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ORNITHOLOGIE/144: Buchfink - Warum mehrere Strophentypen? (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 6/2009

Ornithologie aktuell

Buchfink: Warum mehrere Strophentypen?


Die meisten Buchfinkenmännchen wechseln bei ihrem Gesang zwischen klar unterscheidbaren Strophentypen. Sie singen eine Zeit lang Strophen eines Typs, schalten dann auf einen anderen Typ um, den sie wiederholen, dann auf einen dritten oder wieder auf den ersten usw. Das Repertoire eines Buchfinken kann bis zu sechs verschiedene Strophentypen enthalten. Diejenigen, die nur einen Strophentyp singen, werden "Einschaller" genannt. Man könnte auf den Gedanken kommen, dass ein Einschaller schneller ermüdet, weil dieselben Kontraktionsmuster der beteiligten Muskulatur sich immer wiederholen. Beim Vergleich dieser Vögel mit Mehrschallern ergab sich jedoch: Es besteht kein Unterschied in der Wiederholungsrate der Gesänge, obwohl die Einschaller oft etwas längere Strophen singen. Auch schalteten schnell singende Mehrschaller keineswegs häufiger zwischen ihren Strophentypen um. Die Ermüdungshypothese erklärt also nicht die Entstehung des mehrteiligen Strophenrepertoires.

Eine Literaturauswertung sollte klären, ob vielleicht die Weibchen bei ihrer Partnerwahl die Selektion mehrteiliger Strophenrepertoires fördern. Die Frage ist experimentell schwer zu untersuchen. Die Experimente weisen nur bei wenigen Arten nach, dass die Weibchen den Partner aufgrund seines größeren Strophenrepertoires zu wählen scheinen. Allgemein muss man nach anderen Erklärungsmöglichkeiten suchen. Die dürften in unterschiedlichen Funktionen von einzelnen Strophentypen, besonders bei Auseinandersetzungen mit Konkurrenten liegen. Dass sie der Monotonie in der Wahrnehmung beim Signalempfänger entgegen wirken, wird nicht in Betracht gezogen. (H.-H. Bergmann)

H. Brumm, R. F. Lachlan, K. Riebel & P. J. B. Slater:
Animal Behaviour 77, 2009, S. 37-42.

B. E. Byers & D. E. Kroodsma: Animal Behaviour 77, 2009, S. 13-22.


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 6/2009
56. Jahrgang, Juni 2009, S. 204
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2009