. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen künftig vom Bayreuther Campus aus alle wichtigen Methoden bei der Aufklärung von Proteinstrukturen miteinander verbinden können.

• Im Bereich der Röntgenkristallographie entwickelt sich die Technik des "Free-Electron Laser" (FEL) rasant. Sie wird durch spezielle Einrichtungen an Synchrotrons bereitgestellt, die eine besondere Strahlung liefern. "Die zur Strukturaufklärung von Molekülen erforderlichen Messungen haben wir schon immer an einem Synchrotron durchgeführt", erläutert Prof. Steegborn. "In jüngster Zeit haben wir seitens der Universität Bayreuth besonders intensiv mit dem BESSY in Berlin zusammengearbeitet, aber auch mit der DESY in Hamburg, wo derzeit ein neues FEL-Zentrum entsteht. Diese guten Forschungskontakte werden wir künftig auf die Nutzung der FEL-Technik ausweiten können."

Weitere Informationen:
www.murnauconference.com

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution4

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Bayreuth, Christian Wißler, 30.09.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2014