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MELDUNG/190: Molekularbiologie - Kontrollstopp für die Proteinsynthese (idw)


Ludwig-Maximilians-Universität München - 14.12.2012

Molekularbiologie - Kontrollstopp für die Proteinsynthese

Ein schwieriger Name, eine unauffällige Abkürzung: An zentralen Stellen im Stoffwechsel jedes Lebewesens taucht der sogenannte Translations-Elongations-Faktor EF-P auf. Doch erst jetzt haben LMU-Wissenschaftler herausgefunden, wie das Molekül die Proteinsynthese beeinflusst.



Eigentlich untersucht das Team von Kirsten Jung, wie sich Bakterien an Stress anpassen, beispielsweise an einen höheren Säuregehalt in ihrer Umgebung, doch plötzlich war die Professorin für Mikrobiologie mit Fragen der Proteinsynthese beschäftigt, dem zentralen Vorgang in jeder Zelle. Um einen Säureschutz aufzubauen, brauchen Bakterien das Rezeptor-Molekül CadC, das der Zelle zunächst einmal den höheren Säuregehalt des umgebenden Mediums anzeigt. Und dass die Zelle überhaupt genügend Rezeptor-Moleküle hat, geht nicht ohne den Elongationsfaktor EF-P, stellte Jung fest.

Wieder freigeschaltet

Doch wie regelt EF-P diese Synthese und warum gerade bei einem Molekül wie CadC? Zusammen mit Daniel Wilsons Gruppe vom Genzentrum der LMU konnte Jung diesen Mechanismus erstmals beschreiben: Wenn an den sogenannten Ribosomen die Proteine nach dem genetischen Bauplan aus einzelnen Aminosäuren zusammengesetzt werden, stoppt die zelluläre Maschinerie immer dann, wenn mehrmals hintereinander der Baustein Prolin in der Aminosäurekette auftaucht. Erst EF-P schaltet die Biosynthese wieder frei. Das ist bei Bakterien so, aber auch in urtümlichen Archaeen und in Zellen höherer Lebewesen; auch dort gibt es ein EF-P-Pendant.

Jung und Wilson glauben nun, dass dies eine Art Kontrollstopp ist und der Zelle dazu dient, die Zahl der jeweils notwendigen Proteinkopien richtig einzustellen. Und da es insgesamt gut 100 Proteine mit unterschiedlichster Funktion gibt, die eine solche Abfolge von Prolin-Bausteinen aufweisen, handelt es sich dabei offenbar um ein grundlegendes Phänomen bei der Proteinsynthese - und bietet bei Bakterien womöglich einen Angriffspunkt für neuartige Antibiotika. So hatte kürzlich die Gruppe von Daniel Wilson, mit dem Kirsten Jung auch im Exzellenz-Verbund "Center for integrated Protein Science Munich" zusammenarbeitet, ein anderes Detail zu EF-P herausgefunden: Um seine volle Aktivität zu entfalten, muss ein Enzym den Faktor modifizieren - eines, das es so im Menschen nicht gibt.
(Science Express, 13.12.2012) math

Publikation:
Translation Elongation Factor EF-P Alleviates Ribosome Stalling at Polyproline Stretches
S. Ude, J. Lassak, A. Starosta, T. Kraxenberger, D. N. Wilson and K. Jung
Science Express, 13.12.2012
DOI: 10.1126/science.1228985

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Ludwig-Maximilians-Universität München, Luise Dirscherl, 14.12.2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2012