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GENETIK/173: Durch Zellteilung "einmal anders" zur perfekten Symbiose (idw)


Universität Wien - 09.10.2012

Durch Zellteilung "einmal anders" zur perfekten Symbiose



Nikolaus Leisch, Ökogenetiker der Universität Wien, hat im Rahmen einer Studie gezeigt, dass die Symbionten des Fadenwurms Laxus oneistus über eine unerwartet flexible und äußerst ungewöhnliche Zellteilungsmaschinerie verfügen: Die stäbchenförmigen Bakterien teilen sich entlang ihrer Längsachse und wachsen in die Breite anstatt in die Länge, mit dem Vorteil, dass sie in Kontakt mit ihrem Wirt bleiben. Das Studium dieser Symbiose trägt zum besseren Verständnis der Interaktionen zwischen dem Menschen und den Milliarden an Bakterien, die sich auf Haut und Darm tummeln, bei. Die Ergebnisse erscheinen aktuell in der Fachzeitschrift "Current Biology".

Oberflächlich betrachtet wirken die seichten Sandböden der Karibik oft leer. Gräbt man jedoch etwas tiefer, finden sich zwischen den Sandkörnern unzählige Lebewesen. Ein besonders häufiges Exemplar ist der bis zu einen Zentimeter lange Fadenwurm Laxus oneistus. Seine weiße Farbe stammt von einem symbiotischen Bakterium, das auf seiner Körperoberfläche - der sogenannten Kutikula - wohnt. Während auf der menschlichen Haut hunderte verschiedene Arten von Bakterien leben, siedelt auf diesem Wurm nur eine einzige Art.


Mit dem Wurm unterwegs

Ähnlich den Pflanzen baut dieser Symbiont aus anorganischen Materialien Biomasse auf. Während die Pflanzen dazu Sonnenlicht benötigen, beziehen die Bakterien ihre Energie aus der Oxidierung von Schwefelverbindungen. Dafür brauchen sie den Wurm, der sie durch den Sand befördert: Nur so kommen die Bakterien an die Nährstoffe. Der Wurm ernährt sich wiederum von der durch die Bakterien aufgebauten Biomasse. Diese hochspezifische Symbiose ist das zentrale Forschungsthema von Nikolaus Leisch, Doktorand am Department für Ökogenetik der Universität Wien, der sich gemeinsam mit Silvia Bulgheresi von der Medizinischen Universität Wien im Rahmen eines FWF-Projekts damit beschäftigt.


Vorteil durch Längsteilung

Die stäbchenförmigen Ektosymbionten - d.h. die Symbionten leben außerhalb des Wirts - stehen senkrecht zur Kutikula und berühren daher nur mit einem Zellpol die Oberfläche des Wirts. Normalerweise wachsen stäbchenförmige Bakterien in die Länge, um sich dann in der Zellmitte - quer zu ihrer Wuchsrichtung - zu teilen. Aufgrund morphologischer Daten vermuten ForscherInnen bereits seit den späten 1980er Jahren, dass sich einige symbiotische Bakterien entlang ihrer Längsachse teilen. Das hat den Vorteil, dass die beiden daraus hervorgehenden Bakterien in Kontakt mit ihrem Wirt bleiben. Wie diese Bakterien wachsen und die Zellteilung vollbringen, war bisher jedoch unklar.


Zellteilungsprotein lokalisiert

Nikolaus Leisch hat diese Frage für die Ektosymbionten von Laxus oneistus nun beantwortet: "Durch die Kombination morphologischer Methoden, moderner Mikroskopie und computergestützter Auswertung konnten wir zeigen, dass sich diese Symbionten entlang ihrer längsten Achse teilen und in die Breite anstatt in die Länge wachsen." Mit Hilfe fluoreszenztragender Antikörper haben die ForscherInnen das Zellteilungsprotein, das den sogenannten Z-Ring bildet, lokalisiert. Das Besondere: der Z-Ring ist um 90° gedreht, um die Teilung entlang der Längsachse zu ermöglichen. Dies zeigt eine unerwartete Flexibilität der Zellteilungsmaschinerie von Bakterien. Durch das Studium dieser "einfachen" Symbiose wollen die WissenschafterInnen mehr über die Interaktionen zwischen dem Menschen und den Milliarden an Bakterien auf unserer Haut und in unserem Darm erfahren. Wie wachsen und vermehren sie sich? Welche Kontrollmechanismen stellen ein friedliches Zusammenleben sicher und verhindern die Abwehrreaktion des Immunsystems?

Publikation in Current Biology:
Nikolaus Leisch, Jolanda Verheul, Niels R. Heindl, Harald R. Gruber-Vodicka, Nika Pende, Tanneke den Blaauwen and Silvia Bulgheresi:
Growth in width and FtsZ ring longitudinal positioning in a gammaproteobacterial symbiont
in Current Biology 22 Issue 19, 9. Oktober, 2012.
DOI:10.1016/j.cub.2012.08.033

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Wien, Veronika Schallhart, 09.10.2012
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Oktober 2012