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ZOOLOGIE/850: "Ausgestorbene" Amphibien wiederentdeckt (CI)


Conservation International - 22. September 2010

Sensation: "Ausgestorbene" Amphibien wiederentdeckt, die über Jahrzehnte für die Wissenschaft verloren waren


Laut Berichten von Conservation International (CI) und der Amphibienexpertengruppe (ASG) der IUCN sind die Wissenschaftler, die sich der weltweiten Suche nach "verlorenen" Amphibien verschrieben haben [1], von ihrem ersten Expeditionsturnus zurückgekehrt und verkünden die Wiederentdeckung dreier Spezies, die seit Jahrzehnten niemand zu Gesicht bekommen hat.

Brauner Nimba-Berg-Riedfrosch auf einem Blatt sitzend, von vorn. Er scheint den Leser direkt anzusehen - © N'goran Germain Kouame

Nimba-Berg-Riedfrosch (Hyperolius nimbae) - Elfenbeinküste

© N'goran Germain Kouame

Die Suche nach 100 für ausgestorben gehaltenen Amphibienspezies rund um die Erde geht weiter, denn die Forscher glauben, daß sie in kleinen Populationen überlebt haben könnten. Auch wenn die Wiederentdeckungen ein Grund zum Feiern sind, während sich die Welt auf die Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD) vorbereitet, die im nächsten Monat in Nagoya, Japan, stattfindet, heben sie gleichwohl den schockierenden, weltweiten Rückgang der Amphibienarten in den vergangenen Jahrzehnten hervor, denn über ein Drittel aller Amphibien sind vom Aussterben bedroht.

Bei den drei bislang wiederentdeckten Tieren handelt es sich um einen mexikanischen Salamander [2], der seit seiner Entdeckung im Jahr 1941 nicht mehr gesehen wurde, einen Frosch von der Elfenbeinküste [3], der seit 1967 verschollen ist, und einen weiteren Frosch aus der Demokratischen Republik Kongo [4], der seit 1979 nicht mehr aufgetaucht ist.

Dr. Robin Moore, der die Suche nach den verlorenen Fröschen für CI und die ASG geleitet hat, erklärte: "Das sind fantastische Funde, die für Menschen und Amphibien gleichermaßen große Bedeutung haben. Wir wissen nicht, ob die Erforschung dieser Tiere neue medizinische Wirkstoffe hervorbringen könnte, wie es bei anderen Amphibien der Fall war. Mindestens eine der Arten kommt jedoch in einem Lebensraum vor, der auch als Trinkwasserreservoir für die umliegenden städtischen Gebiete bedeutend und damit unbedingt schützenswert ist. Diese wiederentdeckten Tiere hatten Glück - viele andere Spezies, nach denen wir gesucht haben, sind wahrscheinlich für immer verloren."


Die wiederentdeckten Tiere sind:

Höhlen-Schwielensalamander (Chiropterotriton mosaueri) Hidalgo Provinz, Mexiko.
Wurde seit der Entdeckung eines einzigen Exemplars im Jahr 1941 nicht mehr gesehen. Brauner Salamander mit rosa Beinen, der - so glaubt man - in unterirdischen Höhlensystemen lebt. Einige wurden vom dem Forscher Sean Rovito von der 'Universidad Nacional Autonoma de Mexico' in einem Höhlensystem gefunden, das nur zu erreichen ist, wenn man sich in eine riesige Grotte abseilt.

Nimba-Berg-Riedfrosch (Hyperolius nimbae) - Elfenbeinküste
Wurde zuletzt 1967 gesehen. Kleiner und gut getarnter Frosch, den der einheimische Wissenschaftler N'goran Kouame von der Universität von Abobo-Adjame wiederentdeckt hat.

Omaniundu-Riedfrosch (Hyperolius sankuruensis) - Demokratische Republik Kongo
Zuletzt gesehen im Jahr 1979. Wunderschöner Frosch mit hellgrünen, fast fluoreszierenden Tupfen auf braunem Grund. Wiederentdeckt von Jos Kielgast vom Naturhistorischen Museum in Dänemark.

Dr. Moore meinte weiter: "Das ist eine ziemlich außergewöhnliche Sache, wenn man daran denkt, wie lange diese Tiere verschollen waren. Als der mexikanische Salamander das letzte Mal gesehen wurde, war Glenn Miller noch ein Weltstar. Der Nimba-Berg-Riedfrosch wurde nicht gesehen seit dem Jahr, in dem die Beatles 'Sgt Pepper's Lonely Hearts Club Band' herausgebracht haben, und der Omaniundu-Riedfrosch verschwand im gleichen Jahr, als Sony seinen ersten Walkman verkaufte."

Die erste Phase der Kampagne zur Suche nach den verlorenen Fröschen wird bis zur Eröffnung der Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD) in Nagoya, Japan, fortgesetzt, und weitere Wiederentdeckungen sind zu erwarten.


