Universität Bielefeld - 12.05.2017
Studie zu Blaumeisen: Erst riechen, dann betteln
Internationales Forschungsprojekt unter Leitung von Bielefelder Verhaltensbiologen
Blaumeisen können den Geruch anderer Jungtiere wahrnehmen und daraufhin ihr Bettelverhalten anpassen. Das ist das Ergebnis der neuesten Studie von Dr. Barbara Caspers und Dr. Peter Korsten von der Universität Bielefeld, die heute, am 12. Mai, im Journal "Functional Ecology" veröffentlicht wird. Die Verhaltensbiologin Caspers erforscht als Freigeist-Fellow, gefördert von der Volkswagen-Stiftung, in ihrem Projekt "Der Geruch der Verwandtschaft - wie entsteht er, wie riecht er" zurzeit das Geruchsverhalten verschiedener Tiere.
Blaumeisen, gerade die Jungtiere, können ihre Verwandten mittels
Geruch erkennen und verändern daraufhin ihr Verhalten. Das konnten
Bielefelder Forscher in einer Studie nachweisen.
Foto: © Universität Bielefeld / Oliver Krüger
Dr. Barbara Caspers und Dr. Peter Korsten von der Universität Bielefeld und Marta Rossi von der University of Sussex in Brighton (Großbritannien) haben in der Teilstudie das Bettelverhalten von sieben Tage alten Blaumeisenküken in einer Population im niederländischen Groningen untersucht. "Blaumeisenküken betteln, um von den Eltern Futter zu bekommen und konkurrieren dabei mitunter mit zehn gleichaltrigen, nicht unbedingt Voll-Geschwistern im Nest", erklärt Dr. Peter Korsten. Durch frühere Studien an anderen europäischen Singvögeln war den Forscherinnen und Forschern bereits bekannt, dass sich diese Konkurrenz verschärft, wenn nicht-verwandte Jungtiere mit im Nest sind. Dann betteln die Jungtiere noch intensiver um Nahrung.
Die Forschergruppe präsentierte für die jüngste Studie den jungen Blaumeisen zwei verschiedene Gerüche: den von Verwandten aus dem eigenen Nest und den von Nicht-Verwandten aus einem fremden Nest. In beiden Versuchssituationen maßen die Biologinnen und Biologen daraufhin die Betteldauer der Küken. Diese Messungen zeigten: Die Blaumeisenküken bettelten länger, nachdem sie den Geruch von fremden Küken wahrgenommen hatten als im Vergleich zum Geruch von Verwandten. "Bisher wussten wir nicht, woran die Jungtiere im Nest erkennen können, ob sie mit Nahverwandten oder weniger Verwandten um das Futter konkurrieren. Unsere Studie zeigt, dass sie diesen Unterscheid möglicherweise riechen können", sagt Caspers.
Die Wissenschaft ginge lange Zeit davon aus, dass Vögel überhaupt nicht riechen können. Diesen Befund haben die Verhaltensforscher der Universität Bielefeld um Dr. Barbara Caspers bereits widerlegen können. Unter anderem haben frühere Studien an Zebrafinken zu diesen Erkenntnissen beigetragen.
• Dr. Barbara Caspers forscht seit 2014 als Freigeist-Fellow, das
mit 975.000 Euro dotiert ist. Das Stipendium richtet sich an "exzellente
Postdocs, die risikobehaftete, unkonventionelle Forschung" in Deutschland
betreiben und ist auf fünf Jahre angelegt. Sie arbeitet als Postdoc im
Arbeitsbereich Verhaltensforschung der Universität Bielefeld.
• Dr. Peter Korsten erforscht das Verhalten von freilebenden
Vögeln, besonders Blaumeisen, deren Partnerwahl und ihre elterliche
Fürsorge. Nach seiner Dissertation in Groningen (Niederlande) und
Forscheraufenthalten in Edinburgh (Schottland) und Antwerpen (Belgien) ist
er seit 2015 am Lehrstuhl für Verhaltensforschung an der Universität
Bielefeld.
• Marta Rossi hat als wissenschaftliche Mitarbeiterin der
Universität Bielefeld an der Studie zu Blaumeisen mitgewirkt. Mittlerweile
ist sie als Doktorandin an der University of Sussex in Brighton
(Großbritannien).
Originalveröffentlichung:
Rossi M., Marfull R., Golüke S., Komdeur J., Korsten P., Caspers B.:
Begging Blue Tit Nestlings Discriminate Between the Odour of Familiar and
Unfamiliar Conspecifics.
Functional Ecology,
DOI: 10.1111/1365-2435.12886,
veröffentlicht am 12. Mai 2017
Weitere Informationen unter:
Freigeist-Fellow Dr. Barbara Caspers:
https://ekvv.uni-bielefeld.de/blog/pressemitteilungen/entry/freigeist_stipendium_für_bielefelder_biologin
Studie an Seebären:
https://ekvv.uni-bielefeld.de/blog/pressemitteilungen/entry/geruch_führt_seebärenmutter_zum_nachwuchs
Studie an Zebrafinken:
https://ekvv.uni-bielefeld.de/blog/pressemitteilungen/entry/singvögel_erkennen_des_nestgeruchs_ist
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution56
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Bielefeld, Sandra Sieraad, 12.05.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Mai 2017
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