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ORNITHOLOGIE/150: Zugvögel - Rast oder Zug eine Frage der Fitneß (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 7/2009

Ornithologie aktuell

Zugvögel: Rast oder Zug - eine Frage der Fitness


Das Zug- und Rastverhalten ziehender Singvögel hängt sehr stark von ihrem körperlichen Zustand ab. Eine Erkenntnis, die bislang nahezu ausschließlich im Labor belegt wurde, wird nun auch durch eine aktuelle, kombinierte Labor- und Freilandstudie bestätigt und präzisiert. Jedes Jahr überqueren Millionen von Vögeln auf ihrem Zug vom Winterquartier in ihr Brutgebiet Wüsten und Meere: Gebiete, in denen sie weder Nahrung noch Süßwasser finden und sich auf ihre Energiereserven verlassen müssen, die vor allem als Speicherfett angelegt sind. Vor und nach anstrengenden Passagen legen sie oft Pausen ein, um ihre Energiereserven auf Rastplätzen aufzutanken. Laborstudien belegten einen engen Zusammenhang zwischen Energiereserven der Vögel und ihrer nächtlichen Zugunruhe. Frühere Freilandstudien, die auf dem wiederholten Fang von Vögeln an Rastplätzen basierten, legten nahe, dass magere Vögel verglichen mit besser genährten längere Pausen einlegen. Allerdings waren aufgrund der unterschiedlichen Bewegungsmuster von gut und schlecht genährten Vögeln keine eindeutigen Rückschlüsse möglich. Während des Frühjahrszuges in ihre skandinavischen Brutgebiete hat man drei nachts ziehende Singvogelarten - Gartengrasmücke, Dorngrasmücke und Braunkehlchen - auf Ponza, einer italienischen Insel im Tyrrhenischen Meer, gefangen und in Registrierkäfigen genauer beobachtet. Die Insel ist für viele Singvögel ein wichtiger "Trittstein" auf dem Zug. Die auf Ponza angekommenen Vögel wurden eine Nacht lang in den Käfigen gehalten und die Zugunruhe gemessen. Dabei konnten die Forscher bei allen drei Arten einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Energiereserven und Zugunruhe nachweisen, der sich dadurch äußerte, dass Vögel mit umfangreichen Energiereserven in der kommenden Nacht starke Zugaktivität zeigten, während Vögel mit geringen Energiereserven kaum in den Käfigen flatterten. Bei Gartengrasmücken fanden sie zudem einen Zusammenhang zwischen der Tagesaktivität und den Energiereserven: Vögel mit ausreichendem Fettspeicher ruhten sich tagsüber aus, diejenigen mit geringen Reserven waren dagegen tagsüber sehr aktiv, als ob sie nach Futter suchen müssten. Offensichtlich ist das Zug- und Rastverhalten ziehender Singvögel also doch sehr stark von ihrem körperlichen Zustand abhängig. (wir)

W. Goymann u. a., Biology Letters,
Online-Veröffentlichung v. 18. März 2009;
doi: 10.1098/rsbl.2008.0755.


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 7/2009
56. Jahrgang, Juli 2009, S. 242
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2009