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Chiropterotriton mosaueri: Brauner Salamander in Seitenansicht, an einem Steinüberhang - © Sean Rovito

Mexikanischer Höhlen-Schwielensalamander (Chiropterotriton mosaueri)
© Sean Rovito

Wiederentdeckt in Mexiko: Chiropterotriton mosaueri. Diesen Salamander, der zuletzt 1941, im Jahr seiner Entdeckung, gesehen wurde, hat Sean Rovito fast sieben Jahrzehnte später in den Höhlen von Durango in Hidalgo wiedergefunden. Anwohner führten ihn zu einer Höhle, die ihrer Gemeinde als Wasserquelle dient. Kurz vor Sonnenuntergang seilte sich Rovito mit sehr geringer Erwartung, die Spezies zu finden, in die Höhle ab. Kurze Zeit später erblickte er einen großen, erwachsenen Salamander mit langem Schwanz auf einem Felsblock am Grund der Höhle. Ihm war klar, daß dieser anders aussah als alle Spezies, die er bisher kennengelernt hatte. Nach Erkundungen weiter im Höhleninneren fand er einen weiteren C. mosaueri sowie einen Chiropterotriton magnipes [Großfuß-Schwielensalamander], die kopfüber an der Decke der Höhle entlangkletterten - letzteres eine Spezies, die in den letzten zehn Jahren nur einmal gesichtet wurde. Rovito meinte: "Ich hatte Glück, diese wunderbaren Salamander zu finden und darüber hinaus zu erfahren, daß beide Arten nach so vielen Jahren noch in der Wildnis überleben."

http://www.conservation.org/lostfrogs

Hyperolius nimbae: Braun-grauer Frosch in Seitenansicht schräg von oben, rötlich gefärbte Beine, sitzt auf knallgrünem Blatt - © N'goran Germain Kouame

Nimba-Berg-Riedfrosch (Hyperolius nimbae)
© N'goran Germain Kouame

Wiederentdeckt an der Elfenbeinküste, Afrika: Hyperolius nimbae wurde nach 43 Jahren wiedergefunden. Wiederentdeckt von Dr. N'goran Germain Kouame auf einem sumpfigen Feld in Danipleu, einem Ort der Elfenbeinküste an der Grenze zu Liberia. Die Art ist etwa 33 mm lang, der Rücken ist grau-braun, der Bauch weiß mit einem Stich in grünliches Gelb, und er hat rötlich gefärbte Beine.

Hyperolius sankuruensis: Frosch mit hellgrünen, fast fluoreszierenden Tupfen auf schwarzbraunem Grund - © Jos Kielgast

Omaniundu-Riedfrosch (Hyperolius sankuruensis)
© Jos Kielgast

Wiederentdeckt in der Demokratischen Republik Kongo: Hyperolius sankuruensis, ein Riedfrosch, der 1979 von R.F. Laurent entdeckt wurde. Jos Kielgast, ein Student der Kopenhagener Universität, fand die Art in einem extrem entlegenen Gebiet der Demokratischen Republik Kongo und 300 km westlich der Stelle, an der sie ursprünglich entdeckt wurde. Er fand sie auf seiner nächtlichen Suche in einem unberührten Regenwaldgebiet am Nebenarm des Kongo. Zunächst hörte er nur den Ruf und suchte über eine Stunde lang nach dem Frosch. Dieser ist nur mitten in der Nacht aktiv und sein Ruf ist kurz und nicht häufig hintereinander zu hören. Am Tag ruht er im Schutze einer extremen Tarnfärbung, was es fast unmöglich macht, ihn zu finden. Ursprünglich war Kielgast, nachdem er gestandene Experten konsultiert hatte, zu dem Schluß gelangt, es handele sich um eine neue Art, kam später jedoch darauf, daß es sich eigentlich richtigerweise um H. sankuruensis handeln mußte.


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Die 'Suche nach den verlorenen Fröschen':
http://www.conservation.org/campaigns/lost_frogs/Pages/search_for_lost_amphibians.aspx

[1] http://www.conservation.org/campaigns/lost_frogs/Pages/search_for_lost_amphibians.aspx
[2] http://www.conservation.org/learn/biodiversity/species/profiles/amphibians/Pages/Chiropterotriton_mosaueri.aspx
[3] http://www.conservation.org/learn/biodiversity/species/profiles/amphibians/Pages/hyperolius_nimbae.aspx
[4] http://www.conservation.org/learn/biodiversity/species/profiles/amphibians/Pages/Hyperolius_sankuruensis.aspx


englischer Originaltext unter:
http://www.conservation.org/newsroom/pressreleases/Pages/Extinct_Amphibians_Rediscovered_After_Decades_Lost_to_Science.aspx


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Quelle:
CI-Pressemitteilung, 22.09.2010
Conservation International
2011 Crystal Dr. Suite 500
Arlington, VA 22202 United States
Tel.: 1 (703) 341-2400
Internet: www.conservation.org
mit freundlicher Genehmigung von Conservation International
in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. November 2010